August/September 2014


Verkehrsrecht

Kein Schadensersatz bei natürlichem Astbruch

Ein Fahrzeughalter machte Schadensersatzansprüche geltend, nachdem sein innerorts unter einer 50 bis 60 Jahre alten Pappel geparkter Pkw nachts durch einen herabgefallenen Ast beschädigt worden war. Die beklagte Kommune lehnte jeglichen Ersatz ab, da bei dem gesunden Baum keinerlei Anzeichen für einen Astbruch ersichtlich waren.

Der gerichtlich bestellte Gutachter bestätigte die Angaben der Kommune und stellte fest, bei Pappeln und anderen Weichhölzern bestünde durchaus ein erhöhtes, in der Regel vorher nicht erkennbares Risiko, dass im gesunden Zustand Äste abbrächen und Schäden verursacht werden könnten. Unter diesen Umständen ordnete der Bundesgerichtshof den natürlichen Astbruch, für den es vorher keine besonderen Anzeichen gab, auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken zu. Da der zuständigen Behörde somit kein Verstoß gegen ihre Verkehrssicherungspflicht nachzuweisen war, blieb der Fahrzeughalter auf dem Schaden sitzen.

Urteil des BGH vom 06.03.2014
III ZR 352/13
DAR 2014, 261
Schaden-Praxis 2014, 147


Restwertgarantie in Verbraucher-Leasingverträgen wirksam


Der Bundesgerichtshof erklärte in zwei Entscheidungen die Wirksamkeit von Restwertklauseln, die in Leasingverträgen gegenüber Verbrauchern verwendet wurden, nach denen für den Fall, dass der vom Leasinggeber beim Kfz-Handel tatsächlich erzielte Gebrauchtwagenerlös nicht dem kalkulierten Restwert entspricht, der Leasingnehmer den Differenzbetrag auszugleichen hat. Auch ein nicht juristisch vorgebildeter Leasingnehmer kann - so die Bundesrichter - der Klausel zweifelsfrei entnehmen, dass alleine mit der Entrichtung der Leasingraten die Leistung (Überlassung des Leasingwagens) nicht stets vollständig abgegolten ist. Insbesondere muss damit gerechnet werden, dass für eine überdurchschnittliche Abnutzung oder gar eine Beschädigung des Leasingfahrzeugs ein Ausgleich geschaffen werden muss. Derartige Klauseln sind daher für den Kunden weder überraschend noch stellen sie eine unangemessene Benachteiligung dar.

Urteil des BGH vom 28.05.2014
VIII ZR 179/13 und VIII ZR 241/13
DB 2014, 1550
BB 2014, 1665


BGH begrenzt Abschleppkosten auf angemessenes Maß


Wer sein Fahrzeug unerlaubt auf einem Supermarktplatz oder auf anderem privaten Gelände abstellt, muss damit rechnen, dass der Grundstückseigentümer das Abschleppen des Fahrzeugs veranlasst. Da das unberechtigte Abstellen von Fahrzeugen auf einem Kundenparkplatz eine Besitzstörung bzw. eine teilweise Besitzentziehung darstellt, ist der Besitzer der Parkflächen zur Selbsthilfe berechtigt und der Falschparker zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichtet. Streitpunkt in derartigen Fällen ist in der Folge meist die Höhe der Abschleppgebühren, die in manchen Städten mitunter exorbitante Beträge von 350 Euro erreicht haben. Dem schiebt nun der Bundesgerichtshof einen Riegel vor und begrenzt die zu erstattenden Abschleppkosten auf ein angemessenes Maß. In der Urteilsbegründung heißt es:

"Die Ersatzpflicht des Falschparkers wird durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Er hat nur diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Besitzers der Parkflächen machen würde. Maßgeblich ist, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen sind. Regionale Unterschiede sind zu berücksichtigen. Dies wird das angerufene Gericht durch Preisvergleich, notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären haben." Es bleibt im entschiedenen Fall abzuwarten, ob nach entsprechender Prüfung der in erster Instanz festgesetzte Betrag von 175 Euro bestätigt wird. Das betreffende Münchner Abschleppunternehmen hatte ursprünglich 250 Euro gefordert.

Urteil des BGH vom 04.07.2014
V ZR 229/13
Pressemitteilung des BGH


Pferdekutscher mit 1,98 Promille

Bei einem Führer einer Pferdekutsche auf einer öffentlichen Straße ist ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille (hier 1,98 Promille) von einer absoluten Fahruntüchtigkeit auszugehen. Eine Anwendung des erheblich höheren Grenzwertes für Fahrradfahrer lehnte das Oberlandesgericht Oldenburg ab, da sich das von einer Kutsche im Straßenverkehr ausgehende Potenzial zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer dem von einem Pkw ausgehenden Risiko durchaus vergleichbar und deutlich höher darstellt, als die von einem Fahrrad ausgehende mögliche Fremdgefahr.

Urteil des OLG Oldenburg vom 24.02.2014
1 Ss 204/13
Blutalkohol 51, 176
DAR 2014, 397


Unerlaubte Handynutzung durch Legen an andere Stelle

Die unerlaubte Benutzung des Mobiltelefons während einer Autofahrt wird mit einem Bußgeld von 60 Euro geahndet. Dabei kann es ausreichen, wenn das Mobiltelefon vom Autofahrer nur kurz in die Hand genommen wird.

So nimmt das Amtsgericht Lüdinghausen bereits dann einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO an, wenn der Autofahrer nach seinen eigenen Angaben ein auf der Ablage vor seiner Windschutzscheibe liegendes Handy, welches aufblendet und hierdurch anzeigt, dass der Akku aufgeladen werden muss, wegen der Blendung beim Fahren in die Hand nimmt, darauf schaut und es dann zur Seite legt, um eine weitere Blendung zu vermeiden.

Urteil des AG Lüdinghausen vom 17.02.2014
19 OWi - 89 Js 86/14 - 14/14, 19 OWi 14/14
Verkehrsrecht aktuell 2014, 84
VRR 2014, 163


Nutzungsausfall nach falscher Werkstattauskunft


Der Halter eines ca. 10 Jahre alten VW T4 mit einem Kilometerstand von ca. 250.000 hatte in das Fahrzeug einen Austauschmotor einbauen lassen. Als er danach einen permanenten Ölverlust feststellte und die Werkstatt keine Abhilfe schaffen wollte, suchte er eine andere Werkstatt auf, welche die Auffassung vertrat, der Ölverlust sei nicht auf Verschleiß, sondern auf einen erheblichen Motorschaden zurückzuführen. Entweder sei der Austauschmotor bereits bei seinem Einbau defekt gewesen oder aber es seien Fehler bei dessen Einbau gemacht worden. Dem Besitzer des T4 wurde davon abgeraten, den Wagen in diesem Zustand auf längeren Strecken zu benutzen. Er leitete daraufhin ein Beweissicherungsverfahren gegen die erste Werkstatt ein und ließ das Fahrzeug bis zum Vorliegen des Sachverständigengutachtens, insgesamt 197 Tage, unbenutzt stehen. Der Gutachter kam überraschenderweise zu dem Ergebnis, dass der geäußerte Verdacht eines Motorschadens oder eines Einbaufehlers falsch war. Vielmehr handelte es sich bei dem Ölaustritt nur um eine unbedeutende Störung, nämlich ein sogenanntes "Motorschwitzen". Der Fahrzeughalter nahm nun die Werkstatt, die die Falschauskunft erteilt hatte, auf Nutzungsausfall für die gesamte Standzeit in Anspruch.

Das Oberlandesgericht Oldenburg gab der Klage teilweise statt und sprach dem Besitzer des T4 wegen des erteilten, unrichtigen Rats für insgesamt 125 Tage eine Entschädigung in Höhe von 6.250 Euro (50 Euro pro Ausfalltag) zu. Der Abzug von 73 Tagen wurde mit der verspäteten Einleitung des Beweissicherungsverfahrens begründet.

Urteil des OLG Oldenburg vom 26.06.2014
1 U 132/13
Pressemitteilung des OLG Oldenburg


Kein Auslagenersatz trotz Einstellung eines Bußgeldverfahrens

Stellt das Amtsgericht ein Bußgeldverfahren gegen einen Autofahrer ein, kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen (insbesondere die Anwaltsgebühren) der Staatskasse aufzuerlegen. Diese Praxis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn zunächst ein konkreter Verdacht einer Ordnungswidrigkeit bestand (hier Abbiegen nach links ohne Beachtung des nachfolgenden Verkehrs mit Verursachung eines Verkehrsunfalls), aber letztendlich die Schuld des Betroffenen nicht festgestellt werden kann.

Beschluss des VerfGH Saarland vom 08.01.2014
Lv 14/13
DAR 2014, 316
NZV 2014, 327


Fahrtenbuchauflage: Wer ist der Fahrzeughalter?

Im Regelfall ist davon auszugehen, dass der Zulassungsinhaber und Versicherungsnehmer eines Fahrzeugs auch dessen Halter ist. Die sich aus diesen Indizien ergebende Vermutung kann jedoch widerlegt werden.

Hat der im Fahrzeugbrief als Eigentümer Aufgeführte bereits im Verwaltungsverfahren über die Anordnung des Führens eines Fahrtenbuches geltend gemacht, die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug habe ausschließlich seine Tochter, die auch die Kosten für Benzin, Steuern und Versicherung trage, und daher sei sie und nicht er Halter des Fahrzeugs, muss die Ordnungsbehörde dies zum Anlass für weitere Ermittlungen, z.B. durch Anforderung entsprechender Belege o.Ä., nehmen. Falls sich das Vorbringen des Eigentümers dann als zutreffend herausgestellt hätte, wäre die Fahrtenbuchauflage sogleich gegen die Tochter zu richten gewesen.

Beschluss des OVG Lüneburg vom 30.01.2014
12 ME 243/13
NJW 2014, 1690
DAR 2014, 338



Familien- und Erbrecht

Rückforderung einer Zuwendung des Lebensgefährten


Ein zwischenzeitlich verstorbener älterer Herr war Inhaber eines Sparbriefs in Höhe von 50.000 Euro mit Laufzeit bis 27. Oktober 2009. Im Mai 2007 begab er sich mit seiner Lebensgefährtin auf eine mehrmonatige gemeinsame Europareise. Kurz vor dem geplanten Abreisedatum veranlasste er, dass der Sparbrief aufgeteilt wurde. Eines der neuen Papiere über einen Betrag von 25.000 Euro wurde auf den Namen der Partnerin ausgestellt. Anfang Oktober 2008 trennte sich das Paar. Nachdem der Mann kurz darauf verstorben war, verlangte der Erbe von der durch den Sparbrief Begünstigten die Herausgabe des Geldes.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Ausstellung des Sparbriefes auf den Namen der Lebensgefährtin des Verstorbenen als unbenannte Zuwendung und nicht als Schenkung einzuordnen ist, da sie der Verwirklichung, Ausgestaltung und Erhaltung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien und der finanziellen Absicherung der Frau im Falle des Ablebens des Mannes dienen sollte. Damit sollte die Verbundenheit der Lebenspartner zu Lebzeiten bekräftigt werden. Mit der Beendigung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ist diese Grundlage der Zuwendung weggefallen, weshalb dem Erben nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) ein Anspruch auf Rückzahlung zusteht. Die Frau musste den Sparbrief bzw. dessen Wert auf den Erben übertragen.

Urteil des BGH vom 06.05.2014
X ZR 135/11
Pressemitteilung des BGH


Zuweisung und Herausgabe eines Hundes bei Ehescheidung

Haustiere sind im Falle einer Ehescheidung rechtlich wie Haushaltsgegenstände zu behandeln, was für die verfahrensbeteiligten Eheleute angesichts der emotionalen Bindung zu den Tieren oft nur schwer einzusehen ist. Nach 1361a Abs. 2 BGB sind Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit zu verteilen.

Hinsichtlich der vorzunehmenden Billigkeitserwägungen stellt das Oberlandesgericht Stuttgart klar, dass es sich dabei weniger um solche handelt, "die das Wohl des Haustieres (hier eines Hundes) betreffen, als vielmehr um solche, die eine sinnvolle Teilhabe der getrennt lebenden Eheleute an den zur Disposition stehenden Haushaltsgegenständen und damit auch Tieren ermöglichen". Entzieht einer der Ehegatten dem anderen - wie hier - das Haustier eigenmächtig über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren, spricht dieses nicht billigenswerte Verhalten nach Auffassung des Gerichts dafür, dass er an einer ausgewogenen Teilhabe des anderen Ehegatten an dem in seinem Miteigentum stehenden Hund nicht interessiert ist. Das Tier ist dann dem anderen Ehegatten zuzuweisen.

Beschluss des OLG Stuttgart vom 07.04.2014
18 UF 62/14
ZAP EN-Nr 319/2014


Feststellung der Ersatzerbschaft durch Testamentsauslegung


Hat der Erblasser einen seiner Abkömmlinge als Erben eingesetzt und stirbt dieser vor dem Erblasser, so ist nach § 2069 BGB im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmling als Ersatzerbe an seine Stelle rückt. Das Oberlandesgericht München stellt hierzu klar, dass diese gesetzliche Auslegungsregelung nicht entsprechend auf andere Erben als Abkömmlinge des Erblassers angewendet werden kann.

In einem solchen Fall ist jedoch durch Auslegung zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben (hier der Schwester des Erblassers) zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, den oder die Abkömmlinge des Bedachten zu Ersatzerben zu berufen. Dabei muss zunächst geprüft werden, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des von ihm eingesetzten Erben tatsächlich gedacht und was er für diesen Fall wirklich oder mutmaßlich gewollt hat.

Ist die Erbeinsetzung vom Beweggrund her quasi als "Belohnung" für geleistete (Pflege-)Dienste allein auf die Person des Bedachten hin ausgerichtet, scheidet die Berufung dessen Abkömmlings aus, wenn sich ein entsprechender Erblasserwille nicht ohne weitere konkrete Anhaltspunkte feststellen lässt. Bloße Spekulationen hierüber reichen nicht aus.

Beschluss des OLG München vom 05.11.2013
31 Wx 255/13
FamRZ 2014, 514


Kindesunterhalt: Wohnwertbemessung bei vom unterhaltspflichtigen Elternteil genutzter Immobilie


Bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen sind nicht nur die Erwerbseinkünfte des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, sondern auch andere geldwerte Erträge, z.B. Einkünfte aus Kapitalvermögen und Beteiligungen oder die Nutzung eines Eigenheims, soweit der objektive Mietwert den Aufwand (z.B. für Tilgungsleistungen) übersteigt. Der Unterhaltspflichtige, der eigenes Wohneigentum nutzt, hat sich daher das mietfreie Wohnen im eigenen Haus als Einkommen anrechnen zu lassen.

Anders als beim Ehegattenunterhalt, bei dem in der Regel nur die für eine angemessene Wohnung ersparte Miete als Einkommen anzurechnen ist, ist bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem minderjährigen Kind die Höhe des Wohnwerts grundsätzlich mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete zu bemessen. Gestaltet sich die Verwertung der im Miteigentum beider Elternteile stehenden Immobilie jedoch als schwierig, kann der Wohnwert ausnahmsweise mit einem geringeren Betrag als der objektiven Marktmiete anzusetzen sein.

Beschluss des BGH vom 19.03.2014
XII ZB 367/12
NJW 2014, 1531
FamRZ 2014, 923


Keine Verlängerung des Betreuungsunterhalts der nicht verheirateten Mutter wegen unterbrochenen Studiums

Der Mutter eines nicht ehelichen Kindes steht ein Unterhaltsanspruch für die Dauer von mindestens drei Jahren zu, soweit von ihr wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Unterhalt kann aber auch darüber hinaus zugesprochen werden, wenn dies aus Billigkeitsgründen, insbesondere mit Blick auf die Belange des Kindes, geboten ist.

Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über drei Jahre hinaus, kommt nicht deshalb in Betracht, weil die nicht verheiratete Mutter wegen der Geburt und der nachfolgenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Vater in diesem Zeitraum sein Studium abschließen konnte. Dies stellt keinen elternbezogenen Umstand dar, da die Mutter in diesem Fall nicht wegen der Pflege und Erziehung des Kindes, sondern durch das wiederaufgenommene Studium an einer bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit gehindert ist. Mit einer ihr zumutbaren Teilzeittätigkeit wäre sie in der Lage, die zur Deckung ihres Existenzminimums erforderlichen monatlichen 800 Euro zu verdienen.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 28.04.2014
2 UF 238/13
NJW-Spezial 2014, 420


Weitergabe der Einkommensunterlagen zur Verfahrenskostenhilfe an Antragsgegner

Das Gesetz erlaubt es dem Gericht, die von einem Prozessbeteiligten (hier in einem Scheidungsverfahren) zur beantragten Verfahrenskostenhilfe (VKH) eingereichten Unterlagen zu den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des jeweiligen Antragstellers dem Antragsgegner zugänglich zu machen. Diesem soll ermöglicht werden, zu dem Verfahrenskostenantrag Stellung zu nehmen. Im Übrigen erhofft sich der Gesetzgeber durch die Information der Gegenseite eine größere Gewähr der Richtigkeit der Angaben zu den wirtschaftlichen Voraussetzungen, indem (auch) der Gegner diese kontrolliert.

Dem Bedürfnis des Staates auf Richtigkeit und Kontrolle der Angaben in den Erklärungen des Beteiligten im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeverfahrens kann jedoch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Antragstellers entgegenstehen. Davon ist dann nicht auszugehen, wenn den Prozessparteien ein wechselseitiger Anspruch auf Auskunft hinsichtlich (noch) nicht geklärter Unterhaltsansprüche zusteht. Haben die Parteien in einem Scheidungsverfahren ihre Angelegenheiten unterhaltsrechtlich jedoch bereits abschließend geregelt, kann die den VKH-Antrag stellende Partei dem Gericht ausnahmsweise die Weitergabe der Unterlagen untersagen.

Beschluss des OLG Naumburg vom 20.09.2013
8 WF 140/13 (VKH)
FuR 2014, 432


Zustimmung zum Schwangerschaftsabbruch eines 13-jährigen Mädchens

Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht gemäß § 1666 BGB die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Eine Maßnahme kann die Bestellung eines sogenannten Ergänzungsbetreuers sein.

Eine missbräuchliche Ausübung des Sorgerechts kann nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamburg darin liegen, dass die Mutter einer 13-jährigen schwangeren Tochter die Einwilligung zu dem von dieser gewünschten Schwangerschaftsabbruch verweigert und den Wunsch der Tochter, ihre Schulausbildung bis zum Abitur fortzusetzen, infolge ihrer religiösen Einstellung einfach ignoriert. Die Einwilligung zur Abtreibung kann dann durch den Ergänzungsbetreuer (z.B. Jugendamt) abgegeben werden.

Beschluss des OLG Hamburg vom 05.03.2014
10 UF 25/14
FamRZ 2014, 1213



Miet-, Immobilien- und WEG-Recht


Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung bei Auslandsaufenthalt

Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zu überlassen, so kann er vom Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. (…) Das regelt die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB.

In Anwendung dieser Vorschrift hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass einem Mieter einer Dreizimmerwohnung ein Anspruch auf Gestattung der Untervermietung von zwei Zimmern der Mietwohnung an eine Untermietinteressentin zusteht, wenn er sich aus beruflichen Gründen mehrere Jahre im Ausland aufhält und für gelegentliche Heimaturlaube nur ein Zimmer benötigt. Lehnt der Vermieter die Untervermietung grundlos ab, ist er dem Mieter gegenüber zum Ersatz des daraus entstandenen Mietausfalls verpflichtet.

Urteil des BGH vom 11.06.2014
VIII ZR 349/13
JURIS online


Verwalterwohnung unzumutbarer Versammlungsort für Eigentümerversammlung

Zumindest dann, wenn zwischen einem Wohnungseigentümer und dem Verwalter erhebliche Differenzen bestehen, ist laut Amtsgericht Büdingen die Wohnung des Verwalters ein unzumutbarer Ort für eine Wohnungseigentümerversammlung. Bleiben daraufhin einzelne Wohnungseigentümer der Versammlung in der Wohnung des Verwalters fern, sind die gefassten Beschlüsse unwirksam.

Urteil des AG Büdingen vom 07.04.2014
2 C 359/12
ZWE 2014, 284


Optische Beeinträchtigung durch Lärmschutzwand


Lärmschutzwände, die Wohngebiete insbesondere von Autobahnen oder Eisenbahntrassen abtrennen, sind unter Lärmschutzgesichtspunkten meist eine Wohltat für die Anwohner; optisch bieten sie hingegen selten einen schönen Anblick. Ist die Errichtung einer derartigen Schutzwand nach Abwägung insbesondere der Aspekte des Gesundheitsschutzes und der optischen Beeinträchtigung rechtlich nicht zu beanstanden, steht einem Anlieger wegen der von ihm behaupteten "unerträglichen visuellen, ästhetischen und psychischen Zumutung" und dem damit verbundenen Sinken des Wohnwerts seines Anwesens kein Entschädigungsanspruch zu.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es keinen rechtlich garantierten Schutz vor Wertminderungen des eigenen Grundstücks durch Infrastrukturvorhaben gibt, soweit deren baurechtliche Genehmigung - wie hier - nicht unter Abwägungsmängeln leidet.

Urteil des Bayerischen VGH München vom 20.05.2014
22 A 12.40062
JURIS online


Haftung für Überschwemmungsschäden bei "Jahrhunderthochwasser"


Das für eine Bundesautobahn verkehrssicherungspflichtige Land haftet einem Anlieger für auf seinem Grundstück entstandene Überschwemmungsschäden, die dadurch entstanden sind, dass anfallendes Oberflächenwasser nicht vollständig in einen im Rahmen des Autobahnbaus nicht ausreichend dimensionierten Graben abgeleitet wird.

Urteil des BGH vom 21.11.2013
III ZR 113/13
MDR 2014, 342
NVwZ-RR 2014, 252


Überhöhte Mietsicherheit aus Barkaution und Bürgschaft

Gemäß § 551 Abs. 1 BGB darf die Mietsicherheit höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne Nebenkosten betragen. Mehrere Sicherheiten sind der Höhe nach durch diesen Gesamtbetrag begrenzt. Die Vorschrift ist unabdingbar.

Eine neben der drei Monatsmieten umfassenden Barkaution von einem Dritten übernommene Bürgschaft ist nur dann wirksam, wenn sie unaufgefordert vom Mieter zusätzlich als Sicherheit geboten wurde. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Vermieter den Abschluss des Mietvertrages davon abhängig gemacht hat, dass der nur über ein geringes Einkommen verfügende Mieter neben einer Barkaution zusätzlich eine Bürgschaft für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis stellt. Befriedigt sich der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses aus der Barkaution, kann er wegen weiterer Forderungen nicht auch noch den Bürgen auf Zahlung in Anspruch nehmen.

Urteil des AG Köpenick vom 09.10.2013
15 C 64/13
ZMR 2014, 295


Mietmangel wegen zu kleiner Wohnung: "Messen vor Mieten"

Grundsätzlich hat ein Mieter einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete, wenn die tatsächliche von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 Prozent nach unten abweicht, da dann ein zur Minderung führender Mangel gegeben ist. Voraussetzung ist aber, dass zwischen den Mietvertragsparteien eine Vereinbarung über die Größe der Wohnung zustande gekommen ist. Hierfür reicht nicht, dass eine bestimmte Wohnungsgröße in einer Annonce des Vermieters oder des Maklers (hier im Internet) angegeben wird.

Wenn im Mietvertrag keine Wohnungsgröße angegeben ist, müssen besondere Umstände hinzukommen, die darauf schließen lassen, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Wohnungsgröße treffen wollten. Allein die Angabe des Maklers, dass die Wohnung mindestens die in seinem Inserat ausgewiesene Größe aufweise, ist keine der Vermieterseite zurechenbare Äußerung im Hinblick auf die Vereinbarung einer bestimmten Wohnungsgröße. Es ist grundsätzlich Sache des Mieters, hier für Klarheit zu sorgen. Entweder er besteht auf Aufnahme der Wohnungsgröße im Mietvertrag oder er greift vor Vertragsabschluss zum Maßband.

Urteil des AG München vom 16.12.2013
424 C 10773/13
RdW Heft 9/2014, Seite VI


Widerruf der Gestattung der Nutzung eines Garagendachs als Dachterrasse

Der Mietvertrag über eine Garage umfasst gewöhnlich nicht die Nutzung des Garagendachs als Terrasse. Hat der Eigentümer die Nutzung als Terrasse gestattet, kann dieses Einverständnis grundsätzlich jederzeit widerrufen werden. Hat er jedoch die langjährige Praxis nicht beanstandet und der Mieter mit seinem Einverständnis nicht unerhebliche Aufwendungen für die Dachbenutzung getätigt (hier Schaffung eines Übergangs vom Küchenfenster der Wohnung aus zum Garagendach und einer Art Reling als Absturzsicherung), kann es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn der Vermieter nunmehr die Gestattung ohne triftigen Grund widerruft. In dem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall durfte der Mieter die "Dachterrasse" weiterhin nutzen.

Urteil des AG München vom 12.12.2013
432 C 25060/13
Justiz Bayern online


Keine Verwertung der Mietkaution während des laufenden Mietverhältnisses

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter nicht verwerten darf.

Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB, nach der der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen hat. Mit dieser Pflicht soll sichergestellt werden, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen. Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Eine davon zum Nachteil des Mieters abweichende mietvertragliche Vereinbarung ist unwirksam.

Urteil des BGH vom 07.05.2014
VIII ZR 234/13
MDR 2014, 704


Mietminderung wegen Legionellen im Trinkwasser einer Wohnung


Nach einem Urteil des Amtsgerichts Dresden rechtfertigt eine deutlich höhere Legionellenkonzentration im Trinkwasser als nach der Trinkwasserverordnung festgelegt eine Mietminderung von 25 Prozent. Bei einer solchen Konzentration ist von einer akuten Gesundheitsgefährdung auszugehen, die auch nicht durch den Einbau von Duschfiltern eingedämmt werden kann.

Maßgeblich für die Mangelhaftigkeit der Mietsache bei einer von dieser ausgehenden Gesundheitsgefahr ist der Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Gefahr. Ein die Mietminderung rechtfertigender Mangel ist daher erst ab diesem Zeitpunkt anzunehmen. Soweit die Gefahr unerkannt ist, verwirklicht sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko.

Urteil des AG Dresden vom 11.11.2013
148 C 5353/13
Grundeigentum 2014, 396



Arbeits- und Sozialrecht

EuGH kippt BAG-Rechtsprechung zur Vererblichkeit von Urlaubsansprüchen

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. 9 AZR 416/10) hat nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht durch den Tod des Arbeitnehmers erlöschen. Seine Erben können daher einen entsprechenden Abgeltungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen, wenn der Verstorbene z.B. wegen lang andauernder Krankheit seinen ihm zustehenden Urlaub nicht mehr einbringen konnte.

Urteil des EuGH vom 12.06.2014
C-118/13
DB 2014, 1437
NZA 2014, 651


"Tennisellenbogen" durch Arbeiten mit Computermaus keine Berufskrankheit

Voraussetzung für die Feststellung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist, dass die schädigenden Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit und deren Ursächlichkeit für die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, eindeutig nachgewiesen sind. Erforderlich ist eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, wonach kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen vorgenannter Tatbestandsmerkmale zweifelt.

Diesen strengen Nachweis sah das Hessische Landessozialgericht bei einem Büroangestellten nicht als erbracht an, der seine chronischen Schmerzen an Ellenbogen, Unterarm und Handgelenk (sog. Tennisellenbogen) auf die andauernde Nutzung der Computermaus während der Arbeitszeit zurückführte. Da für das Gericht andere Ursachen, wie Klavierspielen, Heimwerken oder sportliche Betätigungen, nicht völlig auszuschließen waren, lehnte es die Anerkennung als Berufskrankheit ab.

Urteil des Hessischen LSG vom 29.10.2013
L 3 U 28/10
RdW Heft 8/2014, Seite V
UV-Recht Aktuell 2014, 445


Anrechnung eines Autogewinns auf Arbeitslosengeld II


Glückspielgewinne sind im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld II leistungsmindernd zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Sozialgerichts Mainz handelt es sich bei einem gewonnen Auto um eine vom Jobcenter zu berücksichtigende Einnahme mit Geldeswert.

Urteil des SG Mainz vom 24.06.2014
S 15 AS 132/11
JURIS online


Vorliegen eines Arbeitsunfalls bei Kinderbetreuung in Tageseinrichtung


In Tageseinrichtungen betreute Kinder sind nach einem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf gesetzlich unfallversichert, soweit die Tagesmutter eine behördliche Betreuungserlaubnis hat. Was auf den ersten Blick für ein von einer Tagesmutter betreutes Kind vorteilhaft aussieht, kann sich hinsichtlich der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen durchaus als nachteilig erweisen.

§ 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestimmt nämlich, dass Unternehmer versicherten Personen nur dann zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, verpflichtet sind, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf dem Weg von bzw. zur Arbeitsstätte herbeigeführt haben. Da in dem entschiedenen Fall die Tagesmutter über die behördliche Betreuungserlaubnis verfügte, musste sie dem betreuten Kind, das sich mit heißem Tee den Arm verbrüht hatte, kein Schmerzensgeld für die erlittenen Verletzungen bezahlen, da ihr lediglich ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen war.

Urteil des SG Düsseldorf vom 27.05.2014
S 1 U 461/12
JURIS online


Fristlose Kündigung wegen unerlaubter Veröffentlichung von Patientenbildern auf Facebook

Die unerlaubte Veröffentlichung von Patientenbildern in einem sozialen Netzwerk durch einen Klinikmitarbeiter stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Schweigepflicht und eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Patienten dar und kann daher grundsätzlich den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen. Allerdings ist - wie bei jeder verhaltensbedingten Kündigung - zu prüfen, ob bei einem erstmaligen Fehlverhalten eine Abmahnung als milderes Mittel ausreichend ist.

Bei der Beurteilung spielen insbesondere die Motive für die Veröffentlichung, die Art der Darstellung und die Identifizierbarkeit der abgebildeten Person eine Rolle. In dem entschiedenen Fall ging das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bei der Veröffentlichung der Bilder eines anonymen Kindes, zu dem die gekündigte Klinikmitarbeiterin eine emotionale Bindung aufgebaut hatte und die den Betrachter lediglich für das Kind und sein Schicksal einzunehmen versuchte, von einem weniger schweren Fall aus. Der Arbeitgeber hätte sich auf eine Abmahnung beschränken müssen.

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 11.04.2014
17 Sa 2200/13
BB 2014, 1268


Keine Disziplinarmaßnahme bei nicht erkannter Beihilfeüberzahlung


Einem Beamten wurden wegen eines Kommafehlers (13.565,00 EUR statt richtig 135,65 EUR) bei der Berechnung einer Beihilfeleistung statt der ihm zustehenden 447,23 EUR ein Betrag von 7.161,90 EUR zugebilligt und auch überwiesen. Nachdem der Irrtum bemerkt wurde, gab der Beamte an, er habe während des zweimonatigen Auslandsaufenthaltes die in dieser Zeit eingegangene Post nicht aufmerksam genug durchgesehen, obwohl er zwischenzeitlich kurzzeitig zu Hause gewesen sei. Ferner habe er nicht sämtliche zurückliegenden Kontobewegungen im Einzelnen geprüft und auf die Richtigkeit des Beihilfebescheides vertraut. Gleichwohl wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet und ein Verweis ausgesprochen.

Hiergegen klagte der Beamte mit Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg, für das die Pflichtverletzung des Beamten nicht die zur Bejahung eines Dienstvergehens erforderliche Erheblichkeitsschwelle überschritten hatte. Zwar hätte ihm die Überzahlung schon aufgrund ihrer Höhe ohne Weiteres auffallen können und müssen. Auch musste er sich die mangelnde Aufmerksamkeit seiner Familienangehörigen, die er während seiner Abwesenheit mit der Kontrolle der eingehenden Post betraut hatte, zurechnen lassen. Den sich daraus ergebenden Vorwurf grob fahrlässigen Handelns hielt das Gericht jedoch für sich genommen nicht geeignet, die Disziplinarwürdigkeit des unterlassenen Hinweises auf die Überzahlung zu begründen. Denn nicht der Beamte hatte die Überzahlung veranlasst, sondern der Fehler lag im Verantwortungsbereich des Dienstherrn. In diesem Fall bedarf ein disziplinarrechtliches Einschreiten einer zusätzlichen Rechtfertigung. Diese könnte beispielsweise darin liegen, dass der Beamte die Überzahlung bemerkt und es darauf ankommen lässt, ob der Fehler auch von der zuständigen Behörde entdeckt wird und diese eine Rückforderung veranlasst.

Urteil des OVG Lüneburg vom 24.06.2014
20 BD 1/14
JURIS online


Verfall von Urlaubsansprüchen nach 18 Monaten


Ein aus Krankheitsgründen nicht in Anspruch genommener Erholungsurlaub muss vom Arbeitgeber nicht mehr abgegolten werden, wenn seit dem Ende des Urlaubsjahres ein Zeitraum von mehr als 18 Monaten verstrichen ist, es sei denn, in konkreten Bestimmungen (z.B. Tarifvertrag) wäre Abweichendes geregelt. Der Zweck der Urlaubsansprüche kann - so das Bundesverwaltungsgericht - nach Ablauf der entsprechenden Frist nicht mehr erreicht werden.

Beschluss des BVerwG vom 09.04.2014
2 B 95/13
jurisPR-ArbR 26/2014 Anm. 6



Versicherungsrecht


Ernteschaden infolge Falschparkens auf landwirtschaftlichem Weg

Ein Landwirt musste wegen eines verbotswidrig am Rand eines Feldweges ("Anlieger frei") geparkten Fahrzeuges mit seinem Traktor einen Umweg fahren und konnte daher wegen des aufziehenden Unwetters seine Ernte nicht mehr rechtzeitig ganz einbringen. Er machte gegen den Autofahrer den Ersatz eines Ernteschadens von über 1.500 Euro geltend.

Das Landgericht Hagen wies die Klage in vollem Umfang ab. Die Schadensersatzansprüche des Landwirts scheiterten bereits daran, dass der Eintritt des Primärschadens nicht unmittelbar auf den Verkehrsverstoß des Pkw-Fahrers zurückzuführen war. Der relevante Erstschaden, nämlich die Durchnässung der Heuernte als Eigentumsbeeinträchtigung, beruhte vielmehr auf dem darauffolgenden Unwetter. Vermögensschäden, die in Form einer Kettenreaktion nur mittelbar auf einen Verkehrsverstoß zurückzuführen sind, können dem betreffenden Verkehrsteilnehmer rechtlich nicht zugerechnet werden.

Beschluss des LG Hagen (Westfalen) vom 15.10.2013
1 S 139/13
DV 2014, 28
jurisPR-VerkR 14/2014 Anm. 3


Keine Pauschalierung der An- und Abmeldekosten


Ein Unfallgeschädigter kann die durch die Schadensabwicklung meist zwangsläufig entstehenden Kosten, wie z.B. für Porto, Telefon, Fahrten zur Werkstatt, ohne Einzelnachweis mit einer Pauschale veranschlagen. Die entsprechenden Erstattungsbeträge der Haftpflichtversicherungen schwanken zwischen 20 und 30 Euro. Wer höhere Kosten geltend machen will, muss der Versicherung zum Nachweis die entsprechenden Originalbelege vorlegen.

Demgegenüber hält es das Landgericht Frankenthal für unzulässig, auch die Ab- und Anmeldekosten nach einem bei einem Verkehrsunfall erlittenen Totalschaden pauschal geltend zu machen. Die Aufwendungen sind daher unter Vorlage der Originalbelege nachzuweisen.

Hinweis: Manche Haftpflichtversicherungen und Gerichte akzeptieren auch eine An- und Abmeldekostenpauschale (z.B. 70 Euro), sofern der Geschädigte nachweist, dass er das verunfallte Fahrzeug abgemeldet und ein neues angemeldet hat.

Urteil des LG Frankenthal vom 23.10.2013
2 S 261/12
jurisPR-VerkR 13/2014 Anm. 2
Schaden-Praxis 2014, 91


Keine Leistungsausweitung auf Kostenübernahme für künstliche Befruchtung bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften


Das Sozialgesetzbuch sieht Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen für eine künstliche Befruchtung ausschließlich für verheiratete Paare vor (§§ 11 Abs. 6, 27 SGB 5). Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg lehnt insoweit eine Leistungserweiterung auf unverheiratete Paare ab. Diese haben somit keinen Anspruch auf einen Zuschuss für eine künstliche Befruchtung.

Gegen das Urteil wurde von dem betroffenen Paar Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.

Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 13.06.2014
L 1 KR 435/12 KL
Wirtschaftswoche Heft 26/2014, Seite 91


Kollision mit einem im Kreuzungsbereich eine Haltestelle anfahrenden Linienbus


Der Fahrer eines Linienbusses fuhr auf einer bevorrechtigten Straße eine Haltestelle unmittelbar hinter einer von rechts einmündenden, untergeordneten Nebenstraße an. Dabei musste er die bereits auf der Höhe der Einmündung rechtsseitig befindliche gestrichelte Linie überfahren. Ein wartepflichtiger Pkw-Fahrer stieß beim Heranfahren an die Kreuzung rechts gegen das Heck des Busses. Die Unfallbeteiligten stritten über die Haftungsverteilung.

Der Bundesgerichtshof ging von einem Alleinverschulden des wartepflichtigen Autofahrers aus. Dies wurde damit begründet, dass eine Markierung des Verlaufs der bevorrechtigten Straße auf der Kreuzung durch eine rechtsseitig verlaufende, unterbrochene weiße Linie nichts am Umfang der Vorfahrtsberechtigung ändert. Vielmehr beschränkt sich die Bedeutung der Markierung darauf, den Verkehrsteilnehmern zur Erleichterung der Orientierung den Verlauf des bevorrechtigten Straßenzuges anzuzeigen. Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, so lange bevorrechtigt, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat.

Urteil des BGH vom 27.05.2014
VI ZR 279/13
jurisPR-VerkR 14/2014 Anm. 1
VersR 2014, 894



Verbraucherrecht und Sonstiges

18.000 Euro Schmerzensgeld für misslungene Haarfärbung

Eine 16-Jährige ließ ihre dunklen Haare in einem Friseursalon blond färben. Obwohl sie äußerte, dass ihre Kopfhaut jucke und brenne, wurde die Behandlung fortgesetzt. Während der folgenden Tage schwoll das Gesicht der jungen Frau an. Alsdann starb in mehreren Bereichen der Kopfhaut Gewebe ab mit der Folge des Verlustes sämtlicher dort vorhandener Haare. Im Universitätsklinikum wurde eine toxische Kontaktdermatitis diagnostiziert. Dass der Friseur für die völlig missglückte Haarfärbung geradestehen muss, liegt auf der Hand. Außergewöhnlich an dem vom Oberlandesgericht Koblenz verhandelten Fall war jedoch die Höhe des festgesetzten Schmerzensgeldes.

Bei einem "derartigen Ausmaß der Schädigung der Kopfhaut der Kundin, der Dauer der Schmerzen, die sie erleiden musste, der Dauer der Krankenhausaufenthalte, den nach dem Gutachten der Ärzte sehr wahrscheinlich irreversiblen Haarverlust in den betroffenen Bereichen und der erheblichen seelischen Belastung ("Anpassungsstörung") durch die Entstellung und die damit einhergehende Beeinträchtigung ihrer persönlichen Integrität als Folge des Schadensereignisses" hielt das Gericht ein Schmerzensgeld von 18.000 Euro für angemessen.

Urteil des OLG Koblenz vom 22.07.2013
12 U 71/13
NJW-RR 2013, 1433


Sender haftet für versprochenen Gewinn


Lässt ein Sender ein Schreiben mit der Formulierung "Sie sind ein Gewinner Frau (Name des Ansprechpartners)" versenden, stellt dies nach Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg eine rechtsverbindliche Gewinnmitteilung dar, mit der Folge, dass der Gewinn an den Empfänger tatsächlich ausbezahlt werden muss. Der Sender haftet auch dann für die Auszahlung, wenn das Werbeschreiben in seinem Auftrag von einer tatsächlich nicht existierenden Briefkastenfirma versendet wurde und allein diese als Absender und Adressat für Rückantworten unter ausschließlicher Bezeichnung eines Postfachs angegeben wurde.

Urteil des OLG Oldenburg vom 27.06.2014
11 U 23/11
Pressemitteilung des OLG Oldenburg


Anspruch auf Löschen intimer Aufnahmen im Internet nach Beziehungsende


Ein unverheiratetes Paar hatte während der zwischenzeitlich beendeten Beziehung einvernehmlich zahlreiche Bild- und Videoaufnahmen der Partnerin gefertigt, darunter auch intime Aufnahmen, die der Mann mit deren Einverständnis ins Internet eingestellt hatte. Nach Beendigung der Beziehung verlangte die Frau von ihrem Ex die Löschung aller Bilder.

Das mit dem Fall befasste Oberlandesgericht Koblenz verneinte einen umfassenden Anspruch gegen den früheren Partner auf Löschung von überlassenen Foto- und Video-Dateien mit eigenen Aufnahmen. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts bejahte das Gericht lediglich bei den erotischen und intimen Aufnahmen. Insoweit besteht nach dem Ende der Beziehung ein Anspruch auf Löschung.

Urteil des OLG Koblenz vom 20.05.2014
3 U 1288/13
JURIS online


Tragischer Grillunfall durch Verwendung von Brennspiritus


Obwohl die Holzkohle eines Grills bereits glomm, spritzte ein Vater noch Spiritus in den Grill, um das Anheizen zu beschleunigen. Dabei entzündete sich der Spiritusstrahl. Er drehte sich daraufhin ruckartig in Richtung Rasen, wobei er übersah, dass sich wegen der Stichflamme sein Kind dorthin geflüchtet hatte, das sich vorher auf Anweisung der Eltern in sicherem Abstand zu dem Grill aufgehalten hatte. Das Kind erlitt starke Verbrennungen. Die Haftpflichtversicherung zahlte über 47.000 Euro an Behandlungskosten. Die Hälfte davon verlangte sie von den Eltern des Kindes wegen Verletzung der Aufsichtspflicht.

Das Oberlandesgericht Hamm konnte demgegenüber keine haftungsbegründende Pflichtverletzung der Eltern feststellen. Zum einen war die Verwendung von Spiritus als Brandbeschleuniger als solches nicht vorwerfbar, da es bei sachgerechtem Umgang möglich und nicht ganz unüblich ist, Spiritus zum Entzünden eines Grills zu nutzen. Zum anderen war das Kind angewiesen worden, einen sicheren Abstand zu dem Grill einzuhalten. Dass es vor Schreck über den Rasen und dabei genau in die entzündete Stichflamme lief, war für den Vater nicht vorhersehbar.

Urteil des OLG Hamm vom 04.04.2014
I-9 U 145/13
ZAP EN-Nr 353/2014



Reiserecht

Kleinkinder gehen bei Flugverspätung leer aus


Kleinkinder, die ohne Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz kostenlos mit ihren Eltern fliegen, haben im Fall einer Flugverspätung keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Ein derartiger Anspruch steht laut Landgericht Darmstadt nur demjenigen zu, der für einen Flug bezahlt hat.

Urteil des LG Darmstadt vom 19.02.2014
7 S 99/13
RRa 2014, 84


Beachtung von Sicherheitshinweisen bei Benutzung einer Schwimmbadrutsche


Eine 22-jährige Frau zog sich bei der Benutzung der Rutsche eines Freibades eine Fraktur an der Lendenwirbelsäule zu. Sie war auf der wellenförmigen Rutsche in Rücklage geraten, was - wie im späteren Prozess ein Sachverständiger bestätigte - vermeidbar gewesen wäre, wenn die Frau eine nach vorne gebeugte Sitzposition eingenommen hätte, worauf auf mehreren Hinweisschildern deutlich erkennbar hingewiesen wurde.

Da die Rutsche bei Einhaltung der Sicherheitshinweise den sicherheitstechnischen Anforderungen der einschlägigen DIN-Vorschriften genügte und kein erhöhtes Gefährdungspotenzial feststellbar war, das über das übliche Risiko bei der Benutzung einer solchen Anlage hinausgeht, wies das Oberlandesgericht Hamm die Schadensersatzklage der verunglückten Frau ab.

Urteil des OLG Hamm vom 06.05.2014
9 U 13/14
JURIS online


"Business-Class-Schmarotzer" muss zahlen


Ein Münchner erwarb bei der Lufthansa für 745 Euro ein flexibles Business-Class-Ticket von München nach Zürich. Derartige Angebote richten sich vor allem an Geschäftsreisende, die ihre Flüge flexibel disponieren müssen. Offenbar ging es dem Mann aber gar nicht ums Fliegen, sondern um die kulinarischen Vorzüge, die Business-Class-Kunden in der Flughafen-Lounge genießen. Insgesamt 36-mal ließ er sich in der Lounge mit Speisen und Getränken verwöhnen, ohne nur einmal geflogen zu sein. Seinen angeblich geplanten Flug buchte er nämlich immer wieder auf den nächsten Tag um.

Als die Lufthansa dem Schmarotzer auf die Schliche kam, stornierte sie gegen Rückzahlung des Kaufpreises das Ticket und verlangte von ihm für die in Anspruch genommenen Leistungen knapp 2.000 Euro (55 Euro pro Lounge-Aufenthalt). Das Amtsgericht München gab der Airline mit der Begründung Recht, dass Fluggäste eine Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung der Leistungen trifft. D.h. der Mann hätte irgendwann auch einmal fliegen müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Fluggesellschaft durch die Bewirtung ihrer Kunden schon vor dem Flug Kosten entstanden sind.

Urteil des AG München vom 27.02.2014
213 C 31293/13
Justiz Bayern online



Bank- und Anlegerrecht


Kein Ersatzanspruch bei unbefugter Abhebung mit Originalkarte


Bei unbefugten Geldabhebungen mit einer Originalkarte mit Eingabe der PIN spricht laut Amtsgericht München der Anscheinsbeweis dafür, dass der Karteninhaber die PIN grob unsorgfältig verwahrt und sie deshalb ein unbefugter Dritter erfahren hat.

Steht fest, dass eine Bargeldabhebung mit der Originalkarte unter Verwendung der PIN vorgenommen wurde, liegt es außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, dass jemand eine Originalkarte erst stiehlt und dann mittels einer Kartendoublette ohne Verwendung der gerade gestohlenen Originalkarte Abhebungen vornimmt (Skimming). Mit dieser Begründung wies das Gericht die Klage einer 76-jährigen Münchnerin gegen die kontoführende Bank auf Ersatz von ihr nicht veranlasster Abhebungen in Höhe von insgesamt 2.000 Euro ab, die nach einem Verlust ihrer Geldbörse einschließlich Visa-Card während eines Urlaubsaufenthalts in Spanien von einem Unbekannten vorgenommen worden waren.

Urteil des AG München vom 08.02.2014
121 C 10360/12
Justiz Bayern online


Haftung eines "freien" Anlageberaters wegen Verletzung von Beratungs- und Aufklärungspflichten


Die als "freie" Anlageberaterin auftretende Tochtergesellschaft einer Sparkasse haftet einem Kunden für eine infolge Falschberatung fehlgeschlagene Kapitalanlage, wenn sie den Kunden mit einem von einem Sparkassenmitarbeiter ausgehändigten und für sie erkennbar fehlerhaften Anlageprospekt beraten hat, ohne die Prospektmängel richtigzustellen.

Urteil des OLG Hamm vom 23.07.2013
I-34 U 53/10
jurisPR-BKR 6/2014 Anm. 4



Steuerrecht


Werbungskosten: Häusliches Arbeitszimmer bei Telearbeitsplatz


Wird einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt, an zwei Tagen in der Woche zu Hause zu arbeiten, können die Aufwendungen für den häuslichen Telearbeitsplatz nicht steuerlich geltend gemacht werden, wenn es dem Mitarbeiter nicht untersagt ist, seinen betrieblichen Arbeitsplatz auch an den eigentlichen häuslichen Arbeitstagen zu nutzen und der im Betrieb zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz hinsichtlich der Nutzung insoweit nicht eingeschränkt ist. Für den Werbungskostenabzug fehlt es in diesem Fall an der Notwendigkeit der Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer.

Urteil des BFH vom 26.02.2014
VI R 40/12
DB 2014, 1291
DStR 2014, 1097


Keine Zweitwohnungssteuer bei als Kapitalanlage genutzter Ferienwohnung


Eine Zweitwohnungssteuer kann nicht erhoben werden, wenn nach den Umständen eine Eigennutzung einer als Kapitalanlage angeschafften Ferienwohnung durch den Eigentümer ausgeschlossen werden kann. Einen solchen Fall nimmt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg an, wenn bei einer dauerhaften Einschaltung einer Vermietungs- und Vermittlungsagentur rechtlich wirksam eine Eigennutzung sowie die unentgeltliche Fremdnutzung ausdrücklich ausgeschlossen sind und keine konkreten Anhaltspunkte für eine vertragswidrige Handhabung bestehen.

Beschluss des OVG Lüneburg vom 14.05.2014
9 ME 230/13
JURIS online


Kosten für "umgekehrte Familienheimfahrten" als Werbungskosten


Muss ein steuerpflichtiger Monteur im Rahmen einer Beschäftigung an ständig wechselnden Arbeitsstätten im Ausland aus betrieblicher Notwendigkeit vor Ort bleiben und kann er nicht selbst an den Familienwohnort reisen, sind die Fahrtkosten Werbungskosten, die durch die Fahrt der Ehefrau an den Einsatzort des Ehemannes entstehen. Man spricht hier von sogenannten umgekehrten Familienheimfahrten.

Urteil des FG Münster vom 28.08.2013
12 K 339/10 E
BB 2014, 1558


Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs durch freiwilliges soziales Jahr


Den Eltern eines über 25 Jahre alten Kindes ist kein Kindergeld zu gewähren, auch wenn es ein sogenanntes freiwilliges soziales Jahr geleistet hat. Eine analoge Anwendung der in § 32 Abs. 5 EStG gesetzlich geregelten Verlängerungstatbestände (z.B. für Grundwehr-, Zivil- oder Entwicklungshilfedienst) lehnt der Bundesfinanzhof ab.

Beschluss des BFH vom 31.03.2014
III B 147/13
FamRZ 2014, 1199


Erpressungsgelder als außergewöhnliche Belastung


Bei der Frage, ob Erpressungsgelder als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen sind, ist zwischen den Fallgruppen zu unterscheiden, in denen der Steuerpflichtige durch sein frei gewähltes Verhalten selbst eine wesentliche Ursache für eine Erpressung bereitet hat, und jenen, in denen es an einem solchen Verhalten fehlt.

Der letztere Fall kann beispielsweise in Betracht kommen, wenn ein Steuerpflichtiger allein aufgrund des Umstandes, dass er wohlhabend ist, zum Opfer einer Erpressung wird, bei der Angehörige oder andere Personen, die ihm nahe stehen oder seiner Obhut anvertraut sind, mit dem Tod oder einem anderen empfindlichen Übel bedroht werden. Nicht absetzbar sind hingegen Erpressungsgelder, wenn der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten eine wesentliche Ursache für die Erpressung bereitet hat. Einen derartigen Fall nahm das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bei einem strafbaren Verhalten des Steuerpflichtigen durch die ohne Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer erfolgte Einfuhr eines in der Türkei erworbenen Teppichs ins Inland an, worauf er zur Abwendung einer angedrohten Strafanzeige über 14.000 Euro an einen Erpresser bezahlt hatte.

Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 01.04.2014
5 K 1989/12
Wirtschaftswoche Heft 25/2014, Seite 89

Juli 2014


Verkehrsrecht

Keine Wartepflicht bei Abschleppen eines an einem Taxistand abgestellten Fahrzeugs


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Ordnungsbehörde eine kostenpflichtige Abschleppmaßnahme für ein Fahrzeug, das verbotswidrig an einem mit einem absoluten Halteverbot ausgeschilderten Taxistand (Verkehrszeichen 229) abgestellt wurde, in der Regel auch ohne Einhaltung einer bestimmten Wartezeit einleiten darf.

Nur in Ausnahmefällen kann es geboten sein, mit der Einleitung der Abschleppmaßnahme abzuwarten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Verantwortliche kurzfristig wieder am Fahrzeug erscheinen und es unverzüglich selbst entfernen wird. Solche besonderen Umstände waren in dem entschiedenen Fall nicht ersichtlich. Vielmehr hatten die Ordnungsbeamten sogar versucht, den Fahrer des auf dem Taxistand verbotswidrig abgestellten Reisebusses durch einen Anruf bei dem Reiseunternehmen ausfindig zu machen. Erst als dies nicht gelang, wurde der Abschleppvorgang eingeleitet.

Urteil des BVerwG vom 09.04.2014
3 C 5.13
BVerwG online


Auffahrunfall wegen Kleintier

"Ich bremse auch für Tiere." Diese an manchen Fahrzeughecks vernehmbare Absichtserklärung ist unter Tierschutzgesichtspunkten durchaus lobenswert. Die konsequente Umsetzung kann einen Autofahrer aber teuer zu stehen kommen, wie ein vom Amtsgericht München entschiedener Fall zeigt.

Eine Autofahrerin legte wegen eines auf die Fahrbahn springenden Eichhörnchens eine Vollbremsung hin. Ein nachfolgendes Fahrzeug konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr auf sie auf. Obwohl davon auszugehen war, dass der Hintermann einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten hatte oder unaufmerksam war, stellte das Gericht eine Mithaftung der vorausfahrenden Autofahrerin in Höhe von 25 Prozent fest, da der Unfall ohne das Abbremsen für das Kleintier, das für sie keinerlei Gefahr darstellte, vermeidbar gewesen wäre.

Urteil des AG München vom 20.05.2014
331 C 16026/13
Justiz Bayern online


Auslage eines für eine andere Person ausgestellten Behindertenparkausweises


Wer einen Behindertenparkausweis, der für einen anderen ausgestellt ist, durch bloße Auslage im Fahrzeug unberechtigt verwendet, macht sich nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht wegen Missbrauchs von Ausweispapieren nach § 281 StGB strafbar. Dies wird damit begründet, dass der Autofahrer nicht den Eindruck erwecken will, der Ausweis sei auf ihn ausgestellt. Die Täuschung darüber, eine schwerbehinderte Person sei beim Abstellen des Fahrzeugs und bei der Fortsetzung der Fahrt Beifahrer, stellt keine strafbare Identitätstäuschung dar. Der Autofahrer kann daher nur wegen des unzulässigen Parkens auf einem Behindertenparkplatz belangt werden.

Beschluss des OLG Stuttgart vom 27.08.2013
2 Ss 349/13
VRS 125, 122
DAR 2014, 213


Fahrtenbuchauflage nach Geschwindigkeitsüberschreitung durch nicht identifizierbaren Fahrer (eineiige Zwillinge)


Die Verwaltungsbehörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Diese Voraussetzung für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs ist erfüllt, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter des Verkehrsverstoßes zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat.

Der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage steht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster nicht entgegen, dass der Fahrzeughalter an der Feststellung mitgewirkt hat, diese Bemühungen aber erfolglos waren. In dem entschiedenen Fall war es dem Fahrzeughalter wegen der schlechten Qualität des Beweisfotos nicht möglich zu erkennen, welcher seiner beiden Söhne - eineiige Zwillinge - die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte. Entscheidend ist daher alleine, dass eine Ermittlung des Fahrers objektiv nicht möglich war.

Beschluss des OVG Münster vom 28.10.2013
8 A 562/13
DAR 2014, 282


Gebrauchtwagenkauf: Rechtsverbindliche Zusicherung der Unfallfreiheit


Erklärt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens im Kaufvertrag, dass das Fahrzeug "unfallfrei" ist und ihm "auf andere Weise Unfallschäden" nicht bekannt sind, stellt dies eine Garantie für die Beschaffenheit des Autos hinsichtlich der Unfallfreiheit dar. Der Verkäufer übernimmt damit in bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache "Unfallfreiheit".

Stellt sich später heraus, dass das Fahrzeug mehrere schwere Unfälle erlitten hat, die weit über geringfügige und ausgebesserte Blechschäden oder "Schönheitsfehler" hinausgehen, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Von seinem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises muss er sich jedoch Vorteile, die er durch den Gebrauch des Autos gezogen hat, abziehen lassen. Diese Nutzungsvergütung wird aus den gefahrenen Kilometern errechnet.

Urteil de LG Coburg vom 06.02.2014
41 O 555/13
Justiz Bayern online


Haftungsverteilung bei Kollision zwischen links abbiegendem Traktor und überholendem Pkw


Verstößt der Fahrer eines Traktors mit Anhänger beim Linksabbiegen grob gegen das Verbot der doppelten Rückschaupflicht und kollidiert er beim Linksabbiegen mit einem zeitgleich überholenden Pkw, führt dies nach Auffassung des Landgerichts Lübeck dazu, dass ein etwaiges Mitverschulden des Überholenden wegen Überholens bei unklarer Verkehrslage nicht ins Gewicht fällt. Der Überholende kann dann seinen gesamten Schaden ersetzt verlangen.

Urteil des LG Lübeck vom 05.02.2014
17 O 255/12
NZV 2014, 219
Schaden-Praxis 2014, 165


Vermeidbare Kosten für Leerfahrt eines Abschleppdienstes

Zur Sicherung des reibungslosen Ablaufs eines Autokorsos musste eine Vielzahl ordnungswidrig im vorübergehend angeordneten absoluten Haltverbot abgestellter Fahrzeuge beseitigt werden. Das Ordnungsamt rechnete bereits im Vorfeld mit umfangreichen Abschleppmaßnahmen und veranlasste, dass insgesamt 30 Abschleppfahrzeuge vorgehalten wurden. Kurz vor Eintreffen der Abschleppwagen fuhr einer der Fahrzeughalter seinen Wagen weg. Gleichwohl wurde er von der Ordnungsbehörde mit den Kosten einer Leerfahrt belastet. Das Oberverwaltungsgericht Münster gab der Klage gegen den Kostenbescheid statt.

Die Kosten für eine Leerfahrt sind dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Fahrzeughalter grundsätzlich zuzurechnen, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist. Hier lag der Fall jedoch insoweit anders, als dieser Abschleppwagen ohne Weiteres dafür hätte eingesetzt werden können, einen anderen auf der unmittelbar gegenüberliegenden Straßenseite verkehrswidrig abgestellten Wagen zu beseitigen. Stattdessen wurde hierfür ohne erkennbare Notwendigkeit ein gänzlich neuer Abschleppwagen beauftragt. Angesichts dieses Verstoßes der Ordnungsbeamten gegen ihre Kostenminderungspflicht hielt es das Gericht nicht für gerechtfertigt, den noch rechtzeitig erschienenen Autofahrer mit den Kosten der Leerfahrt zu belasten.

Beschluss des OVG Münster vom 10.07.2013
5 A 1687/12
NJW 2014, 568
DAR 2014, 222


Keine vorläufige Fahrerlaubnisentziehung nach siebeneinhalb Monaten


Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Fahrerlaubnis wegen einer Verkehrsstraftat entzogen wird, so kann der Richter dem Beschuldigten gemäß § 111a StPO (Strafprozessordnung) durch Beschluss die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen.

Das Landgericht München hält eine derartige Anordnung für unverhältnismäßig, wenn sie erst siebeneinhalb Monate nach Tatbegehung ausgesprochen wird und weder die Strafverfolgungsbehörde während eines erheblichen Zeitraums die notwendigen Ermittlungen durchgeführt noch die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat.

Beschluss des LG München I vom 20.03.2014
2 Qs 12/14
DAR 2014, 280



Familien- und Erbrecht

Unvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung

Ein bekannter Entertainer hatte gegen einen Zeitschriftenverlag Schadensersatzklage wegen einer angeblichen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch einen Zeitungsartikel erhoben. Noch bevor die Klage dem Verlag zugestellt werden konnte, verstarb der klagende Prominente. Seine Erben wollten den Anspruch weiterverfolgen, scheiterten jedoch in letzter Instanz mit ihrer Klage.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts grundsätzlich nicht vererblich ist. Dies wurde damit begründet, dass bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung der Genugtuungsgedanke im Vordergrund steht, der seine Bedeutung verliert, wenn die Verletzung des Persönlichkeitsrechts zwar noch zu Lebzeiten des Geschädigten erfolgt, dieser aber verstirbt, bevor sein Entschädigungsanspruch erfüllt werden kann. Demnach besteht der Anspruch über den Tod des Verletzten hinaus im Allgemeinen nicht fort.

Hinweis: Ob etwas anderes gilt, wenn der Verletzte erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit, also nach Zustellung der Klage, verstirbt, ließen die Bundesrichter offen. Ist der Anspruch jedoch bereits z.B. durch ein Urteil oder einen gerichtlichen Vergleich rechtskräftig tituliert, können die Erben selbstverständlich Zahlung verlangen.

Urteil des BGH vom 30.04.2014
VI ZR 246/12
Seniorenrecht aktuell 2014, 73


Geschiedenenunterhalt: Ehebedingte Nachteile durch klassische Rollenverteilung


Bei der in der gesetzlichen Unterhaltsregelung vorgesehenen Befristung des nachehelichen Unterhalts spielt neben Dauer und Umfang der Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder auch die Frage eine Rolle, ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte - meist die Ehefrau - durch die Ehe Nachteile, insbesondere beim beruflichen Fortkommen, erlitten hat.

Für den Bundesgerichtshof kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich die unterhaltsberechtigte Ehefrau mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung (Haushalt und Kindererziehung) zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine ihrer beruflichen Qualifikation und ihren Fähigkeiten entsprechende Stelle beworben hat.

Beschluss des BGH vom 26.03.2014
XII ZB 214/13
MDR 2014, 592


BVerfG erleichtert Adoption für Lebenspartner

Eingetragene Lebenspartner können künftig nicht nur - wie bisher - leibliche Kinder ihres Partners adoptieren, sondern auch dessen Adoptivkinder annehmen. Entgegenstehende Vorschriften des Lebenspartnerschaftsgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht (BverfG) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG für verfassungswidrig erklärt.

Urteil des BVerfG vom 19.02.2013
1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09
BVerfGE 133, 59


Keine Beschwerdebefugnis des nicht sorgeberechtigten Vaters im Sorgerechtsverfahren

Wird einer bislang allein sorgeberechtigten Mutter das Sorgerecht für ihr nicht eheliches Kind (teilweise) entzogen und auf einen Ergänzungspfleger übertragen, steht dem sorgeberechtigten Vater auch dann keine Beschwerdebefugnis gegen die Entscheidung zu, wenn das Kind vorübergehend bei ihm gelebt hat, nachdem die Mutter aufgrund eines psychischen Zusammenbruchs zur Ausübung der Personensorge nicht mehr in der Lage war.

Beschluss des KG Berlin vom 26.11.2013
18 UF 219/13
jurisPR-FamR 10/2014 Anm. 4
NJW 2014, 1457


Auskunftsanspruch des Samenspenders über sein Kind


Die Kindesmutter eines durch Samenspende gezeugten Kindes hat dem Samenspender auf Verlangen Auskunft über das Kind zu erteilen. Ein derartiger Anspruch scheidet nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm nur aus, wenn das Auskunftsverlangen insbesondere wegen schikanösen Verhaltens des Vaters rechtsmissbräuchlich ist oder die Erteilung dem Kindeswohl widersprechen würde.

Beschluss des OLG Hamm vom 07.03.2014
13 WF 22/14
JURIS online


Schadensersatz bei vorgeschädigten Adoptivkindern


Die Adoption von zwei Kleinkindern nahm für alle Beteiligten einen äußerst tragischen Verlauf. Nachdem sich die beiden von Anfang an physisch und psychisch problematisch entwickelten, stellte sich im Alter von circa drei Jahren heraus, dass beide Kinder am sog. "Fetalen-Alkohol-Syndrom" (FAS) leiden, einer vorgeburtlich entstandenen Schädigung durch von der schwangeren Mutter konsumierten Alkohol. Sie sind heute zu 100 Prozent schwerbehindert und leben in betreuenden Einrichtungen. Die Adoptiveltern verlangten von der zuständigen Kommune Schadensersatz, weil sie vom Jugendamt über die gesundheitlichen Risiken bei den Adoptivkindern nicht aufgeklärt worden waren.

Die Klage scheiterte letztlich an der Beweisbarkeit eines Verschuldens. Weder die Zeugenvernehmung der leiblichen Mutter, die zwar den übermäßigen Alkoholkonsum während den Schwangerschaften einräumte, noch die Einvernahme der Jugendamtsmitarbeiter ergaben zweifelsfrei, dass diese von einer möglichen Vorschädigung der beiden Kinder wussten. Da das Gericht die von den beweispflichtigen Adoptiveltern beantragte Beiziehung der Jugendamtsakte aus rechtlichen Gründen für nicht zulässig hielt und andere Beweismittel nicht zur Verfügung standen, wurde die Schadensersatzklage als unbegründet abgewiesen.

Urteil des OLG Frankfurt vom 21.05.2014
1 U 305/12
Pressemitteilung des OLG Frankfurt


Heranziehung des Familieneinkommens zum Elternunterhalt


Reicht bei alten oder pflegebedürftigen Menschen das eigene Einkommen nicht für die Heimkosten aus, nimmt der sodann eintrittspflichtige Sozialhilfeträger - wenn möglich - deren Kinder auf Beteiligung an den Heimkosten in Anspruch. Die Berechnung des Elternunterhalts richtet sich nach den Einkünften und u.U. nach dem Vermögen der unterhaltspflichtigen Kinder.

Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes kann es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gerechtfertigt sein, das Familieneinkommen heranzuziehen, wenn das in Anspruch genommene Kind über ein erheblich geringeres Einkommen verfügt als der Ehegatte. Von dem so ermittelten Einkommen ist der individuelle Familienbedarf in Abzug zu bringen. Der verbleibende Betrag ist sodann zur Erfüllung des Elternunterhalts einzusetzen. Die Bundesrichter sehen in dieser Berechnungsmethode keine verdeckte Haftung des Schwiegerkindes.

Beschluss des BGH vom 05.02.2014
XII ZB 25/13
FamRZ 2014, 538
MDR 2014, 540



Miet- und WEG-Recht


Belästigung durch Rauchen auf dem Balkon

Ein Wohnungseigentümer fühlte sich durch Zigarettenrauch gestört, der vom Balkon seines dort regelmäßig rauchenden Nachbarn herrührte und durch das Fenster in sein Schlafzimmer eindrang. Die Bitte, auf seinem anderen Balkon zu rauchen, wo eine Belästigung von Nachbarn lagebedingt ausgeschlossen war, lehnte der leidenschaftliche Raucher mit der Begründung ab, er müsse hierzu erst durch das Gästezimmer gehen.

Das Landgericht Frankfurt am Main ließ diese Ausrede nicht gelten und sprach dem klagenden Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch zu, wonach dem Nachbarn das beanstandete störende Rauchen untersagt ist. Das Gericht hielt das Ausweichen auf den anderen Balkon für zumutbar. Sofern das Gästezimmer von Gästen bewohnt wird, müsse der Wohnungsinhaber eben entweder bei offenem Fenster rauchen oder vor die Tür gehen.

Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 28.01.2014
2-09 S 71/13
ZWE 2014, 171
Grundeigentum 2014, 535


Vermieter muss Abstellen eines Rollators neben Haustür dulden


Das Amtsgericht Recklinghausen hat entschieden, dass ein gehbehinderter Mieter berechtigt ist, seinen Rollator neben der Haustür des Mietshauses abzustellen, wenn dadurch keine Beeinträchtigungen oder Behinderungen anderer Mieter oder Besucher des Hauses entstehen und der Mieter stets auf fremde Hilfe angewiesen ist, um den Rollator in seine Wohnung zu bringen.

Urteil des AG Recklinghausen vom 27.01.2014
56 C 98/13
WuM 2014, 200
Grundeigentum 2014, 750


Ausnahmsweise Anspruch auf Übersendung von Kopien zur Betriebskostenabrechnung


Ein Mieter einer preisungebundenen Wohnung hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung. Dem Mieter steht lediglich ein Recht auf Einsichtnahme der Belege in den Räumen des Vermieters zu. Ein Anspruch auf Übersendung von Kopien kann - bei Übernahme der Kosten - in der Regel nur verlangt werden, wenn dem Mieter die Einsichtnahme vor Ort unzumutbar ist.

Einen solchen Fall nahm das Amtsgericht Halle (Saale) für den Fall an, dass zwischen Wohnung und Sitz des Vermieters bzw. der Hausverwaltung eine erhebliche Entfernung (hier 32 km Luftlinie) liegt.

Urteil des AG Halle (Saale) vom 20.02.2014
93 C 2240/13
WuM 2014, 337


Internet-TV-Empfang ersetzt Satellitenschüssel


Grundsätzlich haben nach ständiger Rechtsprechung nur ausländische Mieter ausnahmsweise einen im Grundgesetz (GG) verankerten Anspruch auf Anbringung einer Satellitenanlage, wenn sie über die vorhandenen Empfangseinrichtungen keine Radio- und Fernsehsender ihres Heimatlandes empfangen können.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Internets mit den vielfältigen Möglichkeiten darüber auch ausländische Sender empfangen zu können, hält es der Bundesgerichtshof für gerechtfertigt, eine einmal erteilte Genehmigung für die Anbringung einer Satellitenschüssel an der Hausfassade zu widerrufen und den Mieter zur Beseitigung zu verpflichten, wenn diesem Informationssendungen des ausländischen (hier: polnischen) Fernsehens im Internet allgemein zugänglich sind. Dabei ist unerheblich, dass dieses Informationsangebot auf den betreffenden Internetportalen kostenpflichtig ist. Denn die Informationsfreiheit gewährleistet den Zugang zu Informationsquellen im Rahmen der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG), aber nicht dessen Kostenlosigkeit.

Beschluss des BGH vom 14.05.2013
VIII ZR 268/12
ZMR 2014, 106
RdW 2014 156


Sturz auf unebenem Zugangsweg zu Mietshaus


Der Vermieter haftet einer Mieterin nicht auf Schadensersatz, wenn diese auf einem Plattenweg zum Haus durch einen Höhenunterschied zwischen zwei Bodenplatten gestolpert und gestürzt ist, die verletzte Mieterin aber nicht nachweisen kann, dass der Niveauunterschied höher als 2,5 cm war. Hinzu kam hier, dass sich der Weg seit Jahren in diesem Zustand befand und das Haus auch über einen geteerten Weg zugänglich war. In einem solchen Fall hielt das Landgericht Coburg sogar einen Niveauunterschied von bis zu 5 cm noch für akzeptabel. Es wies die Schadensersatzklage der Mieterin als unbegründet zurück.

Urteil des LG Coburg vom 08.01.2014
13 O 390/13
Justiz Bayern online


Wiedereinführung einer Veräußerungsbeschränkung


Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung aufgehoben wird. Dies ist in § 12 Abs. 1 und 4 WEG (Wohnungseigentumsgesetz) geregelt.

Aus der Berechtigung, eine in der Teilungserklärung geregelte und im Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkung durch Mehrheitsbeschluss aufzuheben, folgt jedoch nicht das Recht, eine solche Regelung auch wieder durch Mehrheitsbeschluss einzuführen. Hierzu bedarf es nach Auffassung des Oberlandesgerichts München vielmehr einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer.

Beschluss des OLG München vom 04.04.2014
34 Wx 62/14
jurisPR-MietR 10/2014 Anm. 6
ZfIR 2014, 450


Mieterhöhung durch Hausverwaltung für nicht namentlich benannten Mieter


Der Bundesgerichtshof weicht in einer aktuellen Entscheidung von der bislang überwiegenden Meinung ab, wonach ein Mieterhöhungsverlangen, das durch eine Hausverwaltung gestellt wird, nur dann wirksam ist, wenn die Stellvertretung ausdrücklich offengelegt und der Vermieter darin namentlich benannt wird.

Danach soll es bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558a Abs. 1 BGB genügen, wenn sich die Vertretung des Vermieters durch einen Bevollmächtigten, hier eine Hausverwaltung, aus den Umständen ergibt. Einer ausdrücklichen Offenlegung der Vertretung und namentlichen Benennung des Vermieters bedarf es im Erhöhungsschreiben daher nicht. Im entschiedenen Fall genügte es, dass sich das Vertretungsverhältnis aus der beigefügten Betriebskostenabrechnung ergab, mit der der Mieter um Überweisung des Nachzahlungsbetrags auf das Konto des namentlich benannten Vermieters gebeten wurde.

Urteil des BGH vom 02.04.2014
VIII ZR 231/13
MDR 2014, 644
WuM 2014, 340


Wohnanlage für Behinderte im Wohngebiet


Eine Wohnanlage für Behinderte darf in einem laut Bebauungsplan allgemeinen Wohngebiet gebaut werden, soweit die Art und Größe der Bebauung den Bauvorschriften entspricht. Da dies bei der Errichtung von einem Wohnhaus für Behinderte, einem Servicegebäude mit Bistro und Räumen für ambulante Angebote, Ergotherapie, Kurzzeitpflege und Verwaltung der Fall war und keine Belästigungen durch die Heimbewohner oder erhebliche Verkehrsstörungen zu erwarten waren, wurde die Klage eines Anwohners gegen die Baugenehmigungen abgewiesen. Nachbarn müssen - so das Verwaltungsgericht Koblenz - den Anblick und die Lebensäußerungen behinderter Menschen hinnehmen.

Urteil des VG Koblenz vom 08.05.2014
1 K 1104/13.KO
Pressemitteilung des VG Koblenz



Arbeits-, Beamten- und Sozialrecht


Großflächige Tätowierung als Einstellungshindernis bei Bundespolizei


Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat in einem Eilverfahren entschieden, dass eine Bewerberin für den Dienst bei der Bundespolizei allein wegen einer besonders großflächigen Tätowierung ihres Unterarms abgelehnt werden darf, auch wenn diese keine besondere Symbolik (insb. Gewalt oder Sex) aufweist.

Das wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es bei Einsätzen mit Gefährdungs- und Konfliktpotenzialen auch darum geht, möglichst keine Ansätze für Provokationen zu bieten. Sichtbare Tätowierungen könnten das Misstrauen des Bürgers schüren, weil sie - so das Gericht - als Zeichen eines gesteigerten Erlebnisdrangs oder einer überzogenen Individualität verstanden werden könnten.

Beschluss des VG Darmstadt vom 27.05.2014
1 L 528/14.DA
Pressemitteilung des VG Darmstadt


Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG"


Die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "aG" (außergewöhnlich gehbehindert) ist nach einem Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe nur dann möglich, wenn bei dem Schwerbehinderten im Bereich der unteren Extremitäten ein Mindestgrad der Behinderung (GdB) von 80 Prozent vorliegt.

Urteil des SG Karlsruhe vom 20.05.2014
S 1 SB 2343/13
JURIS online


Whistleblowing: Kündigung nach Hinweisen auf Missstände beim Arbeitgeber


Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vertritt die Auffassung, dass die Mitteilung eines Angestellten im öffentlichen Dienst von Missständen bei seinem Arbeitgeber an einen Richter am Amtsgericht in der Regel ohne vorherige Abmahnung keine fristlose Kündigung rechtfertigt, auch wenn der Richter daraufhin die Staatsanwaltschaft einschaltet und aufgrund dessen gegen den Arbeitgeber strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. In dem konkreten Fall hatte ein Angestellter einer Bußgeldstelle einen Amtsrichter am Rande eines Bußgeldverfahrens darauf hingewiesen, dass die Behörde trotz bekannter technischer Probleme bei einem bestimmten Geschwindigkeitsmessgerät damit festgestellte Verkehrsverstöße ahndet.

Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.11.2013
10 Sa 1230/13
ArbRB 2014, 104


Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang


Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch ein Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613a Absatz 1, Satz 1 BGB). Betroffene Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen eines Betriebsübergangs jedoch innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung widersprechen.

War das Unterrichtungsschreiben jedoch unvollständig und fehlerhaft, beginnt die Monatsfrist für den Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB nicht zu laufen. Arbeitnehmer haben dann also die Möglichkeit, auch noch längere Zeit nach dem tatsächlichen Betriebsübergang gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses Widerspruch einzulegen. Dieses Recht ist jedoch ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht verwirkt hat, insbesondere weil er bereits längere Zeit vorbehaltlos bei dem neuen Arbeitgeber gearbeitet hat. So ging das Bundesarbeitsgericht nach einer Beschäftigungszeit beim neuen Arbeitgeber von knapp sechs Monaten von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts aus, wenn zugleich der Arbeitgeber aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers darauf vertrauen konnte, dieser werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben.

Urteil des BAG vom 17.10.2013
8 AZR 974/12
BB 2014, 1213


Anerkennung als staatlicher Erzieher trotz Vorstrafe


Die staatliche Anerkennung als Erzieher ist zu versagen, wenn sich der Antragsteller schwerer Verfehlungen schuldig gemacht hat, aus denen sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Jedoch rechtfertigt nicht jede strafrechtliche Verurteilung die Verweigerung der staatlichen Berufsanerkennung. Voraussetzung für eine Ablehnung ist vielmehr eine Verfehlung, die entweder in Ausübung des Berufs erfolgt ist oder aber die Prognose zulässt, dass es auch bei der Berufsausübung zur Verletzung berufsspezifischer Verpflichtungen kommen wird. Beides verneinte das Verwaltungsgericht Berlin im Falle einer Erzieherin, die vor einigen Jahren wegen Betrugs verurteilt worden war, weil sie beim Bezug von Sozialleistungen ihr ererbtes Vermögen nicht angegeben hatte.

Urteil des VG Berlin vom 13.05.2014
VG 3 K 588.13
Pressemitteilung des VG Berlin


Rechtsweg für Auskunftsanspruch über personenbezogene Daten


Nach § 34 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) hat der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer auf Verlangen über die zu seiner Person gespeicherten Daten, den oder die Empfänger, an welche die Daten weitergegeben werden, und den Zweck der Speicherung Auskunft zu erteilen. Im Hinblick darauf hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass für einen Auskunftsanspruch nach § 34 BDSG, den ein Arbeitnehmer gegen seinen früheren Arbeitgeber geltend macht, die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sind.

Beschluss des BAG vom 03.02.2014
10 AZB 77/13
NZA 2014, 391
NJW 2014, 1408



Versicherungsrecht


Anspruch auf Rückabwicklung älterer Lebensversicherungsverträge


Versicherte können ihre zwischen 1994 und 2007 abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge auch nach Jahren widerrufen, wenn sie bei Vertragsschluss nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Allerdings kann ein betroffener Versicherungsnehmer in diesem Fall nicht sein ganzes eingezahltes Geld plus Zinsen zurückfordern. Er muss sich wertmäßig den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert zu ersetzen ist. Die Berechnung ist unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation und des Risikoanteils vorzunehmen.

Hinweis: Seit der Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) im Jahr 2008 sind danach abgeschlossene Versicherungen von dem Urteil nicht mehr betroffen.

Urteil des BGH vom 07.05.2014
IV ZR 76/11
WM 2014, 1030


Kaskoversicherung: Einheitliches Schadensereignis trotz zweier Kollisionen beim Rangieren


Hat ein Autofahrer beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke eine Säule des Carports beschädigt und bei nochmaligem Rückwärtsfahren noch einmal diese Säule touchiert, liegt wegen des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs versicherungsrechtlich ein einziges Schadensereignis vor. Die von dem Unfallfahrer in Anspruch genommene Kaskoversicherung ist daher nicht berechtigt, die vertragsmäßig vereinbarte Selbstbeteiligung (hier 300 Euro) zweimal in Ansatz zu bringen.

Urteil des AG Traunstein vom 27.11.2013
311 C 1104/13
DAR 2014, 276
VuR 2014, 161


Kaskoversicherung: Reifenplatzer nach Überfahren der Bordsteinkante


Kommt es beim Überfahren der Bordsteinkante zu einer Schädigung des Reifens, die in der Folge dazu führt, dass der Reifen platzt, so liegt kein Unfall im Sinne der Kaskoversicherung vor, da der Schaden insoweit beim normalen Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist. Dies gilt auch beim Überfahren einer Bordsteinkante mit einem Sportwagen.

Urteil des OLG Hamm 15.11.2013
I-20 U 83/13
MDR 2014, 533
Schaden-Praxis 2014, 165


Lebensversicherung: Qualifiziertes Mahnschreiben bei mehreren Versicherungsnehmern


Haben zwei Personen - hier ein unverheiratetes Paar - eine Risikolebensversicherung für verbundene Leben, bei der beide Versicherungsnehmer sind, abgeschlossen, liegt ein qualifiziertes Mahnschreiben wegen Zahlungsverzugs mit der Androhung der Leistungsfreiheit bei Nichtzahlung der fälligen Prämie innerhalb einer bestimmten Frist auch dann nicht vor, wenn dieses an beide Versicherungsnehmer gerichtet ist. Ein einziges Schreiben genügt einem qualifizierten Mahnschreiben auch dann nicht, wenn darin beide Personen namentlich angesprochen werden und sie unter derselben Anschrift wohnhaft sind.

Der Bundesgerichtshof sprach dem Mann die volle Versicherungssumme zu, nachdem seine Lebensgefährtin kurz nach dem Mahnschreiben verstorben war, ohne dass die angemahnte Folgeprämie von dem Paar vorher gezahlt worden war.

Urteil des BGH vom 08.01.2014
IV ZR 206/13
WM 2014, 224
VersR 2014, 229


Gesetzliche Krankenversicherung: Genehmigung einer Kniegelenksoperation


Eine gesetzliche Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und den Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die Verzögerung, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Dies ist in § 13 Abs. 3a SGB 5 geregelt.

Nach dieser Vorschrift hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau entschieden, dass eine Krankenkasse innerhalb von drei Wochen über einen Antrag zum Einsatz eines künstlichen Kniegelenks zu entscheiden hat. Da die Krankenkasse während dieses Zeitraums untätig blieb, galt die beantragte Operation als genehmigt.

Urteil des SG Dessau-Roßlau vom 18.12.2013
S 21 KR 282/13
ArbuR 2014, 195


Mitwirkungspflicht des Leasingkunden bei Diebstahl des Leasingwagens


Versäumt es der Kunde einer Leasingfirma nach einem angezeigten Diebstahl des Leasingfahrzeuges, zumindest das äußere Erscheinungsbild des (angeblichen) Diebstahls nachvollziehbar darzulegen und den Verbleib eines fehlenden Originalschlüssels zu erklären, hat er dem Leasinggeber Schadensersatz in Höhe des Fahrzeugwertes zu leisten, wenn die Leasingfirma deswegen keine Schadensregulierung der Kaskoversicherung erreichen kann.

Urteil des OLG Hamm vom 10.03.2014
18 U 84/13
WiWo 23/2014, 91



Verbraucherrecht und Sonstiges


Haftung der Eltern für Urheberrechtsverstoß ihres Kindes bei unzureichender Belehrung


Eltern haften grundsätzlich nicht als Anschlussinhaber für eine von ihrem Kind begangene Urheberrechtsverletzung, wenn sie es über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen eingehend belehrt haben und keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ihr Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

Wie ein vom Landgericht Berlin entschiedener Fall zeigt, reicht allerdings die bloße Behauptung der Eltern im Prozess, eine Belehrung ausgesprochen zu haben, nicht aus. Vielmehr sind sie gehalten, im Einzelnen vorzutragen, wann und mit welchem Inhalt eine Belehrung erfolgte. Ansonsten können sie für den durch ihr Kind begangenen Urheberrechtsverstoß haftbar gemacht werden.

Urteil des LG Berlin vom 24.01.2014
15 S 16/12
MMR 2014, 343


Schmerzensgeld für misslungene Tätowierung


Eine junge Frau beauftragte einen Tätowierer, auf ihrem Schulterblatt eine farbige Blüte nebst Ranken nach einem vorgelegten Entwurf einzutätowieren. Die Umsetzung der Vorlage ging jedoch völlig daneben. Der Tätowierer brachte die Farbe in zu tiefe Hautschichten ein, wodurch es zu Verkantungen, unregelmäßig dick ausgeführten Linien und Farbverläufen kam. Die Kundin verlangte daraufhin die Kosten für die Beseitigung des misslungenen Tattoos und ein angemessenes Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Hamm sprach ihr einen Schmerzensgeldbetrag von 750 Euro und den Ersatz der Kosten für die zur Beseitigung erforderliche Laserbehandlung mit der Begründung zu, dass die unfachmännische Tätowierung tatbestandlich eine Körperverletzung sei, die im vorliegenden Fall nicht durch eine Einwilligung der Frau gerechtfertigt war. Auf das Angebot des Tätowierers, nach der Entfernung des Tattoos dieses selbst neu zu tätowieren, musste sich die Kundin nicht einlassen. Eine solche Nachbesserung war ihr - so das Gericht - angesichts des Umfangs der aufgetretenen Mängel nicht zuzumuten.

Beschluss des OLG Hamm vom 05.03.2014
12 U 151/13 (Berufungsrücknahme)
MDR 2014, 469


Informationspflicht von Bahnhofsbetreibern über Zugausfälle und Verspätungen


Art. 18 Abs. 1 der Fahrgastrechte-Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 bestimmt, dass Zugfahrgäste über Verspätungen "zu unterrichten" sind. Dies bedeutet für das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, dass auf allen Bahnhöfen und Stationen Fahrgäste über Zugausfälle und Verspätungen "aktiv" informiert werden müssen und es nicht ausreicht, in einem Aushang auf die Telefonnummer einer Servicehotline hinzuweisen.

Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 16.05.2014
16 A 494/13 (nicht rechtskräftig)
JURIS online


Keine gesichtsverhüllende Verschleierung einer muslimischen Schülerin

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass das gegenüber einer jugendlichen Muslimin ausgesprochene Verbot, während des Unterrichts an einer Berufsoberschule einen gesichtsverhüllenden Schleier (Niqab) zu tragen, das Recht der Schülerin auf freie Religionsausübung nicht in unzulässiger Weise begrenzt.

Dies wurde damit begründet, dass der Staat seiner Pflicht zur Durchführung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags nicht mehr oder nur unzureichend nachkommen kann, wenn eine offene Kommunikation, die im Unterricht nicht nur auf das gesprochene Wort, sondern auch auf nonverbale Elemente, wie Mimik, Gestik und die übrige sog. Körpersprache angewiesen ist, nicht mehr nachkommen kann. Demgegenüber hat die im Grundgesetz geschützte Freiheit, die Lebensführung an der Glaubensüberzeugung auszurichten, zurückzutreten.

Beschluss des VGH München vom 22.04.2014
7 CS 13.2592
JURIS online


Strafbarkeit einer scherzhaften Ankündigung eines Amoklaufs über Facebook


Die Amokläufe an deutschen Schulen in den letzten Jahren verleiten Jugendliche immer wieder dazu, im Internet angeblich geplante Anschläge anzukündigen, um auf sich aufmerksam zu machen und ihr Umfeld in Angst und Schrecken zu versetzen. Eine solche Ankündigung - ob ernst gemeint oder nicht - kann empfindliche strafrechtliche Folgen haben und erhebliche Schadensersatzansprüche insbesondere für Polizei- und Feuerwehreinsätze nach sich ziehen.

Auch die scherzhaft gemeinte Ankündigung eines Amoklaufs in dem sozialen Netzwerk Facebook erfüllt daher grundsätzlich den Tatbestand der "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" (§ 126 StGB). Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren. Die Tat ist laut Amtsgericht Wolfratshausen allerdings dann nicht strafbar, wenn der Facebook-Eintrag unter der Annahme erfolgte, er werde nur von den engsten Freunden gelesen.

Urteil des Wolfratshausen vom 25.03.2013
2 Cs 11 Js 27699/12
MMR 2014, 206



Reiserecht


Kein Entschädigungsanspruch bei wetterbedingtem Abbruch des Landeanflugs


Einem Flugreisenden steht keine Entschädigung wegen einer erheblichen Verspätung zu, wenn dem Piloten aufgrund der vorgefundenen Wetterverhältnisse (starke Windböen) beim Landeanflug nachweislich nichts anderes übrig blieb, als die Landeversuche abzubrechen und auf einen anderen Flughafen auszuweichen.

Ein vom Amtsgericht Hannover eingeholtes Gutachten zur Wetterlage bestätigte, dass "der verantwortliche Pilot die einzig vernünftige und gebotene Entscheidung aufgrund der vorgefundenen Wetterverhältnisse beim Landeanflug getroffen hatte, nämlich die Landeversuche abzubrechen". Aufgrund des zu starken Rückenwinds waren die flugzeugbedingten Betriebsgrenzen überschritten. Mit dieser Begründung wies das Gericht die Klage eines Ehepaars auf Zahlung von 800 Euro ab.

Urteil des AG Hannover vom 03.06.2014
408 C 9499/13
Pressemitteilung des AG Hannover


Folgenreicher Sturz aus Fahrgeschäft eines Freizeitparks


Für einen geistig behinderten 12-jährigen Jungen endete der Besuch eines Vergnügungsparks mit einem tragischen Unfall bei der Benutzung eines Selbstbedienungsfahrgeschäfts mit der Bezeichnung "Luna Loop", bei dem sich die mit zwei Sitzplätzen ausgestattete Fahrgastkabine überschlägt. Bei der Befestigung des Haltebügels hatten sich die Eltern nicht vergewissert, dass sich dieser ganz nah am Körper des Kindes befand. In der Folge rutschte der Junge beim Überschlag unter dem Haltebügel durch und zog sich schwere Verletzungen zu. Die Eltern nahmen den Betreiber des Freizeitparks auf Schadensersatz in Anspruch.

Nach den Feststellungen eines Sachverständigen im darauffolgenden Zivilprozess hätte der Betreiber im Einstiegsbereich einen ausdrücklichen Hinweis auf das erforderliche feste Anlegen des Bügels anbringen oder den festen Sitz des Bügels durch Personal kontrollieren lassen müssen. Obwohl somit eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Verantwortlichen feststand, bekam das Kind nur ein Drittel des geltend gemachten Schadens zugesprochen, da für die Eltern die unzureichende Sicherung des Kindes angesichts der erkennbaren Gefährlichkeit des Fahrgeschäfts ohne Weiteres erkennbar war.

Urteil des OLG Oldenburg vom 10.04.2014
1 U 110/13
Pressemitteilung des OLG Oldenburg


Flugannullierung wegen befürchteten Streiks


Nach der EU-Fluggastrechteverordnung steht einem Fluggast bei Annullierung eines Flugs, gestaffelt nach Entfernungskilometern, eine Ausgleichszahlung von maximal 600 Euro zu. Der Anspruch besteht jedoch dann nicht, wenn der Flugausfall auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist. Der Bundesgerichtshof bejaht bei einem streikbedingten Flugausfall das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände (X ZR 138/11).

Wird ein Flugpassagier jedoch nicht befördert, weil die Fluggesellschaft lediglich einen Streik befürchtet und (voreilig) den Flug annulliert, so steht ihm ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß der Fluggastrechteverordnung zu. Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg kann sich die Airline in diesem Fall nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, da der bloße Verdacht eines Streiks dafür nicht genügt.

Urteil des AG Hamburg vom 04.10.2013
20a C 206/12
RRa 2014, 94



Bankrecht


AGB-Klausel über die Form von Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse


Der Bundesgerichtshof hat eine umstrittene Klausel in Sparkassen-AGB, wonach Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse der Sparkasse schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde, auf diesem Wege zugehen müssen, rechtlich nicht beanstandet. Sie stellt insbesondere keine unangemessene Benachteiligung von Sparkassenkunden dar.

Vielmehr ist den Sparkassen ein berechtigtes Interesse am Einhalten der Formvorschriften zuzubilligen. Nur so ist gewährleistet, dass die Einwände des Kunden nachweisbar und unverändert an die für Reklamationen zuständige Stelle gelangen. Gleichzeitig wird verhindert, dass die Weitergabe einer bloß mündlichen Beanstandung in der Hektik des Tagesgeschäfts untergeht.

Urteil des BGH vom 28.01.2014
XI ZR 424/12
DB 2014, 597
BB 2014, 714


"Unfall" beim Geldabheben


Einem Bankkunden steht kein Schadensersatzanspruch zu, wenn er sich bei der Geldentnahme aus einem Bankautomaten die Finger einklemmt und dabei einen Finger bricht. Der Betreiber eines Automaten ist nicht verpflichtet, Benutzer vor allen fernliegenden und nicht absehbaren Gefahren zu schützen. Da die Geldscheine - wie bei allen Geldautomaten - bei der Ausgabe etwa daumendick über die Klappe aus dem Ausgabeschacht herausgeschoben wurden, bestand kein Anlass die ganze Hand oder einzelne Finger in den Ausgabeschacht hineinzustecken. Das Landgericht Düsseldorf ging davon aus, dass der ungewöhnliche Unfall allein auf die Ungeschicklichkeit des Automatenkunden zurückzuführen war.

Urteil des LG Düsseldorf vom 06.05.2014
6 O 330/13
Pressemitteilung des LG Düsseldorf


Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Kapitalanleger bei fehlerhaftem Testat


Einem Anleger steht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung gegen einen Anbieter einer Kapitalbeteiligung ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe seiner Einlage zu, wenn der Prospekt unzureichende oder falsche Angaben zu dem Produkt und dessen Risiken enthält.

Beruhen die Falschangaben auf einem fehlerhaften Testat eines Wirtschaftsprüfers hinsichtlich der Prüfung der Gewinnprognosen, so haftet (auch) dieser einem Kapitalanleger für die eingetretenen Verluste.

Urteil des BGH vom 24.04.2014
III ZR 156/13
WM 2014, 935
DB 2014, 1126



Steuerrecht


Entfernungskostenpauschale für Auszubildenden


Ein Ausbildungsbetrieb, der von dem Auszubildenden fortdauernd aufgesucht wird, um dort seine für den Ausbildungszweck zentralen Tätigkeiten zu erbringen, ist als regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 EStG anzusehen, der u.a. die steuerliche Geltendmachung von Fahrtkosten regelt. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis regelmäßig zeitlich befristet ist.

Fahrtkosten des Auszubildenden zu seinem Ausbildungsbetrieb sind daher nur mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Azubi kann daher 30 Cent pro Kilometer für die einfache Strecke ansetzen. Für Fahrten zur Berufsschule kann er entweder die tatsächlichen Kosten nachweisen oder ebenfalls 30 Cent pro Kilometer steuerlich geltend machen.

Urteil des BFH vom 27.02.2014
III R 60/13
BB 2014, 1237
StE 2014, 328


Problematische Mietverträge unter nahestehenden Personen


Mietverträge unter nahestehenden Personen sind in der Regel der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Sie sind dahingehend zu überprüfen, ob sie durch die Einkünfteerzielung oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich veranlasst sind.

Mietrechtliche Gestaltungen mit Angehörigen sind laut Bundesfinanzhof insbesondere dann steuerlich nicht anzuerkennen, wenn derjenige, der ein Gebäude oder einen Gebäudeteil für eigene Zwecke benötigt, einem anderen daran die wirtschaftliche Verfügungsmacht einräumt, um die Räumlichkeiten anschließend (hier zum Betreib einer Steuerkanzlei) von ihm wieder zurückzumieten.

Urteil BFH vom 09.10.2013
IX R 2/13
DB 2014, 1056
DStRE 2014, 610


Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei Veräußerung einer vermieteten Immobilie


Verkauft ein Eigentümer ein vermietetes Wohnhaus und reicht der Verkaufserlös nicht zur gesamten Rückzahlung des für das Objekt aufgenommenen Immobiliendarlehens aus, können auch die weiterhin gezahlten Zinsen als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden.

Urteil des BFH vom 08.04.2014
IX R 45/13
DB 2014, 1112
DStR 2014, 996


Kindergeld auch in Unternehmensphase eines "PreMaster-Programms"


Das Finanzgericht Stuttgart hat Eltern für ihre Tochter auch für die Dauer der Unternehmensphase eines "PreMaster-Programms" einen Anspruch auf das staatliche Kindergeld zugesprochen.

Mit dem PreMaster-Programm unterstützen Unternehmen Bachelorabsolventen auf dem Weg zum Master. In der (hier) einjährigen Unternehmensphase wurden der Studentin fachspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen als Vorbereitung für ihr Masterstudium vermittelt und ihr ein Mentor zur Seite gestellt. Das Gericht sah auch in dieser Unternehmensphase trotz der gezahlten Vergütung ein sogenanntes Ausbildungsdienstverhältnis, weil es darauf ausgerichtet war, die Zeit und die Arbeitskraft des Teilnehmers in erster Linie für dessen Ausbildung und nicht für Erwerbszwecke innerhalb des Unternehmens einzusetzen.

Urteil des FG Baden-Württemberg vom 04.12.2013
1 K 775/13
JURIS online

Juni 2014


Verkehrsrecht

Abschleppschaden: Hoheitliche Tätigkeit eines Abschleppunternehmers

Lässt die städtische Straßenverkehrsbehörde ein verbotswidrig geparktes Fahrzeug von einem privaten Unternehmer abschleppen, wird dieser bei der Durchführung des Abschleppauftrages hoheitlich tätig. Das hat zur Folge, dass bei einer Beschädigung des Wagens beim Abschleppvorgang nur die veranlassende Kommune und nicht der Abschleppunternehmer haftbar gemacht werden kann. Dies ergibt sich aus Art. 34 Satz 1 GG: "Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht." Der geschädigte Fahrzeughalter muss seine Schadensersatzklage somit gegen die Stadt richten.

Urteil des BGH vom 18.02.2014
VI ZR 383/12
VersR 2014, 502


Abschleppen von privatem Stellplatz trotz zumutbarer Ermittlung des Falschparkers

Eine von einem Grundstückseigentümer veranlasste Abschleppmaßnahme wegen Falschparkens auf privatem Boden unterliegt ebenso wie eine von der Ordnungsbehörde veranlasste Beseitigung eines verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser ist nach Auffassung des Amtsgerichts Buxtehude verletzt, wenn eine Ermittlung des Fahrers eines auf einem privaten Stellplatz geparkten Fahrzeugs ohne Probleme möglich gewesen wäre, da sich der Fahrer in dem einzigen infrage kommenden Gebäude, einem Fitnessstudio gegenüber dem Parkplatz, aufhielt. Leitet der Stellplatzinhaber den Abschleppvorgang ohne den zumutbaren Versuch ein, den Fahrer zum Wegfahren zu veranlassen, ist dieser nicht zur Erstattung der Abschleppkosten verpflichtet.

Urteil des AG Buxtehude vom 09.10.2013
31 C 496/13
DAR 2014, 148


Hälftige Schadensteilung bei ungeklärtem Kettenauffahrunfall

Bei einem Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des auffahrenden Kraftfahrers. Dies gilt jedoch nur bei einem typischen Unfallhergang. Ein solcher liegt nicht vor, wenn bei einem Kettenauffahrunfall das vorletzte Fahrzeug auf den Vordermann aufgefahren ist und sodann - als letzter - ein weiterer Wagen auf ihn auffährt. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass dem Fahrer des letzten Fahrzeugs eine geringere Reaktionszeit zur Verfügung stand, als bei einer rechtzeitigen Vollbremsung des Vordermanns.

In dem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall war eine Autofahrerin auf der Autobahn als letztes von insgesamt vier Fahrzeugen aufgefahren. Da nicht geklärt werden konnte, ob das dritte Fahrzeug in der Reihe bereits vorher auf den Vordermann aufgefahren oder erst durch den Heckaufprall auf den Vordermann aufgeschoben worden war, musste die Autofahrerin den Heckschaden des von ihr beschädigten Wagens nur zur Hälfte tragen.

Urteil des OLG Hamm vom 06.02.2014
I-6 U 101/13
MDR 2014, 462
DAR 2014, 206


Unfall bei Einparken eines Pkws mit rechts überholendem Motorroller

Nachdem ein Autofahrer eine freie Parklücke entdeckt hatte, bog er nach einem Schwenk nach links scharf nach rechts in die Parkbucht ein. Während des Abbiegevorgangs wurde der Pkw rechts von einem Motorroller überholt. Dabei kam es zu einer Kollision der Fahrzeuge. Beide Fahrer verlangten vom anderen Ersatz des ihnen entstandenen Schadens. Schließlich musste das Oberlandesgericht Hamm über die Haftungsquote entscheiden.

Bei der Haftungsverteilung war zulasten des Autofahrers zu berücksichtigen, dass dieser gegen die für Rechtsabbieger geltende Rückschaupflicht verstoßen hatte. Diese Pflicht trifft nicht nur denjenigen, der abbiegt oder die Spur wechselt, sondern auch einen Kraftfahrer, der - wie hier - nicht so weit rechts fährt, dass sein Abstand zum rechten Fahrbahnrand ein Überholen durch einen Zweiradfahrer nicht zulässt. Dem Rollerfahrer wurde zur Last gelegt, dass er verbotswidrig rechts überholen wollte. Im Ergebnis ging das Gericht von einer hälftigen Haftung der Unfallbeteiligten aus.

Urteil des OLG Hamm vom 08.11.2013
IX U 88/13
RdW 2014, 114


Sofortiges Abschleppen von Taxistand

Ein verkehrswidrig auf einer Taxihaltestelle abgestellter Pkw darf von der Ordnungsbehörde abgeschleppt werden, ohne vorher Nachforschungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen anstellen zu müssen. Dies gilt nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des Ordnungspflichtigen im Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme bekannt ist und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug liegt.

Ist nach den Umständen nicht zu erwarten, dass der Fahrer oder Halter alsbald von sich aus zum Fahrzeug zurückkehren und wegfahren wird, entspricht es auch nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit, eine gewisse Zeit zuzuwarten, bis der Abschleppvorgang eingeleitet wird. Im Übrigen hielt das Gericht auch den Einwand des Falschparkers, er habe kein Taxi behindert, für unerheblich. Auch wenn noch genügend Platz für Taxen vorhanden ist, darf ein Autofahrer das absolute Halteverbot nicht einfach ignorieren. Im Ergebnis musste der Autofahrer die Abschleppkosten und das gegen ihn verhängte Bußgeld von 62 Euro bezahlen.

Urteil des VG Düsseldorf vom 26.11.2013
14 K 3550/13
JURIS online


Schaden durch Schlagloch auf der Autobahn

Das Oberlandesgericht Hamm hat das Land Nordrhein-Westfalen verurteilt, einem Autofahrer den Achsschaden an seinem Pkw Skoda zu ersetzen, den er beim Überfahren eines 20 cm tiefen Schlaglochs auf der Bundesautobahn (BAB) 52 im Bereich einer Baustelle erlitten hat.

Ein Sachverständiger stellte im Prozess fest, dass das im Bereich eines Gullys entstandene Loch durch Herstellen einer provisorischen Schachtabdeckung kurzfristig hätte entfernt werden können. Dieses Versäumnis stellte eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung dar.

Urteil des OLG Hamm vom 15.11.2013
11 U 52/12
VRR 2014, 146


Annahme einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung


Das Oberlandesgericht Celle geht bei einer erheblichen Geschwindigkeitsübertretung ab einer Überschreitung von ca. 40 Prozent der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und ordnungsgemäß aufgestellten Vorschriftszeichen in der Regel von einer vorsätzlichen Begehungsweise aus. Bei niedrigeren Überschreitungen müssen vom Gericht weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen von mehreren Geschwindigkeitsüberschreitungen in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang.

Beschluss des OLG Celle vom 28.10.2013
322 SsRs 280/13
DAR 2014, 150
VRR 2014, 151


Gefährliches Ausfahren aus Grundstück mit anschließendem Linksabbiegen

Nach § 10 StVO hat sich ein Kraftfahrer, der aus einem Grundstück, einem Fußgängerbereich, einem verkehrsberuhigten Bereich auf die Straße oder von anderen Straßenteilen bzw. über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Diese erhöhte Sorgfaltspflicht gilt in besonderem Maße, wenn ein Autofahrer ohne Beachtung des fließenden Verkehrs aus einem Grundstück kommend nach links in eine Straße abbiegt und dann sogleich - ohne dies kenntlich zu machen - wieder nach links abbiegen will. Kommt es dabei zu einer Kollision mit einem in derselben Fahrtrichtung herannahenden Pkw, der den nach dem Einbiegevorgang langsam fahrenden Wagen überholen will, haftet der aus dem Grundstück kommende Fahrer alleine für den Unfallschaden.

Urteil des OLG Hamm vom 07.03.2014
9 U 210/13
JURIS online


Schadenminderungspflicht bei unfallbedingtem Verdienstausfallschaden


Ein 30-jähriger Elektroinstallateur konnte wegen der bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er absolvierte daraufhin eine von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers finanzierte Umschulung zum Bürokaufmann, die er schließlich mit Bestnoten abschloss. Gleichwohl scheiterte seine Wiedereingliederung in das Berufsleben. Die Versicherung sah die Ursache hierfür alleine in den mangelnden Bemühungen des Mannes um eine Arbeitsstelle und stellte die Zahlung des seit dem Unfall gezahlten Verdienstausfallschadens (Differenz zwischen fiktivem Einkommen und Lohnersatzleistungen) erst teilweise und schließlich vollständig ein.

In dem darauffolgenden Gerichtsverfahren wurden die Bedenken der Versicherung bestätigt. Der Unfallgeschädigte hatte sich lediglich bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet. Daneben hatte er innerhalb von vier Jahren lediglich ein Vorstellungsgespräch. Ferner trug er ohne Vorlage von Nachweisen vor, sich rund 20-mal beworben zu haben, davon mehr als 10-mal schriftlich. Das Gericht kam auch bei Unterstellung der Richtigkeit dieses Vortrags zu dem Ergebnis, dass ein derartiges Bewerbungsverhalten nicht den Anforderungen genügt, die an die bestehende Schadenminderungspflicht zu stellen sind. Die Versicherung war somit berechtigt, ihre Zahlungen einzustellen.

Urteil des OLG Schleswig vom 09.01.2014
7 U 83/13
jurisPR-VerkR 9/2014 Anm. 3
NJW-Spezial 2014, 202



Familien- und Erbrecht

Notarielle Generalvollmacht ersetzt Betreuung


Ein Betreuer ist gemäß § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise zu bestellen, in denen eine Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann. Eine Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die betreffenden Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. In diesem Zusammenhang haben sogenannte Vorsorge- bzw. Generalvollmachten in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen.

Eine notarielle Generalvollmacht umfasst nach Auffassung des Amtsgerichts Schleswig nicht nur den Bereich der Vermögenssorge, sondern darüber hinaus auch die Stellvertretung in personenrechtlichen Angelegenheiten. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die betreffenden Angelegenheiten in der Urkunde im Einzelnen aufgeführt werden. Eine derartig umfassende Vollmacht schließt daher die Anordnung einer Betreuung aus.

Beschluss des AG Schleswig vom 05.07.2013
4 XVII B 11924
jurisPR-FamR 7/2014 Anm. 6
SchlHA 2013, 439


Schülerfahrtkosten bei entfernt gelegener Waldorfschule

Das Verwaltungsgericht Trier hat entschieden, dass Eltern keinen generellen Anspruch auf vollständige Übernahme der Beförderungskosten für den Besuch ihres Kindes in einer Privatschule (hier Waldorfschule) haben. Die zuständige Kommune ist nur zur Übernahme der Schülerfahrtkosten zur nächstgelegenen öffentlichen Regelschule verpflichtet.

Urteil des VG Trier vom 09.04.2014
5 K 1627/13.TR
Pressemitteilung des VG Trier


Keine Pflichtteilsentziehung bei geringfügiger Straftat


Nach § 2333 BGB ist eine vollständige Entziehung des Pflichtteils u.a. dann gerechtfertigt, wenn sich die Kinder des Erblassers eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig gemacht haben. Vermögensdelikte zulasten des Erblassers können lediglich dann zum Entzug des Pflichtteils führen, wenn sie nach ihrem Inhalt und ihrer Begehungsweise eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses und somit eine schwere Kränkung für den Geschädigten darstellen.

Diese strengen Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn der Sohn aus der elterlichen Metzgerei Wurst gestohlen hat, also lediglich ein Diebstahl geringwertiger Sachen vorlag. Im Übrigen genügte das gemeinschaftliche Testament des Metzgerehepaars nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 2336 Abs. 2 BGB, der verlangt, dass der Grund der Entziehung zur Zeit der Errichtung bestehen und in der Verfügung angegeben werden muss. In dem Testament fehlten jedoch jegliche Angaben darüber, welche Gegenstände konkret entwendet wurden bzw. welcher Schaden entstanden ist. Die Pflichtteilsentziehung erwies sich danach als unwirksam.

Urteil des LG Mosbach vom 10.01.2014
2 O 182/13
NJW-Spezial 2014, 135


Grunderwerbsteuer: Erbengemeinschaft als selbstständiger Rechtsträger

Mit dem Erwerb von mindestens 95 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft wird deren Inhaber so behandelt, als habe er die zum Vermögen der Gesellschaft gehörenden Grundstücke von der Gesellschaft selbst erworben.

Dies trifft auch auf eine Erbengemeinschaft zu. Sie wird dann grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe sie das Grundstück von der Gesellschaft erworben. Die Erbengemeinschaft ist dann selbstständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts und als solcher grunderwerbsteuerpflichtig. In diesem Fall ist nicht auf die einzelnen Erbanteile der Miterben abzustellen.

Urteil des BFH vom 12.02.2014
II R 46/12
DStR 2014, 850


Adoption Volljähriger nur durch beide Ehegatten

Nach § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB kann ein Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig ist die Vorschrift ausnahmslos auch auf die Adoption Volljähriger anzuwenden. Denkbar wären Ausnahmen allenfalls in Extremfällen, bei denen die Verwehrung der Annahme Volljähriger als Kind durch nur einen Ehegatten zu einer ganz außergewöhnlichen Härte und existenziellen Belastung für die Beteiligten führen würde.

Beschluss des OLG Schleswig vom 20.12.2013
8 UF 173/13
jurisPR-FamR 7/2014 Anm. 5


Keine Verfahrenskostenhilfe bei Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres

Eine Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Stellt eine bedürftige Person vor Ablauf des gesetzlich vorgeschriebenen Trennungsjahres einen Scheidungsantrag, ohne einen Härtegrund für die vorzeitige Ehescheidung geltend zu machen, kommt vor Ablauf des Trennungsjahres eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht.

Allein die in dem Scheidungsverfahren vom Antragsteller geäußerte Auffassung, es bestehe eine "Gerichtspraxis" dahingehend, dass nach neunmonatiger Trennung bereits ein Scheidungsantrag eingereicht werden darf, weil bis zum Scheidungstermin noch die üblichen Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt werden müssen und bis zur mündlichen Verhandlung das Trennungsjahr erfahrungsgemäß abgelaufen sei, reichte dem Oberlandesgericht Celle nicht aus.

Beschluss des OLG Celle vom 17.01.2014
10 WF 4/14
MDR 2014, 229


Anspruch auf Prozesskostenvorschuss eines volljährigen Kindes gegenüber Eltern

Nach § 1360a Abs. 4 BGB hat ein Ehegatte dem anderen Ehegatten die Prozesskosten vorzuschießen, wenn dieser die Kosten des Rechtsstreits nicht selbst tragen kann, der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit betrifft und das Vorschießen der Prozesskosten der Billigkeit entspricht.

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wendet diese Vorschrift entsprechend auf volljährige Kinder gegenüber ihren Eltern an und billigt ihnen einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss zu, wenn ihre Situation mit derjenigen eines unterhaltsberechtigten Ehegatten vergleichbar ist. Das ist bei volljährigen Kindern dann der Fall, wenn sie wegen der Fortdauer ihrer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erworben haben und deswegen übergangsweise wie minderjährige Kinder der Unterstützung durch ihre Eltern bedürfen. Bei einer Klage des volljährigen Kindes gegen eine Behörde wegen unzulässiger Erhebung und Weiterleitung persönlicher Daten handelt es sich um eine höchstpersönliche Angelegenheit.

Beschluss des Sächsischen OVG vom 16.12.2013
3 D 72/13
JURIS online


Schenkungssteuerpflicht eines zinslosen Darlehens innerhalb einer eheähnlichen Gemeinschaft

Die Gewährung eines zinslosen Darlehens unterliegt hinsichtlich der Zinsersparnis nach ständiger Rechtsprechung der Schenkungssteuerpflicht. Dies begründet der Bundesfinanzhof damit, dass der Darlehensempfänger durch die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital unentgeltlich zu nutzen, eine Vermögensmehrung erfährt. Die Minderung des Vermögens des Zuwendenden besteht demgegenüber darin, dass er auf einen Ertrag verzichtet, den er bei verkehrsüblichem Verhalten erzielt hätte. Der Verzicht auf die zum Vermögen des Darlehensgebers gehörende Nutzungsmöglichkeit ist eine Vermögensminderung.

Dem Vorliegen einer freigebigen Zuwendung stand im entschiedenen Fall auch nicht entgegen, dass der Darlehensgeber und die Darlehensnehmerin Partner einer nicht ehelichen (eheähnlichen) Lebensgemeinschaft waren und das zinslose Darlehen im Zusammenhang mit der Eingehung der Lebensgemeinschaft gewährt wurde.

Urteil des BFH vom 27.11.2013
II R 25/12
BB 2014, 537
ZEV 2014, 171



Miet- Immobilien- und WEG-Recht


Keine zu hohen Anforderungen an Begründung einer Eigenbedarfskündigung

Ein Vermieter ist berechtigt, ein bestehendes Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, wenn er den Wohnraum für sich oder nahe Angehörige benötigt. Der Vermieter einer 158 qm großen Wohnung begründete die Eigenbedarfskündigung damit, seine Tochter, die bisher eine 80 qm große Wohnung bewohnt, benötige die größere Wohnung des Mieters, um dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand zu begründen. Der Mieter beanstandete, dass der Lebensgefährte in dem Kündigungsschreiben nicht namentlich benannt wurde.

Der Bundesgerichtshof hielt dies nicht für erforderlich. Das für Eigenbedarfskündigungen geltende Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB soll gewährleisten, dass der Kündigungsgrund derart konkretisiert ist, dass er von anderen Kündigungsgründen unterschieden werden kann. Dem ist Genüge getan, wenn die Eigenbedarfsperson - hier die Tochter - identifizierbar benannt und das Interesse dargelegt wird, das diese an der Erlangung der Wohnung hat. Insoweit reichte die Angabe aus, dass die Tochter in die größere Wohnung des gekündigten Mieters ziehen will.

Urteil des BGH vom 30.04.2014
VIII ZR 107/13
JURIS online


Mieterhöhung nicht ausschließlich mit neu vermieteten Vergleichswohnungen


Ein Vermieter kann sein Mieterhöhungsverlangen auf ein vorgelegtes Sachverständigengutachten, die Benennung von drei Vergleichswohnungen oder durch Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel stützen. Ein vom Vermieter zur Begründung einer Mieterhöhung vorgelegtes Gutachten ist - so das Landgericht Kiel - dann unbrauchbar, wenn es als Vergleichswohnungen ausschließlich Neuvermietungen zugrunde legt und sogenannte Bestandsmieten völlig außer Acht lässt.

Gemäß § 558 Abs. 2 BGB soll die ortsübliche Vergleichsmiete nämlich aus den üblichen Entgelten gebildet werden, die in der betreffenden Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe und Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Dem wird die Anführung von ausschließlich Neuvermietungen nicht gerecht. Für das Gericht stand im Übrigen in keiner Weise fest, wie sich die neu vermieteten hochpreisigen Wohnungen auf die weiteren Mieten bislang ausgewirkt haben und noch weiter auswirken werden. Dies alles ging zulasten des darlegungs- und beweispflichtigen Vermieters, dessen Mieterhöhungsverlangen letztlich für unwirksam erklärt wurde.

Urteil des LG Kiel vom 22.01.2014
7 S 68/13
WuM 2014, 208


Anwohner muss Lärm durch benachbarte Brutkolonie hinnehmen

Das Verwaltungsgericht Stade hat entschieden, dass ein durch den Lärm von Saatkrähen einer benachbarten Brutkolonie betroffener Anwohner die Vögel nicht durch lärmende Störungsmaßnahmen vertreiben darf. Das Gericht räumte dem Artenschutz insoweit einen höheren Stellenwert ein als dem Schutz vor von den Vögeln verursachtem Lärm und Schmutz. Zum einen stellte das Gericht fest, dass die behaupteten Lärmbeeinträchtigungen keine unzumutbare Beeinträchtigung darstellten und zum anderen die Brutzeit der Vögel nur einen relativ kurzen Zeitraum im Jahr einnimmt.

Urteile des VG Stade vom 15.04.2014
1 A 1490/10 und 1 A 2638/13
Pressemitteilung des VG Stade


Rückzahlung der Hausgeldvorschüsse wegen Nichtigkeit von Wirtschaftsplan- und Jahresabrechnungsbeschlüssen


Werden Beschlussfassungen der Wohnungseigentümer über Wirtschaftspläne- und Jahresabrechnungen nachträglich gerichtlich für nichtig erklärt, ergibt sich allein daraus, dass damit keine wirksamen Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen für die betreffenden Jahre vorliegen, kein Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Rückzahlung des von ihm im fraglichen Zeitraum monatlich erbrachten Hausgeldes. Ein Rückzahlungsanspruch besteht vielmehr erst dann, wenn sich aus einem - in diesem Fall nachzuholenden - Beschluss der Eigentümergemeinschaft ein Guthaben für den betreffenden Wohnungseigentümer ergibt.

Urteil des LG Düsseldorf vom 07.11.2013
19 S 77/12
WuM 2014, 46
ZMR 2014, 237


Mieter muss Funktionswartung von Rauchwarnmeldern dulden


Setzt der Versicherungsschutz im Rahmen einer vom Vermieter abgeschlossenen Gebäudeversicherung die Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Vorschriften über Einbau und Wartung von Rauchmeldern voraus, muss der Mieter die Funktionsprüfung durch einen vom Vermieter beauftragten Dienstleister dulden. Er hat keinen Anspruch darauf, die in seiner Wohnung installierten Rauchmelder selbst einer jährlichen Prüfung zu unterziehen. Der Vermieter ist jedoch verpflichtet, dem Mieter die Funktionsprüfung rechtzeitig mit einer Frist von mindestens einer Woche anzukündigen und die Arbeiten in der Zeit von 9.00 bis 13.00 Uhr bzw. 15.00 bis 18.00 Uhr vornehmen zu lassen.

Beschluss des AG Hamburg-Blankenese vom 26.06.2013
531 C 125/13
ZMR 2013, 965
jurisPR-MietR 8/2014 Anm. 3


Vertragsbeendigung durch eigenmächtiges Auswechseln des Türschlosses

Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses herauszugeben. Andererseits entbindet ihn ein vorzeitiger Auszug grundsätzlich nicht von der Pflicht zur Zahlung der Miete. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn ein Mietaufhebungsvertrag geschlossen worden ist. Ein derartiger Aufhebungsvertrag kann auch dann mündlich oder durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten vereinbart werden, wenn der Mietvertrag schriftlich abgeschlossen wurde.

In einem vom Landgericht Berlin entschiedenen Fall hatte der Mieter einer Wohnung das Mietverhältnis "fristgerecht bis zum nächstmöglichen Termin am 31.03.2012" gekündigt. Die Übergabe der Wohnung erfolgte zum 20.02.2012. Der Mieter erklärte sich mit dem Betreten der Wohnung zu Besichtigungszwecken einverstanden; eine andere Nutzung, z.B. zur Renovierung vor dem 31.03.2012, untersagte er jedoch ausdrücklich. Als er erfuhr, dass der Vermieter das Türschloss ausgewechselt und am 27.02.2012 mit umfangreichen Renovierungsarbeiten begonnen hatte, teilte ihm der Mieter am 02.03.2012 mit, dass er von einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses ausgehe und keine Miete mehr bezahlen werde.

Das Gericht sah in dem Auswechseln des Türschlosses und dem Beginn der Bauarbeiten das konkludente Angebot des Vermieters zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Dieses Angebot hat der Mieter mit seinem Schreiben vom 02.03.2012 angenommen. Ab diesem Zeitpunkt durfte er daher seine Mietzahlungen einstellen.

Urteil des LG Berlin vom 27.06.2013
67 S 600/12
jurisPR-MietR 7/2014 Anm. 2
MM 2013, Nr 11, 28


Schadstoffbelastung in Mietwohnung durch mangelhaften Parkettkleber

Kommt es aufgrund eines mangelhaften Parkettklebers zu einer Schadstoffbelastung und zu einer Gesundheitsgefahr für die Mieter einer Wohnung, die jedoch durch ausreichendes Lüften weitgehend ausgeschlossen werden kann, steht dem Mieter ein Minderungsrecht von 30 Prozent zu.

Beschluss des BGH vom 15.01.2013
VIII ZR 411/12
ZMR 2014, 26


Widerruf eines in der Mieterwohnung abgeschlossenen Mietaufhebungsvertrages

Ein Mieter wurde nach vorheriger Anmeldung von einem Vertreter des Vermieters und einem Anwalt in seiner Wohnung aufgesucht. Anlass war eine vom Vermieter behauptete Verwahrlosung der Wohnung. In der Folge des Gesprächs unterzeichnete der Mieter eine Räumungsvereinbarung. Das Amtsgericht Freiburg (Breisgau) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Mieter berechtigt war, die Aufhebungsvereinbarung als Haustürgeschäft nach den §§ 312, 355 Abs. 1 BGB wirksam zu widerrufen.

Liegt - wie hier - eine sogenannte Haustürsituation vor, hängt das Widerrufsrecht des privaten Mieters, der rechtlich zweifellos als Verbraucher anzusehen ist, davon ab, ob der Vermieter als Unternehmer gehandelt hat. Dies wird in erster Linie anhand der Anzahl der vom Vermieter gehaltenen Wohnungen beurteilt. Einigkeit besteht in der Rechtsprechung darüber, dass private Vermögensverwaltung keine unternehmerische Tätigkeit darstellt. Unternehmerische Tätigkeit liegt demgemäß nur dann vor, wenn eine planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit bei Teilnahme am Wettbewerb ausgeübt wird. In diesem Fall kann der Mieter die Vereinbarung binnen zwei Wochen widerrufen. Wurde er vom gewerblichen Vermieter über dieses Recht nicht belehrt, kann der Widerruf auch noch später erklärt werden.

Urteil des AG Freiburg (Breisgau) vom 01.10.2013
53 C 1059/13
jurisPR-MietR 7/2014 Anm. 1


Eigenmächtige Rechtsverfolgung durch Wohnungseigentümer

Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, die Ausübung gemeinschaftsbezogener Gewährleistungsrechte gegenüber dem Bauträger gemeinschaftlich auszuüben, ist der einzelne Eigentümer nicht mehr berechtigt, den Bauunternehmer aufzufordern, die beanstandeten Mängel an der Bausubstanz unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung zu beseitigen. Dies gilt wenigstens dann, wenn die eigenmächtige Rechtsverfolgung eines einzelnen Wohnungseigentümers mit den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft kollidiert, weil diese beispielsweise noch eine weitere Klärung der gebotenen Mängelbeseitigungsmaßnahmen für erforderlich hält.

Hat die Eigentümergemeinschaft die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche an sich gezogen, ist der einzelne Eigentümer durch den Beschluss über den Weg der Verfolgung von Gemeinschaftsmängeln blockiert, solange dieser nicht wirksam aufgehoben wurde.

Urteil des BGH vom 06.03.2014
VII ZR 266/13
NJW 2014, 1377
NZM 2014, 310



Versicherungsrecht


Kaskoversicherung: Leistungsfreiheit bei Unfallverursachung mit 2,07 Promille


Das Landgericht Dortmund hält eine Kaskoversicherung in der Regel für berechtigt, die Versicherungsleistung auf Null zu kürzen, wenn der Versicherte oder eine mitversicherte Person den Unfall im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit (hier mit 2,07 Promille) verschuldet hat. Der Versicherungsnehmer muss sich ein derartiges Fehlverhalten des berechtigten Fahrers (hier seiner Ehefrau) zurechnen lassen.

Urteil des LG Dortmund vom 27.02.2014
2 O 370/13
jurisPR-VersR 5/2014 Anm. 5


Kollision bei innerörtlichem Überholvorgang und Vorfahrtsverletzung


Für das Oberlandesgericht Hamm begründet der Umstand, dass ein innerörtlicher Überholvorgang nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit möglich ist, kein sogenanntes faktisches Überholverbot. Kommt es bei dem Überholvorgang zu einer Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, ist daher nicht zwingend von einem Mitverschulden des Überholenden auszugehen. Maßgeblich für die Haftungsverteilung ist in solchen Fällen vielmehr allein, ob sich der Unfall auch ohne Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit während des Überholvorgangs ereignet hätte.

In dem entschiedenen Fall kollidierte ein Motorradfahrer beim Überholen mit einem Pkw, dessen Fahrer von einem Parkplatz in die Straße eingebogen war, ohne auf vorfahrtsberechtigte Fahrzeuge zu achten. Bei der Einfahrt vom Parkplatz auf eine Straße ist gemäß § 10 StVO die Gefährdung anderer Teilnehmer des fließenden Verkehrs auszuschließen. Gegen dieses Gebot hatte der Autofahrer grob fahrlässig verstoßen. Da der Motorradfahrer den Unfall auch ohne kurzzeitige Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit nicht hätte vermeiden können, haftete der Autofahrer allein für die Unfallfolgen.

Urteil des OLG Hamm vom 04.02.2014
I-9 U 149/13
NJW-Spezial 2014, 267


Vollkaskoversicherung: Leistungskürzung bei Verkehrsunfall mit 1,07 Promille


Auch unterhalb einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,1 Promille für absolute Fahruntüchtigkeit ist von alkoholbedingter relativer Fahruntüchtigkeit und damit von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls auszugehen, wenn ein zum Unfall führender typischerweise durch Alkohol bedingter Fahrfehler festzustellen ist.

Dies nahm das Amtsgericht Dippoldiswalde bei einem Autofahrer an, der in der Zeit von 15.30 Uhr bis 19.15 Uhr drei bis vier Bier getrunken und direkt im Anschluss an das letzte Bier mit 1,07 Promille eine Fahrt angetreten hat. Das entweder infolge zu hoher Geschwindigkeit, mangelnder Reaktionsfähigkeit oder alkoholbedingt fehlerhafter Reaktionen bedingte Abkommen von der Fahrbahn sah das Gericht als eine typische Folge der Alkoholisierung des Fahrers an und kürzte seinen Anspruch gegenüber der Vollkaskoversicherung um 70 Prozent.

Urteil des AG Dippoldiswalde vom 18.09.2013
1 C 270/13
RuS 2014, 122


Arglistige Anzeigepflichtverletzung des Versicherten beim Abschluss einer Kranken- und Pflegeversicherung


Eine Versicherung ist nach der Rechtsprechung in der Regel nur dann zum Vertragsrücktritt wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherten berechtigt, wenn dieser vorher über die Folgen insbesondere bei falschen oder unvollständigen Angaben aufgeklärt wurde. Diese Probleme tauchen insbesondere beim Abschluss von Lebens-, Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen auf, wenn der Versicherte beim Abschluss Vorerkrankungen nicht angibt oder verharmlost.

Hierzu hat nun das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass die Versicherung bei Arglist des Versicherungsnehmers zum Rücktritt vom Vertrag auch dann berechtigt ist, wenn dieser über die möglichen Folgen einer Anzeigepflichtverletzung vorher nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Hat der Versicherte beim Abschluss des Versicherungsvertrages einen Versicherungsmakler eingeschaltet, hat er sich dessen arglistiges Verhalten (hier bewusste Nichtangabe von Vorerkrankungen) grundsätzlich zurechnen zu lassen.

Urteil des OLG Köln vom 19.07.2013
20 U 238/12
jurisPR-VersR 5/2014 Anm. 4


Nutzungsausfall: Verzögerung der Wiederbeschaffung wegen unmöglicher Vorfinanzierung


Ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalls mit Totalschaden finanziell nicht in der Lage, ohne vorherige Versicherungsleistung ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen und hat er die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers hierauf frühzeitig hingewiesen, steht ihm auch für die Zeit, in der sich die Wiederbeschaffung verzögert, weil die Versicherung trotz des Hinweises des Geschädigten den ihr zustehenden Prüfungszeitraum für ihre Regulierungsentscheidung ausschöpft, ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu.

Urteil des LG Saarbrücken vom 14.02.2014
13 S 189/13
jurisPR-VerkR 8/2014 Anm. 2



Arbeits- und Sozialrecht


Fortbeschäftigung einer Krankenschwester ohne Nachtschichten


Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, ist sie deshalb nicht als arbeitsunfähig krankzuschreiben. Der Krankenschwester steht in diesem Fall ein Anspruch auf Beschäftigung zu, allerdings ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden.

Urteil des BAG vom 09.04.2014
10 AZR 637/13
Pressemitteilung des BAG


Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei Untersuchungsanordnung


Die dienstliche Anordnung gegenüber einem Beamten sich einer (amts)ärztlichen Untersuchung zur Klärung seiner Dienstfähigkeit zu unterziehen, unterliegt (hier nach dem Niedersächsischen Beamtengesetz) nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht der Mitbestimmung des Personalrats.

Beschluss des OVG Lüneburg vom 30.01.2014
5 LA 207/13
NordÖR 2014, 198
jurisPR-ArbR 16/2014 Anm. 6


Zulässige Späteheklausel in betrieblicher Versorgungsordnung

Das Bundesarbeitsgericht hält es rechtlich für zulässig, wenn im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung geregelt ist, dass der Anspruch auf Witwenrente voraussetzt, dass die Ehe vor dem Ausscheiden des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde (Späteheklausel). Die Regelung soll in zulässiger Weise Leistungen für sogenannte Versorgungsehen einschränken.

Urteil des BAG vom 15.10.2013
3 AZR 653/11
jurisPR-ArbR 13/2014 Anm. 4


Pflegeleistungen für häusliche Pflege durch Familienangehörige verfassungsgemäß

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Regelung, wonach das staatliche Pflegegeld für die häusliche Pflege von Angehörigen geringer ist als die Leistungen, die ein privater Pflegedienst für seine Tätigkeit von der staatlichen Pflegeversicherung erhält, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Nach der sozialpolitischen Konzeption der Pflegeversicherung stellt das an Familienangehörige gezahlte Pflegegeld kein Entgelt dar, sondern lediglich eine materielle Anerkennung, die eine Förderung des familiären Zusammenhalts und der Fürsorge bezwecken soll. Das Gericht verneinte somit eine unzulässige Ungleichbehandlung.

Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26.03.2014
1 BvR 1133/12
ZAP EN-Nr 257/2014



Reiserecht

Kein Schadensersatz bei Sturz im Poolbereich eines Hotels

Stürzt ein Hotelgast im Bereich des Hotelswimmingpools infolge nässebedingter Glätte, hat sich lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das keinen Reisemangel darstellt. Dies gilt laut Oberlandesgericht Frankfurt am Main auch für Zugangswege und -treppen, die zum Poolbereich führen. Am Morgen muss der Hotelgast auch damit rechnen, dass Wege und Treppen in diesem Bereich mit laugenhaltigem Wasser gereinigt werden, wodurch sich die Rutschgefahr erhöhen kann.

Urteil des OLG Frankfurt vom 09.01.2014
16 U 43/13
JURIS online


Offenbleiben der Abflugzeiten ausnahmsweise zulässig

Eine Reisebestätigung muss u.a. Angaben zu Tag, voraussichtlicher Zeit und Ort der Abreise und Rückkehr enthalten. Ein Verstoß gegen diese Informationspflicht liegt dann nicht vor, wenn die Zeiten nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Reisebestätigung weder dem Reiseveranstalter noch der Fluggesellschaft bekannt sind. In diesem Fall sind Hinweise wie "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!" oder "Die aktuellen Flugzeiten entnehmen Sie Ihren Flugtickets!" ausreichend.

Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.11.2013
I-7 U 271/12
RRa 2014, 15



Verbraucherrecht und Sonstiges

Keine Bewährung nach 50 Jahren im Gefängnis

Die Entlassung von auch nach langjährigen Haftstrafen nach wie vor gefährlichen Straftätern beschäftigt regelmäßig die Medien. Mit einem angesichts des Alters des Straftäters ungewöhnlichen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Karlsruhe zu befassen. Es lehnte den Antrag eines 77-jährigen wegen zweifachen Mordes verurteilten Mannes ab, den Rest seiner Strafe zur Bewährung auszusetzen. Das Gericht gelangte aufgrund seines persönlichen Eindrucks von dem Straftäter und den Feststellungen eines psychiatrischen Sachverständigen zu der Auffassung, dass von dem trotz seines fortgeschrittenen Alters vitalen und agilen Verurteilten im Falle einer bedingten Entlassung aus der Strafhaft mit Wahrscheinlichkeit die Begehung schwerer Gewaltdelikte oder ähnlich schwerwiegender Straftaten zu erwarten ist.

Nach dessen Persönlichkeitsstruktur und dessen Einbindung in kriminelle Strukturen unter den Häftlingen waren trotz des hohen Alters erneut Gewaltexzesse wie schon bei den von ihm begangenen Morden zu befürchten. Eine vorgeschlagene probeweise Unterbringung in einer Alteneinrichtung mit entsprechender Beaufsichtigung lehnte der Mann ab. Er wird nun wohl den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen müssen.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 28.03.2014
1 Ws 12/13
Pressemitteilung des OLG Karlsruhe


Kollektivbeleidigung von Polizisten bei Fußballspiel ("ACAB")

Trägt ein Besucher eines Fußballspiels, bei dem eine größere Anzahl von Polizisten anwesend ist, eine Hose mit der deutlich lesbaren Aufschrift "ACAB" (Bedeutung: "All cops are bastards"), stellt dies laut Oberlandesgericht München eine strafbare Kollektivbeleidigung der anwesenden Polizeibeamten dar. Die Richter verhängten gegen den Mann eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 Euro. Berufung und Revision gegen das Urteil blieben erfolglos.

Beschluss des OLG München vom 18.12.2013
4 OLG 13 Ss 571/13
StRR 2014, 43
NJW-Spezial 2014, 90


Tierhalterhaftung schützt auch Mitarbeiter von Tierpensionen

Wird ein Mensch durch ein Tier, gleichgültig ob gezähmt oder wild, verletzt oder gar getötet oder beschädigt das Tier eine Sache, so tritt die Schadensersatzpflicht des Tierhalters nach § 833 Abs. 1 Satz 1 BGB unabhängig davon ein, ob ihn ein Verschulden an dem Vorfall trifft.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Tierhalterhaftung auch dann eingreift, wenn der Geschädigte einen Hund für mehrere Tage in seiner Hundepension aufgenommen und für diese Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernommen hat. Die Gewerbsmäßigkeit seiner Tätigkeit macht den Geschädigten nicht weniger schutzwürdig als andere Personen. Ist dem Geschädigten bei dem Unfall - hier Hundebiss - ein eigenes Fehlverhalten vorzuwerfen, vermindert sich sein Schadensersatzanspruch dementsprechend.

Urteil des BGH vom 25.03.2014
VI ZR 372/13
jurisPR-BGHZivilR 9/2014 Anm. 3
VersR 2014, 640


Keine Rundfunkgebührenbefreiung trotz mehrmonatigen Auslandsaufenthalts


Das Verwaltungsgericht Bremen hält den seit dem 1. Januar 2013 geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag für verfassungsgemäß, soweit die Beitragspflicht alleine an den Besitz einer Wohnung anknüpft und für Wohnungsinhaber, die ein Radio und Fernsehgerät besitzen, keine Abmeldemöglichkeit auch für mehrmonatige Auslandsaufenthalte im Ausland mehr besteht, selbst wenn sie die Geräte während ihrer Abwesenheit aus der Wohnung (einschl. Keller, Dachgeschoss, etc.) entfernen.

Urteil des VG Bremen vom 20.12.2013
2 K 570/13
RdW Heft 4/2014, Seite III


Außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags bei Sportunfähigkeit


Ein Vertrag mit einem Fitnessstudio kann vorzeitig gekündigt werden, wenn der Kunde wegen einer langfristigen Sportunfähigkeit keinen Sport an Fitnessgeräten mehr ausüben kann. Dieses Kündigungsrecht kann auch nicht wirksam in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers ausgeschlossen werden.

In dem vom Amtsgericht München entschiedenen Fall hatte eine Münchnerin nach Abschluss eines 24-monatigen Fitnessstudiovertrags durch einen Fahrradsturz eine schmerzhafte Schulterverletzung erlitten. Nachdem die Schulter vier Monate völlig ruhiggestellt werden musste, stellte sich heraus, dass eine Belastung durch Sportgeräte auf absehbare Zeit nicht mehr möglich ist. Daraufhin erklärte die Frau unter Vorlage mehrerer ärztlicher Atteste die vorzeitige Kündigung des Vertrags.

Das Gericht hielt die Kündigung unter den gegebenen Umständen für gerechtfertigt. Die Kundin musste sich auch nicht auf die Benutzung einiger weniger Geräte für die Beinmuskulatur und die Wellnessangebote des Studios verweisen lassen, da ein Fitnessstudiovertrag in der Regel geschlossen wird, um sich körperlich zu ertüchtigen und die gesamte Muskulatur und die Fitness zu trainieren. Bei den Wellnessangeboten handelt es sich um Nebenleistungen des Studios, die vom Mitglied in der Regel nach dem Sport genutzt werden, und für den Abschluss des Vertrags nicht ausschlaggebend sind. Der Betreiber hatte daher nach der Kündigung keine Ansprüche auf Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge.

Urteil des AG München vom 12.06.2013
113 C 27180/11
Justiz Bayern online


Keine Bezahlung von Schwarzarbeit


Ein Privatmann beauftragte einen Elektriker mit der Ausführung von umfangreichen Installationsarbeiten. Vereinbart wurden ein Werklohn von 13.800 Euro einschließlich Umsatzsteuer sowie eine weitere Barzahlung von 5.000 Euro, für die keine Rechnung gestellt werden sollte. Der Handwerker führte die Arbeiten ordnungsgemäß aus. Hierauf leistete der Auftraggeber lediglich eine Abschlagszahlung von 2.300 Euro. Zu weiteren Zahlungen war er nicht bereit. Die darauffolgende Klage des Unternehmers auf vollständige Zahlung blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Dies wurde vom Bundesgerichtshof damit begründet, dass beide Vertragsparteien bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) verstoßen haben, indem sie vereinbarten, dass für die über den schriftlich vereinbarten Werklohn hinaus zugesagte Barzahlung von 5.000 Euro keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Der gesamte Werkvertrag war damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, sodass ein vertraglicher Werklohnanspruch nicht gegeben war.

Der Handwerker konnte seinen Vergütungsanspruch auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wertersatzes wegen unberechtigter Bereicherung seines Vertragspartners durchsetzen. Ein derartiger Anspruch ist gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Unternehmer mit seiner Leistung selbst gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dies war hier zweifellos der Fall.

Urteil des BGH vom 10.04.2014
VII ZR 241/13
Pressemitteilung des BGH



Bank- und Anlegerrecht

Erneuter Beratungsvertrag bei "Nachfrage" des Kapitalanlegers (Halteempfehlung)

Sobald die jeweilige Anlageberatung abgeschlossen ist, enden grundsätzlich auch die Pflichten des Beraters aus dem Beratungsvertrag. Jedoch kann ein neuer Beratungsvertrag dadurch abgeschlossen werden, dass sich ein Anleger nach getroffener Anlageentscheidung bei seiner Bank nach dieser Anlage erkundigt und fragt, wie er sich weiter verhalten soll. Gibt der Berater sodann eine unzutreffende Halteempfehlung ab (hier hinsichtlich der später völlig wertlos gewordenen Lehmann-Zertifikate), kann der Kunde Schadensersatz verlangen. Die Beweislast für eine aus damaliger Sicht zutreffende Empfehlung trägt der Anlageberater.

In derartigen Fällen kann der Kunde allerdings keine vollständige Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags verlangen. Vielmehr kann er lediglich den Differenzschaden aus der Halteempfehlung insoweit geltend machen, dass bei einer vorzeitigen Veräußerung der Finanzanlage ein (erheblich) geringerer Schaden entstanden wäre.

Urteil des BGH vom 15.10.2013
XI ZR 51/11
jurisPR-BKR 4/2014 Anm. 2


Fehlerhafte Anlageberatung durch Versicherungsmakler


Zwischen einem Kapitalanleger und einem Versicherungsmakler kommt bereits dann ein Beratungsvertrag zustande, wenn der Makler dem Interessenten einen Flyer zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung übersendet und ihm anbietet, ihn bei Fragen zu dem Produkt zu beraten und der Anleger von diesem Angebot auch Gebrauch macht. Wird bei diesem telefonischen Kontakt die Konzeption des Anlageprodukts und die im Prospekt enthaltene Modellrechnung erörtert, ist der Versicherungsmakler verpflichtet, den Interessenten anlage- und anlegergerecht zu beraten. Verstößt er gegen diese Verpflichtung u.a. deshalb, weil er verschweigt, dass von einem eventuell eintretenden Wertzuwachs vorab die Garantiegebühr in Höhe von 19,27 Prozent des eingezahlten Kapitals abgezogen wird, haftet er dem Versicherungskunden auf Ersatz des gesamten Schadens, den dieser durch den späteren Vertragsrücktritt erleidet.

Urteil des OLG Frankfurt vom 04.09.2013
7 U 185/11
jurisPR-VersR 5/2014 Anm. 2



Steuerrecht

Außergewöhnliche Belastungen: Kosten für krankheitsbedingte Unterbringung in Wohnstift


Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenwohnstift sind als "zwangsläufig" anzusehen und können daher als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden.

Urteil des BFH vom 14.11.2013
VI R 20/12
DStR 2014, 738


Verfahrenskosten für Nachbarklage als außergewöhnliche Belastung

Ein Ehepaar erhob gegen die ihrem Nachbarn erteilte Baugenehmigung Klage vor dem Verwaltungsgericht und obsiegte auch in der ersten Instanz. Im Berufungsverfahren unterlagen die Eheleute jedoch und wurden für beide Instanzen mit Gerichtskosten und Anwaltsgebühren von insgesamt rund 17.500 Euro belastet. Die Verfahrenskosten wollten sie als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen.

Nachdem das Finanzamt die Anerkennung verweigert hatte, gab das Finanzgericht den Eheleuten Recht. Verfahrenskosten, die in Zusammenhang mit einem in letzter Instanz verlorenen Verwaltungsgerichtsprozess wegen einer genehmigten Grenzbebauung entstehen, sind als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG abzugsfähig, soweit die Erhebung der Nachbarklage nicht mutwillig gewesen ist. Gegen eine mutwillige Rechtsverfolgung sprach hier bereits, dass die erste Instanz von den Klägern gewonnen wurde.

Urteil des FG Münster vom 27.11.2013
11 K 2519/12 E
RdW Heft 4/2014, Seite IV
EFG 2014, 357
BB 2014, 537


Kein Teilabzug privater Gebäudekosten durch auf privatem Gebäude installierte Solaranlage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass sich die Kosten eines privaten, nicht zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes auch nicht anteilig steuerlich abziehen lassen, wenn auf dem Dach eine Solaranlage betrieben wird.

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte der Eigentümer zweier Hallen die Einspeisevergütungen als gewerbliche Einkünfte erfasst. Die Hallen hatte er zu einem geringen Mietzins seiner Ehefrau überlassen, die darin u.a. eine Pferdepension betrieb. Das Finanzamt erkannte die Vermietung der beiden Hallen mangels Überschusserzielungsabsicht nicht an und lehnte es ab, die Hallenkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder (anteilig) als Betriebsausgaben bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage zu berücksichtigen.

Urteil des BFH vom 17.10.2013
III R 27/12
DStR 2014, 576
DB 2014, 688


Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen (Treppenlift)


Ein steuerpflichtiges Ehepaar ließ wegen der Gehbehinderung des Ehemanns einen Treppenlift in sein selbst genutztes Einfamilienhaus einbauen. Die hierfür entstandenen Aufwendungen von ca. 18.000 Euro machte es in seiner Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt und das erstinstanzliche Finanzgericht lehnten die Anerkennung mit der Begründung ab, die Eheleute hätten zuvor ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einholen müssen.

Der Bundesfinanzhof legt beim Nachweis der Zwangsläufigkeit und damit der medizinischen Notwendigkeit derartiger Krankheitskosten nunmehr weniger strenge Maßstäbe an. Die Voraussetzungen für die Anerkennung derartiger Hilfsmittel müssen nicht - wie von der Finanzbehörde und der Vorinstanz verlangt - formalisiert nachgewiesen werden. Die erforderlichen Feststellungen zur medizinischen Notwendigkeit für die Maßnahme sind vom Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen, beispielsweise durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Diese Prüfung hat nunmehr die Vorinstanz nachzuholen.

Urteil des BFH vom 06.02.2014
VI R 61/12
DStR 2014, 740


Mai 2014


Verkehrsrecht


Gebrauchtwagenkauf: Verkehrsunsicherer Pkw trotz vorheriger TÜV-Abnahme

Der Käufer eines 13 Jahre alten gebrauchten Pkws ließ, nachdem bereits bei der ersten Fahrt der Motor mehrmals ausging, den Wagen von einem Fachmann untersuchen. Dieser stellte fest, dass das Fahrzeug wegen übermäßig starker Korrosion an den Bremsleitungen, den Kraftstoffleitungen und am Unterboden nicht verkehrssicher war. Der Käufer verlangte von dem Gebrauchtwagenhändler die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pkws. Der Händler berief sich darauf, dass das Fahrzeug am Verkaufstag erfolgreich die Hauptuntersuchung durchlaufen hatte.

Demgegenüber stellte im darauffolgenden Prozess ein Sachverständiger fest, dass die TÜV-Plakette wegen der gravierenden Mängel nicht hätte erteilt werden dürfen. Das Oberlandesgericht Oldenburg vertrat die Auffassung, dass sich der Händler den Fehler des TÜV zurechnen lassen musste. Er wäre verpflichtet gewesen, den Wagen selbst eingehend zu untersuchen und den Käufer auf die Mängel hinzuweisen. Im Ergebnis musste er das Fahrzeug zurücknehmen und seinem Kunden den vollen Kaufpreis zurückerstatten.

Urteil des OLG Oldenburg vom 28.02.2014
11 U 86/13
Pressemitteilung des OLG Oldenburg


Ausnahmsweises Absehen von einem Fahrverbot bei Teilnahme an einem Aufbauseminar


Das Gericht kann auch bei einem Verkehrsverstoß, der an sich die Anordnung eines Fahrverbotes nach sich zieht, bei gleichzeitiger Anhebung des Bußgeldes ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes absehen, wenn der betroffene Autofahrer zwischenzeitlich an einem Aufbauseminar für Kraftfahrer teilgenommen hat und er aufgrund deutschlandweiter beruflicher Tätigkeit dringend auf seinen Führerschein angewiesen ist.

Mitentscheidend für das Amtsgericht Traunstein war zudem, dass gegen den Verkehrssünder laut Auszug aus dem Verkehrszentralregister in der Vergangenheit noch keine erhöhte Geldbuße verhängt worden war. Die begangene Geschwindigkeitsüberschreitung und Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes wurde schließlich "nur" mit einer erheblichen Geldbuße von 960 Euro geahndet.

Urteil des AG Traunstein vom 14.11.2013
520 OWi 360 JS 20361/13
DAR 2014, 102
Verkehrsrecht aktuell 2014, 33


Betriebsgefahr: Fahrzeugbrand in Tiefgarage

Den Halter eines Kraftfahrzeugs kann unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr auch dann eine Mithaftung an einem Unfall treffen, wenn ihm selbst kein Verschulden vorzuwerfen ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr ist maßgeblich, dass das Schadensereignis in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang ("bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs") oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht. Der Bundesgerichtshof legt diese Voraussetzungen in einer aktuellen Entscheidung äußerst weit aus.

Die Karlsruher Richter verurteilten den Halter eines Pkws unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Betriebsgefahr zum Schadensersatz, nachdem sein Pkw in der Tiefgarage des von ihm mitbewohnten Mehrfamilienhauses infolge einer Selbstentzündung in Brand geraten war und dadurch ein daneben abgestelltes Fahrzeug beschädigt wurde. Dem stand auch nicht entgegen, dass das Fahrzeug bereits ca. 30 Stunden vorher dort abgestellt worden war und der Brand somit nicht mit einer durchgeführten Fahrt (z.B. wegen Überhitzung des Motors) in Verbindung stand. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr reicht es vielmehr auch aus, dass der Unfall bzw. das Schadensereignis mit bestimmten Betriebseinrichtungen des Kraftfahrzeugs in Zusammenhang steht.

Urteil des BGH vom 21.01.2014
VI ZR 253/13
VersR 2014, 396
MDR 2014, 339


Getrieberuckeln bei Automatik-Porsche

Insbesondere die Hersteller von Premiumfahrzeugen sind mittlerweile in der Lage, das ruckfreie Schalten von Automatikgetrieben zu gewährleisten. Dies ist offenbar bei Sportwagen anders, wie ein vom Oberlandesgericht Hamm entschiedener Fall zeigt. Der Käufer eines Porsche 981 Boxter S beanstandete ein spürbares Schalten und Bremsen des Automatikgetriebes und wollte, nachdem keine Nachbesserung möglich war, vom Kaufvertrag zurücktreten.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige sah in dem Schaltverhalten des Fahrzeugs keinen Mangel. Das gerügte Ruckeln beruhte auf technisch nicht zu beanstandenden, typischen Besonderheiten eines Porsche Boxter S. Eine herstellerseitig gezielt programmierte sog. Segelfunktion dient der Kraftstoffersparnis, indem die Getriebesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen Motor und Getriebe trennt. Das als ruckhaft monierte Schaltverhalten beruht darauf, dass das automatische Getriebe des Sportwagens beim Bremsen zurückschaltet und zwischen den Gangstufen selbstständig Zwischengas gibt. Da auch dem Prospektmaterial zu entnehmen war, dass das Fahrzeug "straffe und unmittelbare" Schaltvorgänge zeigt, lehnte das Gericht die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab.

Urteil des OLG Hamm vom 18.03.2014
28 U 162/13
JURIS online


Während Fahrt gemachte Videoaufnahmen im Schadensersatzprozess verwertbar

Die Videoaufzeichnung von Fahrten durch Rad- oder Autofahrer findet angesichts der mittlerweile erschwinglichen Technik zunehmend Verbreitung. Derartige Kameras werden nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt beworben, im Falle eines Verkehrsunfalls zusätzliches Beweismaterial zur Verfügung zu haben. Dabei stellen sich nicht nur Fragen nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit, sondern auch der Verwertbarkeit der Aufnahmen in einem Zivilprozess.

Das Amtsgericht München äußerte keine rechtlichen Bedenken gegen die Verwertbarkeit der von einem Radfahrer mittels Helmkamera gemachten Aufzeichnungen eines von ihm mitverursachten Verkehrsunfalls im darauffolgenden Schadensersatzprozess. Dies wurde damit begründet, dass in der Rechtsprechung das Interesse des Geschädigten eines Verkehrsunfalles anerkannt ist, Beweise zu sichern und Foto- oder Videoaufnahmen unmittelbar nach dem Unfall zu fertigen und zu speichern. Es kann keinen Unterschied machen, wenn diese Aufzeichnungen bereits vor dem Unfall gemacht wurden.

Urteil des AG München vom 06.06.2013
343 C 4445/13
JurPC Web-Dok. 52/2014
NJW-RR 2014, 413


Beschädigung eines Kontrabasses während einer Busfahrt

Eine Orchestermusikerin und ein Busunternehmer stritten über die Haftung für die Beschädigung eines Kontrabasses bei einer Busfahrt. Der Busunternehmer bestritt, dass der Schaden während der Fahrt entstanden war. Hiergegen sprach jedoch - so das mit der Sache befasste Saarländische Oberlandesgericht - die allgemeine Lebenserfahrung und damit ein Anscheinsbeweis, wenn das empfindliche Musikinstrument gemeinsam mit anderen Gepäckstücken, darunter ein in einer schweren Holzkiste verstautes Schlagzeug, im Gepäckraum des Busses geladen wird, ohne dass die Gegenstände gegen Erschütterungen während der Fahrt fixiert oder sonst vor einem Aufeinanderprallen geschützt werden.

Urteil des Saarländischen OLG vom 13.03.2013
5 U 342/12
VersR 2014, 73


Geschwindigkeitsüberschreitung: Feststellung eines Augenblicksversagens


Die Anordnung eines Fahrverbots setzt eine grobe Verletzung der Pflichten eines Autofahrers voraus. In Fällen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung ist grundsätzlich von einer groben Pflichtverletzung auszugehen. Eine Ausnahme besteht bei einem sogenannten Augenblicksversagen, wenn der Autofahrer sein verkehrswidriges Verhalten durch besondere Umstände (Übersehen des Verkehrsschildes, Blendung etc.) entschuldigen kann.

Macht ein Autofahrer geltend, das die Geschwindigkeitsbeschränkung anordnende Schild nicht gesehen zu haben, kann dies vom Gericht in den Urteilsgründen nicht allein mit dem Hinweis, dass sich dem Autofahrer aufgrund der starken Fahrbahnschäden die Geschwindigkeitsbegrenzung hätte aufdrängen müssen, widerlegt werden. Denn nicht sämtliche Straßen, deren Fahrbahnen Schäden aufweisen, werden sofort mit geschwindigkeitsbegrenzenden Schildern versehen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hob daher die Verurteilung des Autofahrers zu einer Geldbuße von 240 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück. Dieses hat das Vorliegen des behaupteten Augenblicksversagens nochmals genau zu prüfen.

Beschluss des OLG Oldenburg vom 26.09.2013
DAR 2014, 99
Verkehrsrecht aktuell 2014, 48


Rechtfertigung eines Geschwindigkeitsverstoßes wegen "notstandsähnlicher Situation"

Die Anordnung eines Fahrverbots setzt eine grobe Verletzung der Pflichten eines Autofahrers voraus. In Fällen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung ist grundsätzlich von einer groben Pflichtverletzung auszugehen. Eine Ausnahme besteht bei einem sogenannten Augenblicksversagen oder wenn der Autofahrer sein verkehrswidriges Verhalten durch andere besondere Umstände entschuldigen kann.

Das Amtsgericht Lüdinghausen lehnte es ab, die Entschuldigung eines Autofahrers, der außerhalb einer geschlossenen Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 58 km/h überschritten hatte, er habe wegen starken Stuhldrangs schnellstens eine geeignete Stelle zum Anhalten anfahren wollen, anzuerkennen. Wer Darmprobleme wahrnimmt, muss überlegen, ob er überhaupt ein Fahrzeug führen kann. Wenn er die Fahrt gleichwohl antritt, muss er durch rechtzeitige Unterbrechung, einen geeigneten Umweg oder rechtzeitige Beendigung der Fahrt sicherstellen, dass er seinem plötzlichen Stuhldrang nachgehen kann.

Urteil des AG Lüdinghausen vom 17.02.2014
19 OWi-89 Js 155/14-21/14
DAR 2014, 217



Miet-, Immobilien- und WEG-Recht


Wohnungseingangstüren sind gemeinschaftliches Eigentum

Wohnungseingangstüren stehen zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum und sind daher nicht als Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers anzusehen. Sie bilden die Abgrenzung zum Gemeinschaftseigentum, also zum Treppenhaus oder - wie hier - zu einem Laubengang, von dem aus die einzelnen Wohnungen erreichbar sind. Die Eigentümer können daher mehrheitlich über die (einheitliche) Gestaltung der Wohnungseingangstüren entscheiden.

Urteil des BGH vom 25.10.2013
V ZR 212/12
MDR 2014, 18
ZMR 2014, 223


Verwaltungsgericht untersagt kurzzeitige Vermietungen von Wohnungen an Touristen


Insbesondere in Großstädten wie in Berlin haben Wohnungseigentümer entdeckt, dass sich mit kurzzeitigen Vermietungen an Touristen eine höhere Rendite erzielen lässt als mit einer festen Vermietung. Nun hat das Verwaltungsgericht Berlin im Eilverfahren entschieden, dass die nach einer bauaufsichtlichen Kontrolle festgestellte Nutzung mehrerer Wohnungen in einem Mietshaus als Ferienwohnungen in einem allgemeinen Wohngebiet gegen das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Bei dieser Nutzung handelt es sich planungsrechtlich nicht mehr um Wohnen, sondern um eine gewerbliche Nutzung, die im allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig ist.

Beschluss des VG Berlin vom 21.02.2014
VG 13 L 274. 13
Pressemitteilung des VG Berlin


Mietminderung und Beweislast bei Schimmelpilzbildung in Mietwohnung


Treten in Wohn- und Schlafzimmer sowie in der Küche einer Mietwohnung Feuchtigkeit und Schimmel auf, rechtfertigt dies eine Minderung der Miete in Höhe von 20 Prozent. Behauptet der Vermieter, die Schimmelpilzbildung sei nicht auf die mangelhafte Bausubstanz zurückzuführen, muss er dies im Prozess beweisen. Erst wenn der Vermieter diesen Beweis geführt hat, trifft den Mieter die Nachweispflicht, dass der Schimmel nicht durch ein falsches Lüftungs- und Heizverhalten entstanden ist.

Urteil des AG Osnabrück vom 10.10.2013
48 C 31/12 (5)
WuM 2014, 137


Stimmabgabe des bevollmächtigten Verwalters nur mit Originalvollmacht


Ist in einer Wohnungseigentümerversammlung der versammlungsleitende Verwalter durch den Mehrheitseigentümer zur Stimmabgabe berechtigt, können die anderen Wohnungseigentümer die Vorlage einer Originalvollmacht verlangen. Ist der Verwalter hierzu nicht in der Lage, können die anwesenden Miteigentümer die Stimmabgabe zurückweisen. Trotzdem gefasste Beschlüsse sind dann in jedem Fall unwirksam. Die Wohnungseigentümer müssen sich auch nicht mit der Vorlage einer Vollmachtskopie begnügen und können in diesem Fall erklären, dass eine Überprüfung der wirksamen Bevollmächtigung mangels Vorlage des Originals nicht möglich ist.

Beschluss des LG Landau (Pfalz) vom 24.06.2013
3 S 177/12
jurisPR-MietR 6/2014 Anm. 5
ZWE 2014, 136


Beginn der Verjährung von Ersatzansprüchen des Vermieters

Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Gerade wegen dieser kurzen Verjährungsfrist des § 548 BGB kommt es insbesondere dann oftmals zu Streitigkeiten über den Eintritt der Verjährung, wenn die Wohnungsschlüssel nicht direkt an den Vermieter zurückgegeben werden.

Werden die Schlüssel an den Hauswart oder Verwalter zurückgegeben, beginnt die Verjährungsfrist nur dann bereits zu diesem Zeitpunkt zu laufen, wenn diese Person nicht nur als "Sachwalter", sondern auch als "Wissensvertreter" des Vermieters eingesetzt worden ist. Dies ist nicht ohne Weiteres der Fall. Eine Zurechnung kann nur dann erfolgen, wenn ein Hausverwalter oder ein Hausmeister konkret damit beauftragt worden ist, die Wohnungsschlüssel zum Zwecke der Übergabe der Wohnung entgegenzunehmen. Ansonsten erhält der Vermieter zwar die tatsächliche Sachherrschaft an der Wohnung zurück, ist jedoch mangels Kenntnis hiervon nicht in der Lage, sich ein umfassendes Bild von der Wohnung zu machen und diese nach Mängeln zu überprüfen.

Hinweis: Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte daher bereits im Mietvertrag die Befugnis der Entgegennahme von Schlüsseln zum Zwecke der Übergabe geregelt werden.

Urteil des BGH vom 23.10.2013
VIII ZR 402/12
NZM 2014, 128
NJW 2014, 684


Dauerwohnrecht auf Lebenszeit zulässig

Wohnungseigentum kann nach § 31 Abs. 1 WEG in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, unter Ausschluss des Eigentümers eine bestimmte Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude zu bewohnen oder in anderer Weise zu nutzen (Dauerwohnrecht). Das Dauerwohnrecht kann auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, sofern die Wohnung wirtschaftlich die Hauptsache bleibt.

Das Oberlandesgericht Celle stellt hierzu klar, dass ein solches Dauerwohnrecht wirksam auch auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt werden kann. Die Begrenzung eines Rechtes auf die Lebensdauer einer Person stellt keine - unzulässige - Bedingung, sondern lediglich eine Zeitbestimmung dar, die rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Beschluss des OLG Celle vom 20.03.2014
4 W 51/14
JURIS online


Unzulässige Feststellungsklage bei geringfügiger Asbestbelastung einer Mietwohnung


Die Mieter einer Wohnung stellten bei einer Reparatur der Wohnung zufällig fest, dass die unter dem Teppichboden verlegten Bodenplatten Asbestbestandteile enthielten. Sie befürchteten, dass insbesondere ihre Kinder durch die jahrelange Einwirkung des gefährlichen Baustoffs einem besonderen Krebsrisiko ausgesetzt sind. Sie erhoben daher im Namen ihrer Kinder Klage vor dem zuständigen Amtsgericht mit dem Ziel festzustellen, dass ihnen der Vermieter alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen muss, die ihnen durch den Asbestkontakt in den Mieträumen bereits entstanden sind und/oder als Spätfolgen noch entstehen werden.

In dem Prozess stellte ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger fest, dass das Risiko der Kinder, durch die Schadstoffbelastung an einem Tumor zu erkranken, zwar minimal über dem allgemeinen Lebensrisiko liege, aber doch als "sehr, sehr gering" anzusehen sei. Wegen dieses nur geringfügigen Gesundheitsrisikos bestand nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kein berechtigtes Interesse daran, eine Ersatzpflicht des Vermieters für eventuelle Gesundheitsschäden der - übrigens mittlerweile aus der Wohnung ausgezogenen - Mieter feststellen zu lassen. Die Klage wurde in letzter Instanz abgewiesen.

Urteil des BGH vom 02.04.2014
VIII ZR 19/13
BGH online


Verpflichtung des ehemaligen Grundstückseigentümers zur Hangsicherung

Nachdem es im oberen Bereich eines privaten Hanggrundrundstücks zu massiven Erdrutschen gekommen war, bei denen mehr als 100 Kubikmeter durchweichtes Erdreich sowie Schlamm abrutschten und sich auf den unterhalb gelegenen Teil des Grundstücks ergossen, verlangte die zuständige Struktur- und Genehmigungsdirektion vom Eigentümer zur Verhinderung einer erneuten Hangrutschung verschiedene Maßnahmen, u.a. den Einbau einer rückverankerten Spritzbetonwand, und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an.

Insbesondere angesichts des Grundstückswertes des Wohnhauses und der im Falle eines Hangrutsches drohenden Folgeschäden hielt das Verwaltungsgericht Koblenz die Maßnahme trotz des erheblichen finanziellen Aufwands für angemessen und bestätigte die behördliche Entscheidung. Der Eigentümer konnte sich der Anordnung auch nicht dadurch entziehen, dass er das Grundstück inzwischen verkauft hatte. Er war trotz der Eigentumsaufgabe weiterhin verpflichtet, als Zustandsverantwortlicher tätig zu werden.

Urteil des VG Koblenz vom 17.03.2014
4 L 200/14.KO
Pressemitteilung des VG Koblenz


Ermächtigung eines Wohnungskäufers zur Mieterhöhung vor Grundbucheintragung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Käufer einer vermieteten Wohnung vom Verkäufer im notariellen Kaufvertrag ermächtigt werden kann, bereits vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und des damit verbundenen Eintritts des Käufers in die Vermieterstellung gemäß § 566 BGB im eigenen Namen Rechtshandlungen gegenüber dem Mieter vorzunehmen, ohne dass es einer Offenlegung der Ermächtigung bedarf. Der Erwerber der Wohnung ist danach bereits ab dem "Eintrittsstichtag", an dem ihm die Wohnung mit "wirtschaftlicher Wirkung" übergeben wurde, zum wirksamen Ausspruch einer Mieterhöhung berechtigt.

Urteil des BGH vom 19.03.2014
VIII ZR 203/13
JURIS online



Familien- und Erbrecht

Kein Beweis für ein Testament bei bloßen mündlichen Äußerungen des Erblassers

Häufig werden privatschriftliche, nicht in amtsgerichtliche Verwahrung gegebene Testamente nach dem Erbfall nicht aufgefunden. Dann tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Ein Erbe kann unter Umständen sein Erbrecht aber auch durch andere Beweismittel nachweisen. Dies erweist sich in der Praxis jedoch als äußerst schwierig und demzufolge als sehr selten.

So kann nach Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf ein angeblicher Erbe sein Erbrecht nicht allein dadurch beweisen, dass ein Zeuge bestätigt, der Erblasser habe mehrfach und bis zu seinem Tod auf Familienfeiern und ähnlichen Anlässen erklärt, er habe ein handschriftliches Testament mit dem besagten Inhalt aufgesetzt und bewahre es bei sich zu Hause auf.

Denn selbst wenn sich die behauptete Äußerung des Erblassers bestätigen sollte, gäbe sie keinen verlässlichen Aufschluss darüber, ob er tatsächlich ein solches Testament mit diesem Inhalt errichtet hat. Angaben der Erblasser über angebliche Testamente entsprechen erfahrungsgemäß oft nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Haben weder der angebliche Erbe noch der Zeuge das Testament gesehen, kann zudem nicht unterstellt werden, dass dieses auch formgerecht abgefasst worden ist.

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 16.08.2013
I-3 Wx 134/13
NJW-RR 2013, 1420
Rpfleger 2014, 84


Aufstockungsunterhalt bei Teilzeittätigkeit der Mutter trotz Ganztagsbetreuung


Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf muss die unterhaltsbedürftige Mutter eines fünfjährigen Sohnes auch dann nicht in Vollzeit arbeiten, wenn das Kind bis 17 Uhr betreut wird. Dies wird damit begründet, dass einer Mutter neben den Betreuungsaufgaben und Erziehungsleistungen ein angemessener Spielraum für Haushaltsarbeiten, Einkäufe, Arztbesuche und Behördengänge einzuräumen ist, damit sie sich nach Beendigung der Ganztagsbetreuung uneingeschränkt um das Kind kümmern kann. Der wöchentlich 25 Stunden arbeitenden Mutter wurde daher der beantragte Aufstockungsunterhalt zugebilligt.

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 17.12.2013
II-1 UF 180/13
NJW 2014, 948
NJW-Spezial 2014, 133


Geldabhebung vom Gemeinschaftskonto nach Trennung


Ehegatten, die ein gemeinsames Girokonto unterhalten, sind im Zeitpunkt der Trennung an dem jeweiligen Stand des Kontos im Zweifel zu gleichen Teilen berechtigt. Ein Guthaben ist also bei Scheitern der Ehe grundsätzlich hälftig zu teilen. Der Grundsatz der Halbteilung kommt nur dann nicht zum Zuge, wenn etwas anderes vereinbart ist. Entnimmt ein Ehegatte nach der endgültigen Trennung mehr als die Hälfte des Guthabens, hat der andere daher in der Regel einen Ausgleichsanspruch. Ein solcher Anspruch besteht nur dann nicht, wenn der Abhebende zur Kontoverfügung berechtigt war.

In diesem Zusammenhang hat das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen entschieden, dass der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte zur Abhebung des Guthabens auf einem Gemeinschaftskonto zum Zwecke der Anschaffung von Haushaltsgegenständen für seine neue Wohnung im Verhältnis zum anderen im Zweifel nicht befugt ist.

Beschluss des Hanseatischen OLG Bremen vom 03.03.2014
4 UF 181/13
JURIS online


Kein Kontrollbetreuer bei mehreren Angehörigen als Bevollmächtigte


Bestehen Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit eines durch Vorsorgevollmacht bestellten Bevollmächtigten, kann das Betreuungsgericht einen sogenannten Kontrollbetreuer einsetzen, der den Bevollmächtigten insbesondere bei der Vermögensverwaltung überwacht. Für die Bestellung eines Kontrollbetreuers besteht für das Landgericht Oldenburg jedoch dann kein Bedarf, wenn der Betroffene seinen beiden Kindern für den Fall, dass er nicht mehr in der Lage sein sollte, für sich selbst zu sorgen, eine uneingeschränkte Vollmacht mit jeweiligem Alleinvertretungsrecht eingeräumt hat. In diesem Fall können sich die beiden Bevollmächtigten in allen Belangen des Vaters gegenseitig kontrollieren.

Beschluss des LG Oldenburg vom 21.06.2013
8 T 340/13
FamRZ 2013, 1605


Kein Unterhalt bei unberechtigten Missbrauchsvorwürfen

Eine Ehefrau versäumte nach der Scheidung insbesondere bei den nachfolgenden familiengerichtlichen Verfahren keine Gelegenheit, ihrem Ex-Ehemann den sexuellen Missbrauch der gemeinsamen Tochter vorzuwerfen und ihn öffentlich als "Kinderschänder" zu bezeichnen. Die Vorwürfe ließen sich jedoch nicht beweisen.

Daraufhin entschied das Oberlandesgericht Hamm auf Antrag des zu Unrecht beschuldigten Ehemanns, dass langjährig wiederholt zu Unrecht erhobene Missbrauchsvorwürfe die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten begründen können. Derartig schwerwiegende Vorwürfe, die geeignet sind, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig in seinem Ansehen zu schädigen und zur Zerstörung seiner familiären, sozialen und wirtschaftlichen Existenz führen können, rechtfertigen es, dem geschiedenen Ehegatten weitere Unterhaltsansprüche zu verwehren.

Urteil des OLG Hamm vom 03.12.2013
2 UF 105/13
MDR 2014, 350
NZFam 2014, 223


Zuweisung der Ehewohnung bei angespannter Familiensituation

Das Familiengericht kann einem Ehepartner auf Antrag die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen, soweit dies notwendig ist, eine schwere Härte zu vermeiden. Dies regelt § 1361b Absatz 1 Satz 1 BGB. Voraussetzung für die Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehepartner ist eine unbillige Härte, welche neben den Fällen angedrohter oder ausgeübter Gewalt auch solche außergewöhnlichen Umstände umfasst, die den Verbleib anderen Ehepartners in der Wohnung für den antragstellenden Ehegatten zu einer unerträglichen Belastung werden lassen.

Ist ein erträgliches Zusammenleben der Familie unter einem Dach nicht mehr möglich, hat das Interesse der Kinder - auch der nicht gemeinschaftlichen Stiefkinder - an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation Vorrang vor den Interessen des Miteigentümers am Verbleib in der Ehewohnung. Denn gesundheitliche oder seelische Störungen bei Kindern können - so das Oberlandesgericht Hamm - nicht nur bei tätlichen Auseinandersetzungen, sondern auch durch eine spannungsgeladene Atmosphäre ausgelöst werden.

Eine Aufteilung der ehelichen Wohnung kann ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen sind, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Beteiligten entweder nicht zu rechnen ist oder diese zu einer entsprechenden gegenseitigen Rücksichtnahme bereit sind. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist dem finanziell gut gestellten Ehepartner, der sich nicht um die Kinder kümmern muss, der Auszug zuzumuten, da er eher in der Lage ist, sich Ersatzwohnraum zu beschaffen und die Nachteile eines Wohnungswechsels in Kauf zu nehmen.

Beschluss des OLG Hamm vom 26.08.2013
II-14 UF 92/13
FF 2013, 505
jurisPR-FamR 7/2014 Anm. 1


Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch

Reichen das eigene Einkommen (meist Rente) einer pflegebedürftigen Person und die Leistungen aus der Pflegekasse für die Kosten eines Alten- oder Pflegeheims nicht aus, trägt die Sozialhilfe die nicht gedeckten Kosten. Die Sozialhilfeverwaltung prüft jedoch dann, ob dem Hilfebedürftigen gegenüber seinen Kindern oder seinem Ehegatten Unterhaltsansprüche zustehen. Sofern solche Ansprüche bestehen, leitet die Sozialhilfe den Unterhaltsanspruch (teilweise) auf sich über.

Nach § 1611 BGB kann im Falle schwerer Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner ein Anspruch auf Unterhalt entfallen. Eine derartige Verfehlung wird von den Gerichten insbesondere dann angenommen, wenn der Elternteil gegenüber seinem minderjährigen Kind seinen Unterhalts- und sonstigen Elternpflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist. Anders verhielt es sich in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen und in den Medien heftig diskutierten Fall, in dem ein Vater nach der Scheidung über 27 Jahre hinweg jegliche Kontaktversuche seines erwachsenen Sohnes abgelehnt und selbst bei der Beerdigung des Großvaters mit ihm kein Wort gewechselt hatte. ln seinem Testament hatte der Vater überdies verfügt, dass der Sohn nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten soll.

Hier war der Vater bis zum 18. Lebensjahr seinen Unterhalts- und Elternpflichten nachgekommen. Insofern hatte er gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellte keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hatte. Allein ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn reicht somit regelmäßig nicht für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt aus. Es müssen vielmehr noch weiterer Umstände vorliegen, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung erscheinen lassen. Im Ergebnis konnte der Sohn somit zur teilweisen Übernahme der Heimkosten herangezogen werden.

Urteil des BGH vom 12.02.2014
XII ZB 607/12
FamRZ 2014, 541
MDR 2014, 405



Versicherungsrecht

Keine Erstattung der Gutachterkosten bei Falschangaben zu Vorschäden

Hat ein durch einen Verkehrsunfall geschädigter Fahrzeughalter gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers einen erheblichen Vorschaden verschwiegen, kann die Versicherung die Erstattung der Sachverständigenkosten verweigern, da das Gutachten wegen der Falschangaben zur Schadensregulierung unbrauchbar geworden ist.

Urteil des AG Essen vom 13.11.2013
29 C 137/13
jurisPR-VerkR 5/2014 Anm. 2


Mitverursachung eines Verkehrsunfalls durch falsches Blinken

Das Landgericht Saarbrücken geht von einer Mithaftung von 20 Prozent eines Autofahrers aus, der vor einer Einmündung rechts geblinkt hat, dann jedoch geradeaus weitergefahren ist und es dadurch zu einer Kollision mit einem anderen Pkw gekommen ist, dessen Fahrer im Vertrauen auf den angekündigten Abbiegevorgang in die Vorfahrtsstraße eingefahren ist.

Dabei genügt auch ein nur kurzes oder - wie vom Vorfahrtsberechtigten eingeräumt - einmaliges Blinken, da dadurch die Betriebsgefahr des Kraftfahrzeugs nicht unerheblich erhöht und eine zusätzliche Gefahrenlage verursacht wird, die sich hier realisiert hat. Um dem entgegenzuwirken, hätte der vorfahrtsberechtigte Autofahrer durch entsprechende Verständigung mit dem Wartepflichtigen auf sein kurzfristig geändertes Fahrverhalten hinweisen müssen.

Urteil des LG Saarbrücken vom 07.06.2013
1 S 34/13
NJW-RR 2014, 239


Abrechnung auf Gutachtensbasis trotz vollständiger und fachgerechter Reparatur

Nach einem Verkehrsunfall wurden durch den vom unfallgeschädigten Fahrzeughalter beauftragten Sachverständigen die Reparaturkosten auf 8.346,72 Euro brutto / 7.014,05 Euro netto geschätzt. Der Geschädigte ließ den Wagen fachmännisch reparieren und legte die Reparaturrechnung über 7.492,22 Euro brutto / 6.295,98 Euro netto der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers vor. Er verlangte nun neben der Zahlung des Nettobetrages aus der Reparaturrechnung, also 6.295,98 Euro, zusätzlich die Mehrwertsteuer aus dem vom Gutachter geschätzten Nettobetrag von 7.014,05 Euro, also weitere 1.196,24 Euro. Von dem geltend gemachten Gesamtbetrag von somit 8.210,29 Euro war die Versicherung nur bereit, den Bruttobetrag der vorgelegten Rechnung, also 7.492,22 Euro, zu begleichen. Über den Differenzbetrag von 718,07 Euro erhob der Geschädigte Klage, die jedoch vom Bundesgerichtshof in letzter Instanz abgewiesen wurde.

In einem derartigen Fall, in dem der Geschädigte das Fahrzeug reparieren lässt und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung die entsprechende Rechnung vorlegt, beschränkt sich der Schadensersatzanspruch auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten (hier 7.492,22 Euro), wenn die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten.

Hinweis: Unterschreitet die Brutto-Reparaturrechnung den vom Gutachter geschätzten Nettobetrag für die Wiederherstellung des Fahrzeugs, ist es günstiger, wenn der Geschädigte die Reparaturrechnung nicht vorlegt und der Abrechnung auf Gutachtensbasis den Vorzug gibt.

Urteil des BGH vom 03.12.2013
VI ZR 24/13
Schaden-Praxis 2014, 89
DAR 2014, 143-


BGH zur Frage der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten für ein nach einem Verkehrsunfall erstelltes Schadensgutachten zu befassen. Anlass für den Rechtsstreit war die Weigerung der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, die vom Geschädigten vorgelegte Gutachterrechnung vollständig zu erstatten. Die Versicherung hielt die Vergütung des Gutachters gemessen an einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes für überhöht. Von einem Betrag von 534,55 Euro war sie nur bereit, einen Teilbetrag von 390 Euro zu erstatten.

Die Karlsruher Richter sprachen dem Geschädigten auch den streitigen Restbetrag zu und stellten dabei klar, dass ein Unfallgeschädigter im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Nur wenn für ihn erkennbar ist, dass der beauftragte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, muss er einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen beauftragen. Dabei dürfte es sich letztlich um Ausnahmefälle handeln, da dem Geschädigten Erhebungen über die Angemessenheit von Sachverständigenhonoraren selten bekannt sind. Im Regelfall ist somit von einer vollen Haftung des Schädigers für die angefallenen Gutachterkosten auszugehen.

Urteil des BGH vom 11.02.2014
VI ZR 225/13
VersR 2014, 474
MDR 2014, 401


Auffahrunfall auf Autobahn am Stauende

Fährt ein Autofahrer auf der Autobahn auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug auf, das vorher wegen eines Rückstaus bis zum Stillstand abgebremst wurde, spricht gegen ihn der Beweis des ersten Anscheins, dass er den Unfall wegen unzureichenden Abstandes oder Unaufmerksamkeit verursacht hat. Dieser Anscheinsbeweis kann bei einer derartigen klassischen Auffahrsituation auch nicht durch die bloße Möglichkeit entkräftet werden, dass der vorausfahrende Unfallgegner zu spät gebremst haben könnte.

Urteil des LG Köln vom 28.08.2013
7 O 103/13
jurisPR-VerkR 7/2014 Anm. 2



Arbeits- und Sozialrecht


Berücksichtigung von Provisionszahlungen bei Elterngeldberechnung


Nach mehreren Urteilen des Bundessozialgerichts sind bei der Elterngeldberechnung auch Provisionen zu berücksichtigen, die eine Angestellte zusätzlich zu ihren Gehaltszahlungen erhält. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Provisionen regelmäßig neben dem monatlichen Grundgehalt mehrmals im Jahr nach vertraglich festgelegten Berechnungsstichtagen gezahlt werden.

Urteil des BSG vom 26.03.2014
10 EG 7/13, B 10 EG 12/13 R, B 10 EG 14/13 R
BSG online


Keine Erwerbsunfähigkeitsrente nach Verkehrsunfall ohne Führerschein

Wer durch eine vorsätzliche Straftat seine Erwerbsunfähigkeit herbeiführt, kann seinen Rentenanspruch verlieren. Einen solchen Fall nahm das Sozialgericht Gießen im Fall eines 28-jährigen Kochs an, der ohne gültigen Führerschein und zudem mit 1,39 Promille Alkohol im Blut einen schweren Unfall auf der Autobahn verursacht hatte und wegen der dabei erlittenen Verletzungen erwerbsunfähig wurde.

Urteil des SG Gießen vom 26.02.2014
S 4 R 158/12
ArbuR 2014, 167


Anspruch auf Ersatzurlaub während Kündigungsschutzverfahren

Ein Arbeitgeber hatte gegen einen Mitarbeiter nacheinander mehrere Kündigungen ausgesprochen und ihn von seiner Arbeitsleistung freigestellt. Nach mehreren Kündigungsschutzverfahren, die sich über fast drei Jahre hinzogen, wurde der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt. Der Mitarbeiter verlangte nun eine Geldentschädigung für 30 Tage pro Jahr für nicht gewährten Urlaub. Er berief sich darauf, der Arbeitgeber habe im ersten Verfahren seinen Urlaubsantrag abgelehnt, weil er von der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung ausging. Das Unternehmen machte geltend, ein Schadensersatz wegen nicht gewährten Urlaubs setze stets eine erfolglose Mahnung voraus.

Das Bundesarbeitsgericht ging hier von einer Erfüllungsverweigerung des Anspruchs auf Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber und damit der Entbehrlichkeit einer Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB aus, da der Arbeitgeber nach der von ihm erklärten Kündigung den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Abrede gestellt und trotz einer entsprechenden Aufforderung des Arbeitnehmers den verlangten Urlaub nicht erteilt hatte. Lagen - wie hier - keine besonderen Umstände vor, die dem entgegenstehen, durfte der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen, er werde ihm auch künftig keinen Urlaub gewähren. Eine Mahnung wäre in diesem Falle als eine bloße "Förmelei".

Urteil des BAG vom 14.05.2013
9 AZR 760/11
NZA 2014, 336


Entfernung aus Beamtenverhältnis wegen Nebentätigkeit während Krankheit

Einem Regierungsobersekretär wurde von seinem Dienstherrn die Ausübung einer Nebentätigkeit als Mitglied einer Tanz- und Showband für maximal acht Stunden pro Woche erteilt. Im Krankheitsfall durfte er überhaupt nicht musizieren. In der Folgezeit verstieß der Beamte mehrmals gegen die Auflagen, weshalb nach einer Reihe von Abmahnungen die Nebentätigkeitsgenehmigung widerrufen wurde. Trotzdem trat der Beamte sogar während einer Krankschreibung noch mehrere Male mit seiner Band auf. Darauf wurde er aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte wegen der beharrlichen Weigerung des Beamten, seiner Dienstpflicht nachzukommen, die Entscheidung der Behörde.

Beschluss des BVerwG vom 31.01.2014
2 B 88.13
JURIS online


Sonderurlaub eines unverheirateten Beamten bei Geburt seines Kindes


Gewährt eine Sonderurlaubsverordnung einem Beamten bzw. einer Beamtin Sonderurlaub ausdrücklich nur bei Niederkunft der Ehefrau bzw. Lebenspartnerin nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, steht einem unverheirateten Beamten grundsätzlich kein Urlaubsanspruch wegen der Niederkunft seiner Lebensgefährtin zu.

Das Verwaltungsgericht Berlin eröffnete dem Staatsdiener jedoch eine andere Möglichkeit, doch noch den begehrten eintägigen Sonderurlaub zu erhalten. Nach besagter Vorschrift kann Sonderurlaub auch aus einem anderen gewichtigen persönlichen Grund gewährt werden. Als solcher Grund kann durchaus auch die Niederkunft der nicht ehelichen Lebenspartnerin anzusehen sein. Die Behörde hat den Fall nun nochmals unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts zu prüfen.

Urteil des VG Berlin vom 26.02.2014
VG 7 K 158.12
JURIS online


Zulässige Befristung eines Arbeitsvertrags mit Lehrer als Seiteneinsteiger


Für die Befristung eines Arbeitsvertrags mit einer Lehrkraft zur berufsbegleitenden Ausbildung von Seiteneinsteigern und zur Erlangung der Staatsprüfung besteht jedenfalls ein sachlicher Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 TzBfG (Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge), wenn die vorgesehene unbefristete Weiterbeschäftigung der Lehrkraft allein vom Bestehen der Staatsprüfung abhängt.

Urteil des LAG Düsseldorf vom 13.11.2013
4 Sa 671/13
jurisPR-ArbR 12/2014 Anm. 3
EzA-SD 2014, Nr 4, 5



Verbraucherrecht

Netzbetreiber haftet für Überspannungsschäden

Nach einer Störung der Stromversorgung in einem Wohnviertel traten in mehreren angeschlossenen Haushalten nach einem Stromausfall in deren Hausnetzen Überspannungen auf, durch die mehrere Elektrogeräte und Heizungen beschädigt wurden. Die Ursache für die Überspannung lag in der Unterbrechung von zwei sogenannten PEN-Leitern (PEN = protective earth neutral) in der Nähe der Häuser, über die diese mit der Erdungsanlage verbunden waren.

Ein Geschädigter machte gegen den Stromversorger Schadensersatzansprüche wegen der durch die Überspannung zerstörten Hausgeräte geltend. Das zuständige Amtsgericht hatte die auf Ersatz des entstandenen Schadens gerichtete Klage noch abgewiesen. Auf die Berufung des geschädigten Klägers hatte das Landgericht der Klage abzüglich der Selbstbeteiligung von 500 Euro gemäß § 11 des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) stattgegeben. Diese Entscheidung wurde nun im Revisionsverfahren vom Bundesgerichtshof bestätigt. Die Richter hielten die Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes auf diesen Fall uneingeschränkt anwendbar, da neben beweglichen Sachen auch Elektrizität ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes darstellt. Das führt - wie von der Vorinstanz festgestellt - zu einer verschuldensunabhängigen (Gefährdungs-)Haftung des Stromanbieters.

Urteil des BGH vom 25.02.2014
VI ZR 144/13
DB 2014, 892


Ermäßigter Rundfunkbeitrag für behinderte, aber finanziell leistungsfähige Menschen

Die Erhebung von Rundfunkgebühren wurde zum 1. Januar 2013 im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) neu geregelt. Dabei wurden die Befreiungstatbestände des früheren Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) weitestgehend übernommen. Eine wichtige Änderung ist jedoch insoweit eingetreten, als anders als bisher finanziell leistungsfähige Menschen mit Behinderung keine Befreiung mehr erhalten, sondern nur noch eine Ermäßigung auf einen Drittelbeitrag in Höhe von monatlich 5,99 Euro (§ 4 Abs. 2 Satz 1 RBStV).

Der Verwaltungsgerichtshof München hält diese Umstellung grundsätzlich für rechtmäßig. Insbesondere liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Rundfunknutzern in Behinderten- und Pflegeheimen vor, von denen nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 RBStV kein Rundfunkbeitrag erhoben wird. Für behinderte und pflegebedürftige Personen, die in ihrer Privatwohnung leben, ist eine völlige Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nur durch Nachweis der Bedürftigkeit durch Vorlage einer Bestätigung oder eines Bescheids der hierfür zuständigen Behörde oder des Leistungsträgers möglich.

Beschluss des VGH München vom 03.12.2013
7 ZB 13.1817
jurisPR-ITR 5/2014 Anm. 4


Überlange Vertragslaufzeit für Glasfasernetzvertrag

Eine Klausel im Vertrag über den Anschluss an ein Glasfasernetz, das eine 27-jährige Laufzeit vorsieht, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und ist somit unwirksam. Ferner bemängelte das Landgericht Leipzig, dass in dem Vertrag die Frage, wer die laufenden Kosten für die zukünftige Wartung und den Unterhalt zu übernehmen hat, völlig unzureichend geregelt war.

Urteil des LG Leipzig vom 29.11.2013
08 O 897/13
Wirtschaftswoche Heft 9/2104, Seite 109


Sofort vollziehbares Hausverbot bei Tätlichkeit eines Schülervaters gegen Schulleiter

Eine Schule kann dem Vater eines Schülers wegen des Vorwurfs einer Tätlichkeit gegenüber dem Schulleiter ein Hausverbot erteilen. Das Verwaltungsgericht Mainz hat in einem Eilverfahren die sofortige Vollziehung des Hausverbots bestätigt, da der renitente Vater schon einmal aus der Schule gewiesen werden musste und wegen der Vorgeschichte zu befürchten war, dass er auch bei der bevorstehenden Abschlussfeier Störungen verursachen werde. Die Schule kann daher trotz der von dem betroffenen Vater angekündigten Klage gegen das Hausverbot bis zur endgültigen Entscheidung auf dessen Einhaltung bestehen.

Urteil des VG Mainz vom 05.07.2013
6 L 744/13.MZ
Pressemitteilung des VG Mainz



Medizinrecht

Haftung des Heimträgers bei Sturz einer Altenheimbewohnerin

Eine Altenheimbewohnerin, die bei einem begleiteten Toilettengang einen Oberschenkelhalsbruch erleidet, kann nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm dann keinen Schadensersatz verlangen, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Sturz die Folge eines Spontananbruchs des Oberschenkelhalsknochens war. In dem entschiedenen Fall konnte nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Heimbewohnerin aufgrund einer schuldhaften Pflichtverletzung des Heimträgers oder seines Pflegepersonals zu Fall kam und hierdurch den Oberschenkelhausbruch erlitt, sodass ihr ein Schadensersatzanspruch zugestanden hätte.

Urteil des OLG Hamm vom 27.01.2014
17 U 35/13
SuP 2014, 264


Reiserecht

Unfall eines Nachzüglers einer organisierten Fahrradtour

Wer bei einer organisierten Fahrradtour den Anschluss zur Gruppe verliert, muss eigenverantwortlich auf die Einhaltung der Verkehrsvorschriften achten. Er darf nicht mehr darauf vertrauen, dass ihm die für die Gruppe vorgesehenen Sicherungskräfte des Veranstalters ein gefahrloses Überqueren bevorrechtigter Straßen ermöglichen. Mit dieser Begründung wies das Oberlandesgericht Hamm die Schadensersatzklage eines jungen Radlers ab, der wegen einer Panne den Anschluss zur Gruppe der von einem Schützenverein veranstalteten Radtour verloren hatte und aus einem untergeordneten Wirtschaftsweg kommend beim Überqueren einer Hauptstraße von einem Pkw erfasst und schwer verletzt worden war.

Urteil des OLG Hamm vom 06.02.2014
6 U 80/13
JURIS online


Flugannullierung wegen fehlenden Enteisungsmittels

Trifft ein Flugreisender erst mehr als drei Stunden später als geplant am Zielflughafen ein, steht ihm nach der Fluggastrechte-Verordnung eine pauschale Entschädigung gestaffelt nach Entfernungskilometern zu. Der Anspruch entfällt dann, wenn außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben, die der Fluggesellschaft die planmäßige Durchführung der vereinbarten Flugreise unmöglich gemacht haben.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hielt einen - laut Fluggesellschaft - "allgemeinen Mangel an Enteisungsmitteln" am Abflugflughafen nicht für unvermeidbar und lehnte die Annahme außergewöhnlicher Umstände für die sodann eingetretene Flugannullierung ab. Dem Fluggast wurde die beantragte Entschädigung zugesprochen.

Urteil des OLG Brandenburg vom 19.11.2013
2 U 3/13
RdW 2014, 82



Bank- und Anlegerrecht

Nachweis der Pflichtverletzung einer Bank bei Finanzierung einer überteuerten Wohnung

Eine nicht beratende, sondern lediglich kreditgebende Bank ist bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen oder Immobilienfondsbeteiligungen zur Aufklärung des Kreditnehmers über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises ist im Zweifel dann anzunehmen, wenn es - bedingt durch versteckte Innenprovisionen oder aus anderen Gründen - zu einer wesentlichen Verschiebung des Verhältnisses zwischen Kaufpreis und Verkehrswert kommt, sodass die Bank eine sittenwidrige Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer annehmen muss. Davon ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst dann auszugehen, wenn der Verkaufspreis ca. doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Immobilie.

Behauptet der Immobilienkäufer im Prozess gegen die lediglich kreditgebende Bank eine Pflichtverletzung, weil er über die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises der finanzierten Eigentumswohnung nicht aufgeklärt wurde, so muss der zur Darlegung der Überhöhung des Kaufpreises substanziierte Vortrag auch Angaben zu den wertbildenden Faktoren enthalten, die es einem Sachverständigen ohne weitere Erhebungen ermöglichen, die Beweisfrage zum Verkehrswert der Immobilie zu beantworten. Zu den maßgeblichen tatsächlichen Faktoren gehören insbesondere die in der Sachsubstanz der Wohnung angelegten Wertfaktoren als auch das Wohnumfeld und die zum Erwerbszeitpunkt herrschenden Marktverhältnisse.

Urteil des Saarländischen OLG vom 20.02.2014
4 U 20/13
JURIS online


Vermutung der Ursächlichkeit für Kapitalanlage nach Verletzung der Aufklärungspflicht

Macht ein Kapitalanleger Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung oder unzutreffender Werbeaussagen geltend, muss er im Streitfall grundsätzlich nachweisen, dass das Fehlverhalten des Vertragspartners ursächlich für seine Anlageentscheidung war.

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs hilft dem geschädigten Kapitalanleger nunmehr insoweit durch eine Beweiserleichterung, als bei einer nachweislich unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung (hier: Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds) auch tatsächlich ursächlich war.

Urteil des BGH vom 11.02.2014
II ZR 273/12
DB 2014, 775
WM 2014, 661



Steuerrecht


Verlust der Riester-Förderung durch Fristversäumnis

Die staatliche Riester-Förderung setzt voraus, dass die Mitteilung der Einkommenshöhe rechtzeitig bei der Zulagenstelle eingeht. Versäumt ein Beamter binnen der hierfür geltenden Zweijahresfrist die Abgabe der Einverständniserklärung zur Übermittlung von Daten an die zuständige Stelle (Deutsche Rentenversicherung Bund) gegenüber der Besoldungsstelle, besteht kein Anspruch auf Altersvorsorgezulage. Ein hier geltend gemachter Rechtsirrtum hinsichtlich des Erfordernisses der Übermittlung einer Einwilligungserklärung zur Datenweitergabe an das zuständige Besoldungsamt war für das Finanzgericht Berlin-Brandenburg unbeachtlich. Die Einwilligungserklärung kann daher nicht nachgeholt werden.

Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2014
10 K 14031/12
Wirtschaftswoche Heft 11/2014, Seite 97


Entfernungspauschale: Berücksichtigung von Benutzungsverboten und Mautpflicht

Bei der steuerlichen Berücksichtigung der Kosten für Fahrten eines einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers zum Arbeitsplatz berücksichtigt das Finanzamt die kürzeste Straßenverbindung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG). Das ist diejenige Verbindung, die von Kraftfahrzeugen mit bauartbestimmter Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h befahren werden darf. Bei der Festlegung der Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung auch dann maßgeblich, wenn diese mautpflichtig ist (hier Tunnel) oder mit dem vom Arbeitnehmer tatsächlich verwendeten Verkehrsmittel (hier Moped) straßenverkehrsrechtlich nicht benutzt werden darf.

Urteil des BFH vom 24.09.2013
VI R 20/13
DB 2014, 279
DStRE 2014, 402


Wegfall der Vermietungsabsicht für leer stehende, verschimmelte Wohnungen


Der Eigentümer eines Mietshauses kann Verluste, die durch den längeren Leerstand mehrerer Wohnungen entstanden sind, steuerlich nicht geltend machen, wenn sich die Wohnungen in einem desolaten Zustand befinden und insbesondere wegen Schimmelbefalls unvermietbar sind. Bemüht sich der Eigentümer über einen längeren Zeitraum nicht um die Sanierung der Wohnungen, ist vom Wegfall der Vermietungsabsicht auszugehen, was einen steuermindernden Verlustabzug ausschließt.

Urteil des FG Münster vom 22.01.2014
10 K 2160/11
WiWo 9/2104, 109


Verlängerter Bezug von Kindergeld auch für Dienstmonate mit gleichzeitiger Berufsausbildung


Ein Kind, das den gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienst geleistet hat, ist nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG über die Vollendung des 25. Lebensjahrs hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich auch dann zu berücksichtigen, wenn es während der Dienstzeit zugleich studiert hat oder anderweitig für einen Beruf ausgebildet worden ist. Dies begründete der Bundesfinanzhof wie folgt:

"Da sich die Ausbildungszeit um die Dienstzeit verlängert, entspricht es dem Gleichheitssatz, für Kinder, die den Grundwehr-/Zivildienst geleistet haben, auch über die Altersgrenze hinaus Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag zu gewähren. Hierbei kommt es auf die tatsächliche Dauer des geleisteten Dienstes an, weil der verlängerte Bezug des Kindergeldes bei Beachtung des Gleichheitssatzes nur den Zeitraum einbeziehen kann, um den die Berufsausbildung durch den Dienst tatsächlich unterbrochen wurde. Dagegen ist nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht darauf abzustellen, ob sich durch die Dienstzeit die Ausbildung tatsächlich verzögert hat."

Urteil des BFH vom 05.09.2013
XI R 12/12
jurisPR-SteuerR 8/2014 Anm. 5
SteuK 2014, 11

April 2014


Verkehrsrecht


Fußgängerunfall auf verschmutztem Wirtschaftsweg


Ein Fußgänger muss auf Wirtschaftswegen für die Landwirtschaft stets auch mit stärkeren Verschmutzungen rechnen. Ein Landwirt ist nicht verpflichtet, die von ihm benutzten Wirtschaftswege von ortsüblichen - auch stärkeren - Verschmutzungen freizuhalten. Stürzt ein Fußgänger auf einem wegen Rapssamen rutschigen Flurbereinigungsweg, kann er von dem Landwirt keinen Schadensersatz wegen der erlittenen Verletzungen verlangen.

Urteil des LG Coburg vom 26.11.2013
22 O 169/13
Justiz Bayern online


Schadensersatz für Fahrradfahrer wegen Kopfverletzung auch ohne Helm

Auch ohne gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer gehen die Gerichte teilweise von einer Mitschuld des durch einen unverschuldeten Unfall verletzten Radfahrers aus, wenn die Verletzungsfolgen mit Schutzhelm nicht oder in geringerem Umfang eingetreten wären (z.B. OLG Schleswig - 7 U 11/12).

Eine andere Auffassung vertritt u.a. das Oberlandesgericht Celle, das eine Mithaftung nur dann annimmt, wenn ein Sport-Radfahrer sich im Straßenverkehr bewusst erhöhten Risiken aussetzt, die über das hinausgehen, was jeden normalen "Alltagsfahrer" betrifft und er sich dabei verletzt. Selbst in einem solchen Fall scheidet eine Mithaftung des Rennradfahrers aber aus, wenn der Unfall alleine durch einen nach links unter grober Verletzung seiner Rückschaupflicht in ein Grundstück einbiegenden Autofahrer verursacht wurde. Zudem stellte das Gericht infrage, ob Fahrradhelme überhaupt signifikant zur Abwendung von Kopfverletzungen führen können. Allein die tendenzielle Schutzwirkung des Fahrradhelmes begründet noch keine allgemeine Helmtragepflicht. Im Ergebnis musste der verletzte Radler keine Verminderung seiner Schadensersatzansprüche hinnehmen.

Urteil des OLG Celle vom 12.02.2014
14 U 113/13
jurisPR-VerkR 5/2014 Anm. 3


Haftungsverteilung bei sogenanntem Lückenunfall


Das Freilassen von Lücken in stehenden Fahrzeugkolonnen, um einen wartepflichtigen kreuzenden Verkehrsteilnehmer durchfahren zu lassen, ist einerseits sehr zuvorkommend, beschwört aber andererseits immer wieder gefährliche Verkehrssituationen herauf. Der durch die Lücke Fahrende darf sich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer gleichermaßen rücksichtsvoll verhalten. Kommt es dann zu einem Unfall, ist die Haftungsverteilung zwischen den Beteiligten oft nicht leicht zu entscheiden.

Fährt ein Pkw-Fahrer durch eine vor einer Ampel wartende Fahrzeugkolonne aus einer untergeordneten Straße heraus und kollidiert er dabei mit einem Motorradfahrer, der ohne dass hierfür eine weitere Fahrtrichtungsspur zur Verfügung steht, die Kolonne überholt, haftet der wartepflichtige Autofahrer in Höhe von zwei Dritteln und der Motorradfahrer wegen Verstoßes gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot in Höhe von einem Drittel für den entstandenen Schaden.

Urteil des LG Tübingen vom 10.12.2013
5 O 80/13
jurisPR-VerkR 4/2014 Anm. 2


Haftung für Unfall bei Fahrertraining

Das Oberlandesgericht Karlsruhe erklärte den vertraglichen Ausschluss der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung zwischen den Teilnehmern eines vom Württembergischen Porsche-Club e.V. auf dem Hockenheimring veranstalteten Fahrertrainings in dessen allgemeinen Teilnahmebedingungen für wirksam. Danach waren Schäden, soweit sie nicht grob fahrlässig oder gar vorsätzlich verursacht wurden, von der Haftung ausgeschlossen. Ein Teilnehmer, der den Porsche eines anderen Teilnehmers infolge eines Fahrfehlers und angeblich überhöhter Geschwindigkeit beschädigt hatte, berief sich mit Erfolg auf den vereinbarten Haftungsausschluss.

Zum konkreten Unfallhergang stellte das Gericht fest, dass Fahrfehler von Teilnehmern einer Veranstaltung, die - wie hier - zum Ziel hat, den Grenzbereich der eigenen Fahrzeuge zu erarbeiten und zu verbessern, nicht schon deshalb den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens begründen, weil besonders hohe Fahrgeschwindigkeiten zu erhöhten Anforderungen an die Fahrzeugbeherrschung führen. Die durch den Unfall geschädigten Kursteilnehmer mussten daher für ihren jeweiligen Schaden selbst aufkommen.

Urteil des OLG Karlsruhe vom 27.01.2014
1 U 158/12
JURIS online


Hauptuntersuchungsintervalle bei älteren Wohnmobilen über 3,85 Tonnen


Nach Anlage VIII zu § 29 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ist Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,85 Tonnen bis zu 72 Monate nach der Erstzulassung eine TÜV-Plakette für zwei Jahre und danach jeweils lediglich für ein Jahr zu erteilen. Diese Vorschrift gilt auch für Wohnmobile. Wird das Fahrzeug 63 Monate - also weniger als 12 Monate vor Ablauf des gesetzlichen Zeitrahmens von 72 Monaten - nach der Erstzulassung zur Hauptuntersuchung vorgestellt, darf danach die Prüfplakette nur noch für 12 Monate erteilt werden.

Urteil des VG Koblenz vom 24.01.2014
5 K 916/13.KO
Pressemitteilung des VG Koblenz


Verwertbarkeit einer "unfreiwilligen" Atemalkoholmessung


Ein wegen einer Verkehrsstraftat Beschuldigter, darf nicht zu einem Atemalkoholtest gezwungen werden. Unterbleibt eine Belehrung über die Freiwilligkeit des Tests durch die Polizeibeamten, führt dies jedoch nicht zu einer Unverwertbarkeit der Messung im darauffolgenden Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren.

Beschluss des OLG Brandenburg vom 16.04.2013
(2 B) 53 Ss-OWi 58/13 (55/13)
Verkehrsrecht aktuell 2013, 192


Unzulässige Vertragsklauseln in Gebrauchtwagengarantie

Die in einer formularmäßigen Vereinbarung einer Gebrauchtwagengarantie, die der gewerbliche Verkäufer einem Fahrzeugkäufer gewährt, enthaltene Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in den vorgegebenen Intervallen beim Verkäufer oder von einer Vertragswerkstatt des Herstellers durchführen lässt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam, wenn die Garantieansprüche unabhängig davon ausgeschlossen werden, ob eine Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Das Garantieunternehmen hat zwar ein berechtigtes Interesse daran, durch Auferlegung einer Wartungspflicht sein Eintrittsrisiko zu begrenzen. Dies rechtfertigt aber nicht einen Verlust des Garantieanspruchs unabhängig davon, ob die Verletzung der Wartungspflicht ursächlich geworden ist.

Dies gilt auch dann, wenn in dem Kaufvertrag kein zusätzliches Entgelt für die Gebrauchtwagengarantie ausgewiesen ist. Für die Frage der Entgeltlichkeit der Garantie macht es nämlich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keinen Unterschied, ob für die Garantie ein gesondertes Entgelt ausgewiesen wird oder ob der Käufer/Garantienehmer für das Fahrzeug und die Garantie einen Gesamtkaufpreis zu zahlen hat.

Urteil des BGH vom 25.09.2013
VIII ZR 206/12
Schaden-Praxis 2014, 27
DAR 2014, 23


Handynutzung durch Fahrlehrer während Ausbildungsfahrt

Ein Fahrschullehrer, der bei einer Ausbildungsfahrt auf dem Beifahrersitz sitzt, während der Pkw von einem fortgeschrittenen Fahrschüler geführt wird, ist nicht als Fahrzeugführer i.S.d. § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO anzusehen und kann daher nicht wegen der Nutzung eines Mobiltelefons während einer Ausbildungsfahrt bestraft werden.

Etwas anderes gilt laut Oberlandesgericht Düsseldorf, wenn ein absoluter Fahranfänger am Steuer sitzt, der sich infolge mangelhafter eigener Fahrkenntnisse "bedingungslos oder zumindest im Wesentlichen nach den technischen Anweisungen des Fahrlehrers richtet".

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 04.07.2013
IV-1 RBs 80/13
DAR 2014, 40


Bußgeldverfahren: Terminverlegung wegen örtlichen Feiertags

Ist der in einem Bußgeldverfahren anberaumte Sitzungstag nicht am Gerichtsort, aber am Wohnsitz des Betroffenen ein kirchlicher Feiertag, kommt eine Terminverlegung dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene nicht vorgetragen hat, dass er wegen seiner religiösen Konfession an den kirchlichen Feierlichkeiten teilnehmen möchte, sondern seinen Antrag auf Terminverlegung nur damit begründet, den Feiertag für private Dinge nutzen zu wollen.

Beschluss des LG Gera vom 29.05.2013
1 Qs 183/13
VRR 2014, 36



Familien- und Erbrecht

Nutzungsentschädigung für Ehewohnung nur bei eindeutiger Aufforderung

Zieht ein Ehegatte im Rahmen der Trennung aus der im Eigentum eines oder beider Eheleute stehenden Immobilie aus und überlässt er die bisher gemeinsam genutzte Wohnung bzw. das Haus dem anderen, steht ihm gegen diesen ein Nutzungsentschädigungsanspruch zu, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1361b Abs. 3 BGB). Dadurch sollen der Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für den weichenden Ehegatten kompensiert werden.

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem nach der Trennung allein in der gemeinsam erworbenen Eigentumswohnung verbliebenen Ex-Partner nur dann für die Zeit der alleinigen Nutzung eine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn er ihm vorher klargemacht hat, dass er den Fortbestand des bisherigen Zustandes - nämlich die Weiternutzung der Wohnung ohne zugrunde liegende einvernehmliche Regelung - keinesfalls mehr hinzunehmen bereit ist. Er muss den geschiedenen Ehepartner daher unmissverständlich vor die Alternative "Zahlung oder Auszug" stellen, um von ihm ein Nutzungsentgelt fordern zu können.

Urteil des OLG Hamm vom 02.12.2013
14 UF 166/13
NJW-Spezial 2014, 134


Rückforderung schwiegerelterlicher Zuwendungen nach dem Scheitern der Ehe

Haben Eltern ihren Schwiegerkindern eine Immobilie oder die hierfür benötigten Geldmittel geschenkt, stellt sich insbesondere bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung die Frage, ob die Schwiegereltern die Rückübertragung oder Rückzahlung verlangen können, wenn die Ehe des Beschenkten mit ihrem Kind gescheitert ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Zuwendung nach den Umständen nicht an den Bestand der Ehe geknüpft war.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken verneint eine derartige Bindungsabsicht, wenn die schwiegerelterlichen Zuwendungen im Verlauf von drei Jahren in mehreren Teilbeträgen in Höhe von 80 bis 2.200 Euro, insgesamt ca. 12.000 Euro, für Renovierungsarbeiten und zur Anschaffung von Hausrat zur Verfügung gestellt wurden. Insbesondere kleinere Zuwendungen über einen längeren Zeitraum dienen nach Auffassung des Gerichts eher der Unterstützung der Eheleute und dem sofortigen Verbrauch und nicht dem dauerhaften Verbleib im Vermögen und somit dem Fortbestand der Ehe. In dem entschiedenen Fall scheiterten die Schwiegereltern mit ihrer Klage gegen den Schwiegersohn auf anteilige Rückerstattung der Geldgeschenke nach dessen Scheidung von ihrer Tochter.

Urteil des OLG Saarbrücken vom 21.11.2013
2 U 47/13
NZFam 2014, 44


Unterhaltspflicht des gesetzlichen, aber unstreitig nicht leiblichen Vaters


Nach § 1592 Nr. 1 BGB gilt als Vater, wer zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Ist der gesetzliche Vater nicht der leibliche Vater, kann er die Vaterschaft nach der Geburt des Kindes innerhalb von zwei Jahren, beginnend ab dem Zeitpunkt, in dem er von den Umständen erfährt, die gegen seine Vaterschaft sprechen, gerichtlich anfechten.

Versäumt es der durch eine bestehende Ehe gesetzlich zugeordnete Vater, die Vaterschaft fristgerecht anzufechten, schuldet er dem Kind auch dann Unterhalt, wenn unter allen Beteiligten unstreitig ist, dass er nicht der leibliche Vater ist. Dies gilt erst recht, wenn sich der gesetzliche Vater trotz Kenntnis der Umstände dem Jugendamt gegenüber verpflichtet hat, Kindesunterhalt für das Kind zu zahlen. Der Unterhaltspflicht steht auch nicht entgegen, dass das Kind nur seinen leiblichen Vater, mit dem die geschiedene Ehefrau des Unterhaltspflichtigen mittlerweile verheiratet ist, als Vater akzeptiert und jeglichen Kontakt zum "Zahlvater" ablehnt.

Beschluss des OLG Hamm vom 19.11.2013
2 WF 190/13
MDR 2014, 229


Ehegattenunterhalt: Anrechnung von Einkünften eines Selbstständigen nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem Unterhaltspflichtigen mit Erreichen der Regelaltersgrenze grundsätzlich die Ausübung einer Berufstätigkeit nicht mehr verlangt werden. Dies gilt für das Oberlandesgericht Hamm auch bei Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit, bei der es - wie hier bei einem Steuerberater - üblich ist, über das Alter von 65 Jahren hinaus tätig zu sein. Die neben dem Altersruhegeld erzielten "überobligatorischen" Einkünfte des Unterhaltspflichtigen sind daher je nach Einzelfall nicht oder nur teilweise bei der Berechnung des geschuldeten Ehegattenunterhalts heranzuziehen.

Beschluss des OLG Hamm vom 17.10.2013
II-4 UF 161/11
NZFam 2014, 30


Verspätete Vaterschaftsanfechtung nach außerehelichem Geschlechtsverkehr

Nach § 1600b Abs. 1 BGB kann eine Vaterschaft nur innerhalb von zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Sie beginnt jedoch nicht vor Geburt des Kindes.

Erklärt die Mutter ihres fünfjährigen Kindes nach der Scheidung vor ihrem Ehemann die Vaterschaftsanfechtung mit der Begründung, das Kind stamme von einem anderen Mann, mit dem sie während der Ehezeit außerehelichen Geschlechtsverkehr hatte, so ist die Klage wegen Fristablaufs nicht mehr statthaft. Für den Bundesgerichtshof besteht bei einem außerehelichen Geschlechtsverkehr auch bei Verwendung eines Kondoms die nicht ganz fernliegende Möglichkeit, dass es zu einer Empfängnis gekommen ist. Daher beginnt auch in diesem Fall ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes die Frist zur Vaterschaftsanfechtung. Da diese bereits abgelaufen war und das Kind während der Ehezeit geboren wurde, gilt der geschiedene Ehemann weiterhin als Vater des Kindes.

Urteil des BGH vom 11.12.2013
XII ZR 58/12
NJW 2014, 629
MDR 2014, 281


Erbscheinverfahren: Beschwerdeeinlegung ohne Begründung

Legt der von einer Erbscheinentscheidung des Nachlassgerichts Betroffene eine (zunächst) nicht mit Gründen versehene Beschwerde ein, ohne mitzuteilen, ob er noch eine Begründung einreichen möchte, so muss das Gericht entweder durch Nachfrage klären, ob dies noch erfolgen wird, oder eine angemessene Frist (i.d.R. nicht unter 2 Wochen) abwarten, bevor es die Nichtabhilfe des Rechtsmittels beschließt.

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 03.12.2013
I-3 Wx 225/13
ZEV 2014, 54
ErbR 2014, 84


Verhinderung eines Vermächtnisses durch Schenkung

Ein Ehepaar übertrug seiner älteren Tochter eine Haushälfte des ihnen gehörenden Doppelhauses und legte in einem gemeinschaftlichen Testament fest, dass die andere, noch von ihnen bewohnte Haushälfte nach dem Tod des Letztversterbenden der jüngeren Tochter zustehen sollte. Nachdem der Ehemann verstorben war, übertrug die Ehefrau nach einem Zerwürfnis mit ihrer jüngeren Tochter die von ihr weiterhin bewohnte Haushälfte im Wege der Schenkung ihrem Enkel, dem Sohn ihrer älteren Tochter.

Nach dem Tod der Mutter verlangte die jüngere Tochter von ihrem Neffen die Herausgabe der ursprünglich ihr als Vermächtnis zugedachten Haushälfte. Dieser Anspruch scheiterte vor dem Oberlandesgericht Hamm allerdings bereits daran, dass sie zunächst die nach dem Gesetz vorrangig haftende Schwester als Erbin der verstorbenen Mutter auf Wertersatz in Anspruch hätte nehmen müssen, bevor sie Herausgabeansprüche gegenüber dem Beschenkten geltend machen kann.

Im Übrigen wäre der Beschenkte nur dann zur Herausgabe verpflichtet, wenn der letztverstorbene Ehegatte zu seinen Lebzeiten und nach dem Tod des anderen Ehegatten zur Schenkung und damit zur Verhinderung des Vermächtnisses nicht berechtigt gewesen wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn es sich bei dem Vermächtnis zugunsten der jüngeren Tochter um eine sogenannte wechselbezügliche Verfügung der Eheleute gehandelt hätte. Das wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die testamentarische Vermächtnisanordnung in einem Wechselbezug zur Einsetzung der Frau als Alleinerbin des Ehemannes gestanden hätte.

Urteil des OLG Hamm vom 09.01.2014
10 U 10/13
JURIS online


Stundensatz eines Berufsvormunds/-betreuers mit abgebrochenem Jurastudium


Ein Berufsvormund oder -betreuer erhält nach dem Gesetz für seine Tätigkeit eine Stundenvergütung von 19,50 Euro zzgl. Mehrwertsteuer. Verfügt der Vormund/Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sind, so erhöht sich der Stundensatz auf 25 Euro, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind, und auf 33,50 Euro, wenn die Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

Abgeschlossen ist eine Ausbildung mit der erfolgreichen Ablegung der hierfür vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle vorgesehenen Prüfung. Hat ein Berufsbetreuer das Studium der Rechtswissenschaften ohne Abschluss beendet und hat er auch keine andere einer Lehre oder einem Hochschulabschluss vergleichbare Ausbildung durch die Prüfung vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgeschlossen, steht ihm trotz der während der Studienzeit erworbenen Spezialkenntnisse nur der Stundensatz von 19,50 Euro zu.

Beschluss des BGH vom 20.02.2013
XII ZB 610/11
MDR 2013, 493
FamRZ 2013, 693



Miet-, WEG- und Immobilienrecht

Kein Eigenbedarf an Fünfzimmerwohnung für 18-jährige Tochter

Der Vermieter kann eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, wenn er die vermietete Wohnung für sich, für zu seinem Hausstand gehörende Personen oder Familienangehörige benötigt. Ein "Benötigen" in diesem Sinne liegt nicht vor, wenn ein wesentlich überhöhter Wohnbedarf geltend gemacht wird. Einen solchen Fall nahm das Amtsgericht Berlin-Köpenick an, in dem der Wohnungseigentümer Eigenbedarf an einer vermieteten, 100 Quadratmeter großen Fünfzimmerwohnung für seine 18-jährige Tochter geltend gemacht hatte, die darin zunächst alleine wohnen wollte und weder über eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz noch über eigenes Einkommen verfügte.

Urteil des AG Berlin-Köpenick vom 17.09.2013
14 C 16/13
jurisPR-MietR 3/2014 Anm. 3


Untervermietungserlaubnis umfasst nicht Untervermietung an Touristen

Dem Mieter einer Zweizimmerwohnung war vom Vermieter - ausnahmsweise - die Erlaubnis zur Untervermietung erteilt worden, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am Wochenende zu einem Besuch bei seiner Tochter nutzte und er sie deshalb zeitweise anderweitig vermieten wollte. Der Mieter erkannte schließlich, dass er mit der kurzzeitigen Vermietung an Feriengäste eine höhere Rendite erzielen konnte. Hiermit war der Vermieter nicht einverstanden und erklärte die Kündigung. Das darauffolgende Räumungsverfahren ging durch alle Instanzen.

Der Bundesgerichtshof vertrat - wie der Vermieter - die Auffassung, dass ein Mieter, der eine Erlaubnis zur Untervermietung seiner Wohnung besitzt, nicht berechtigt ist, die Wohnung auch an wechselnde Feriengäste zu vermieten. Die Überlassung der Wohnung an beliebige Touristen unterscheidet sich insbesondere wegen der höheren Beanspruchung der Wohnung und Beeinträchtigungen der Mitbewohner erheblich von einer gewöhnlich auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung und ist deshalb nicht ohne Weiteres von einer Erlaubnis zur Untervermietung umfasst. Der Vermieter war demzufolge nach erfolgloser Abmahnung zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.

Urteil des BGH vom 08.01.2014
VIII ZR 210/13
NZM 2014, 158
WuM 2014, 142


Missglückte Trockenlegung eines Kellers


Hat sich ein Bauhandwerker in einem Werkvertrag mit einem Hauseigentümer zu "einer Abdichtung über Oberkante Erdreich bzw. über Oberkante Kellerbodenplatte gegen aufsteigende Feuchtigkeit …" verpflichtet, ist die Vereinbarung dahingehend auszulegen, dass die dauerhafte Trockenlegung des Kellers als Leistungserfolg geschuldet war. Dem steht nicht entgegen, dass eine bestimmte Ausführungsart (hier: Injektionsverfahren) vereinbart und - wenn auch erfolglos - durchgeführt wurde.

Der geschuldete Erfolg bestimmt sich auch in diesem Fall nicht nur nach der vereinbarten Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk erfüllen soll. Und dies war nach dem ersichtlichen Wunsch des Auftraggebers die Trockenlegung seines Kellers. Dringt nach Durchführung der Baumaßnahme erneut Feuchtigkeit in den Keller ein, kann er den Werkunternehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Urteil des OLG Brandenburg vom 13.02.2014
12 U 133/13
JURIS online


Keine Kündigung wegen unerlaubten Parkens auf Hausgrundstück

Das unerlaubte Parken eines Motorrades auf dem Grundstück des Wohnungsvermieters stellt nach einem Urteil des Amtsgerichts Offenbach jedenfalls dann keine erhebliche, eine fristlose Kündigung rechtfertigende Vertragsverletzung des Mieters dar, wenn der Vermieter zuvor dem Gekündigten jahrelang das Parken seines Zweirads gestattet oder zumindest geduldet hat. Zudem stellte das Gericht eine unzulässige Ungleichbehandlung fest, da einem anderen Mieter das Abstellen seines Motorrollers weiterhin erlaubt wurde.

Beschluss des AG Offenbach vom 04.12.2013
37 C 180/13
jurisPR-MietR 3/2014 Anm. 4
ZAP EN-Nr 74/2014


Zustimmung zur Untervermietung bei Verschlechterung der Vermögenslage des Mieters


Ein Vermieter kann unter bestimmten Umständen verpflichtet sein, seinem Mieter eine teilweise Untervermietung der Wohnung zu gestatten, wenn sich dessen Vermögensverhältnisse unverschuldet verschlechtert haben und er die Miete nicht mehr alleine bezahlen kann. Dies gilt auch dann, wenn im Mietvertrag eine Untervermietung ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Einen solchen Fall nahm das Amtsgericht München bei einer Mieterin an, der nach der Ehescheidung und dem Auszug ihres Mannes nach Ausbleiben der Unterhaltszahlungen nach Abzug aller Kosten nur noch 530 Euro zum Lebensunterhalt blieben. Sie wollte daher ein Zimmer für 400 Euro untervermieten. Der Vermieter lehnte dies ab und verwies sie darauf, eine billigere Wohnung zu mieten. Das Amtsgericht München sah dies anders. Da durch die Untervermietung eines Zimmers eine Überbelegung der Wohnung nicht zu befürchten war, musste der Vermieter den Wunsch der Mieterin, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben, als Ausdruck ihrer privaten Lebensgestaltung respektieren und der Untervermietung zustimmen.

Urteil des AG München vom 15.10.2013
422 C 13968/13
Wirtschaftswoche Heft 8/2014, Seite 93


Funkbasierte Energiemessgeräte rechtlich unbedenklich

Für das Amtsgericht Dortmund ist der Wohnungseigentümerbeschluss über den Einbau von funkbasierten Heizkosten- und Warmwassermessgeräten weder unter Datenschutzgesichtspunkten rechtswidrig noch verstößt er gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.

Dem Einwand eines Wohnungseigentümers, der Wärmeverbrauch gehöre zu den geschützten personenbezogenen Daten i.S.d. Datenschutzgesetzes, hielt das Gericht entgegen, dass entsprechende Erfassungsgeräte über den Energieverbrauch, insbesondere den Stromverbrauch, häufig im Treppenhaus und im Keller für jedermann zugänglich aufgehängt sind.

Urteil des AG Dortmund vom 26.11.2013
512 C 42/12
NJW-Spezial 2014, 67
DSB 2014, 42


Fristlose Kündigung nach Beleidigung des Vermieters

Ruft der Mieter seinem Vermieter nach einer verbalen Auseinandersetzung den Ausspruch "Sie sind ein Schwein" hinterher und lehnt er eine nachträgliche Entschuldigung ab, rechtfertigt dies den Ausspruch einer fristlosen Kündigung.

Urteil des AG München vom 16.07.2013
411 C 8027/13
Justiz Bayern online



Arbeits- und Sozialrecht

Kein Wegeunfall bei Sturz in externem Kantinengebäude

Begibt sich ein Arbeitnehmer zum Mittagessen in eine nahegelegene auswärtige Kantine, besteht in dem Kantinengebäude kein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Stürzt ein Versicherter auf dem Rückweg zum Arbeitsplatz nach dem Mittagessen im Treppenhaus des Kantinengebäudes, handelt es sich daher nicht um einen versicherten Arbeitsunfall. Der Versicherungsschutz tritt erst nach Verlassen des Gebäudes, also nach Durchschreiten der Außentür, wieder ein.

Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013
L 8 U 1506/13
AuA 2014, 113


Kein Anspruch auf kostenloses Parken

Einem Arbeitnehmer steht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der betrieblichen Übung kein Rechtsanspruch auf die künftige kostenlose Nutzung eines Betriebsparkplatzes zu, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit Neubaumaßnahmen die bisherige Parkplatzanlage beseitigt und unter erheblichem Kostenaufwand eine neue Parkplatzfläche schafft. In diesem Fall können die Arbeitnehmer auch bei einer jahrelangen kostenlosen Nutzung des Betriebsparkplatzes nicht von einem Fortbestehen der unentgeltlichen Parkplatznutzung ausgehen. Sofern in dem Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist, ist die Höhe der Parkgebühren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu vereinbaren bzw. im Falle der Nichteinigung von der Einigungsstelle festzulegen.

Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 13.01.2014
1 Sa 17/13
EzA-SD 2014, Nr. 4, 12


Keine Kostenübernahme für Sauerstoffversorgung eines unbelehrbaren Rauchers

Einem Raucher, der trotz einer chronischen Lungenerkrankung und zu geringem Sauerstoffgehalt im Blut nicht mit dem Rauchen aufhören will, steht gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse kein Erstattungsanspruch für ein mobil nutzbares Flüssigsauerstoffsystem zu.

Beschluss des SG Heilbronn vom 03.12.2013
S 9 KR 4030/13 ER
JURIS online


Entlassung eines Lehramtsanwärters nach anzüglichem Chatten mit 16-jähriger Schülerin


Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass ein Lehrer auf Probe, der über ein soziales Netzwerk mit einer 16-jährigen Schülerin mit erkennbar sexuellen Absichten privat chattet, aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden darf. Ein Lehrer, dem die Befriedigung eigener Bedürfnisse wichtiger ist als die unbeeinträchtigte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, ist für den Schuldienst ungeeignet.

Urteil des VG Aachen vom 09.01.2014
1 K 2155/13
Pressemitteilung des VG Aachen


Vermögender Schwerbehinderter muss Pkw selbst finanzieren

Einem Schwerbehinderten steht weder aus der UN-Behindertenrechtskonvention noch nach deutschem Sozialhilferecht ein Rechtsanspruch auf Finanzierung eines behindertengerechten Pkws zu, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse eine eigenfinanzierte Anschaffung ermöglichen würden. Dementsprechend lehnte das Sächsische Landessozialgericht den Antrag einer schwer gehbehinderten Frau ab, die eine Alters- und Witwenrente in Höhe von zusammen knapp 1.200 Euro monatlich bezog und über ein Sparvermögen im mittleren fünfstelligen Bereich verfügte.

Urteil des Sächsischen LSG vom 17.04.2013
L 8 SO 84/11
JURIS online


Brustimplantate kein Hinderungsgrund für Polizeidienst


Die Einstellung einer Bewerberin für den Polizeivollzugsdienst darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle ihr wegen eingesetzter Brustimplantate an der gesundheitlichen Eignung. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin stellte ein fachärztlicher Gutachter fest, dass typische Polizeieinsätze und das Tragen der Schutzkleidung die Bewerberin nicht höher gefährden würden als Bewerberinnen ohne Brustimplantate.

Im Übrigen wies das Gericht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hin, wonach aktuell dienstfähigen Bewerbern die gesundheitliche Eignung nur noch abgesprochen werden kann, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass es zu einer Frühpensionierung oder zu regelmäßigen und langen Erkrankungen kommen werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurden die Berufung und die Sprungrevision zugelassen.

Urteil des VG Berlin vom 22.01.2014
VG 7 K 117.13
Pressemitteilung des VG Berlin



Versicherungsrecht

Verweisung an freie Fachwerkstatt auch bei schon durchgeführter Reparatur


Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt entschieden, dass der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht - zumindest bei einem Fahrzeugalter von mehr als drei Jahren - grundsätzlich auf eine freie Werkstatt verwiesen werden kann. Dies setzt voraus, dass in der markenungebundenen Werkstatt nachweislich eine Reparatur in gleicher Güte und Qualität möglich und die Werkstatt für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich ist.

In diesem Zusammenhang weist das Landgericht Siegen darauf hin, dass die Verweisung des fiktiv auf der Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnenden Geschädigten auf eine günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit auch bei bereits durchgeführter Reparatur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des zivilgerichtlichen Verfahrens über die Schadenshöhe statthaft ist. Die Versicherung muss dann nur die geringeren Reparaturkosten tragen.

Urteil des LG Siegen vom 05.11.2013
1 S 32/12
NJW-Spezial 2014, 106


Haftungsverteilung bei Auffahrunfall nach Reifenplatzer


Wurde ein Auffahrunfall dadurch verursacht, dass der vorausfahrende Pkw mit Anhänger wegen eines Reifenplatzers zum Stillstand gebracht wird und der Hintermann bei einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h trotz Vollbremsung auffährt, so rechtfertigt die Betriebsgefahr des Vorausfahrenden eine Mithaftung in Höhe von 20 Prozent. Eine höhere Mithaftung des Vorausfahrenden ist nur dann anzunehmen, wenn der Auffahrende nachweisen kann, dass es durch einen Fahrfehler des Vordermanns (z.B. unbegründete Vollbremsung) zu dem Reifenplatzer gekommen ist. Dieser Beweis konnte im Prozess nicht erbracht werden.

Urteil des OLG Celle vom 27.08.2013
14 U 37/13
NZV 2014, 82
Schaden-Praxis 2014, 77


Privatversicherte müssen Arztrechnung überprüfen

Hat eine private Krankenversicherung eine vom Versicherten vorgelegte Rechnung eines Arztes ausgeglichen, auf der - wie sich später herausstellte - nicht erbrachte Leistungen abgerechnet wurden, hat der Versicherte die Zuvielzahlung zu erstatten, wenn er die Rechnung nicht überprüft hat und die Falschabrechnung für ihn erkennbar gewesen wäre.

Urteil des AG München vom 04.07.2013
282 C 28161/12
Justiz Bayern online


Empfehlung einer bestimmten Werkstatt durch gegnerische Haftpflichtversicherung


Folgt ein bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall Geschädigter der uneingeschränkten Empfehlung der gegnerischen Haftpflichtversicherung, das Unfallfahrzeug in einer bestimmten Kfz-Werkstatt reparieren zu lassen, weil er dort auch einen Mietwagen gestellt bekommt, so kann der Geschädigte darauf vertrauen, dass die Reparaturkosten vom Haftpflichtversicherer zu 100 Prozent übernommen werden.

Das Amtsgericht Marburg ging davon aus, dass der Geschädigte das entsprechende Gespräch mit dem Versicherungssachbearbeiter so auffassen konnte, dass die Versicherung für den Unfallschaden vollumfänglich aufkommt, wenn die benannte Werkstatt in Anspruch genommen wird. Im Ergebnis war es daher unerheblich, dass nach dem Unfallhergang an sich eine hälftige Schadensteilung angezeigt gewesen wäre.

Urteil des AG Marburg vom 23.09.2013
9 C 345/13 (81)
DAR 2013, 709


Kosten für Reparaturbestätigung ersatzfähig


Für das Amtsgericht Braunschweig liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor, wenn sich ein unfallgeschädigter Autofahrer, der den Schaden an seinem Wagen in Eigenregie beseitigt, anschließend die ordnungsgemäße Durchführung der Reparatur von einem Sachverständigen bestätigen lässt, um seinen Anspruch auf Nutzungsausfall geltend machen zu können. Die hierfür entstehenden Kosten sind daher vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzen.

Urteil des AG Braunschweig vom 24.07.2013
114 C 469/13
Verkehrsrecht aktuell 2013, 168
jurisPR-VerkR 3/2014 Anm. 1


Anscheinsbeweis für Alleinverschulden beim Öffnen der Fahrzeugtür


Wer in ein Fahrzeug ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist (§ 14 StVO). Steigt ein Autofahrer in sein am Fahrbahnrand in einer Parkbucht abgestelltes Fahrzeug ein und bleibt ein Lkw-Fahrer mit seinem Auflieger an der noch offen stehenden Tür hängen, spricht der erste Anschein für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- bzw. Aussteigenden und damit für dessen alleinige Haftung für den Unfallschaden. Schuld an einem dadurch ausgelösten Unfall ist daher derjenige, der unachtsam die Fahrzeugtür geöffnet hat.

Urteil des AG München vom 20.09.2013
A. 331 C 12987/13
Justiz Bayern online



Reiserecht

Kein Schadensersatz wegen Sturz in alter Schlossanlage


In alten Schloss- und Burganlagen dürfen Besucher nicht auf ein "barrierefreies" Begehen der Anlage vertrauen. Vielmehr muss mit nicht unerheblichen Bodenunebenheiten und baulich bedingten Hindernissen gerechnet werden. So wies das Oberlandesgericht Oldenburg die Schadensersatzklage einer Besucherin des Schlosses Ippenburg in Bad Essen ab, die über einen in der Mitte des Weges befindlichen Befestigungspunkt eines geöffneten gusseisernen Tores gestürzt war. In älteren Anlagen kann von Besuchern hinsichtlich Stolpergefahren eine erhöhte Aufmerksamkeit verlangt werden.

Urteil des OLG Oldenburg vom 28.02.2014
11 U 75/13
Niedersächsisches Landesjustizportal


Keine Reisepreisminderung nach einvernehmlicher Änderung der Reiseleistung

Hat sich ein Reisender mit einer Änderung der ursprünglich geschuldeten Reiseleistung einverstanden erklärt, kann dies bei etwaigen Mängeln einen Verlust seiner Minderungsrechte bedeuten, auch wenn die Abweichungen sonst als Fehler anzusehen wären.

Ist ein Hotelgast von dem gebuchten, mangelfreien Doppelzimmer ohne Meerblick auf eigenen Wunsch in ein vorher besichtigtes Appartement mit Meerblick umgezogen, kann er den Reisepreis nicht wegen angeblicher Ausstattungsmängel mindern, wenn er sich dieses Recht nicht ausdrücklich vorbehalten hat.

Urteil des AG Köln vom 23.09.2013
142 C 515/12
JURIS online


19-stündige Flugverspätung bei Kurzreise


Bei einer Pauschalreise (Flug, Hotelunterbringung) nach Mallorca war ursprünglich als Abflugzeit vom Frankfurter Flughafen 4:20 Uhr vorgesehen. Die Ankunft am Zielflughafen sollte um 6:30 Uhr erfolgen. Tatsächlich startete das Flugzeug erst um 23:15 Uhr. Die Landung auf Mallorca erfolgte ca. 2 Stunden später. Die Hotelzimmer konnten erst in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages bezogen werden.

Da der betroffene Reisende annähernd einen vollständigen Reisetag verloren hatte und darüber hinaus der Tag/Nachtrhythmus durch die Ankunft erst in den frühen Morgenstunden und die verzögerte Nachtruhe gestört wurde, war für das Amtsgericht Hamburg-St. Georg die bei Flugverspätungen übliche Minderung von 5 Prozent ab der fünften Verspätungsstunde nicht ausreichend, sodass es zu der sich bereits ergebenden Minderung von 75 Prozent des täglichen Reisepreises einen weiteren Abschlag für gerechtfertigt hielt. Dem Touristen wurde danach ein Minderungsbetrag von 20 Prozent des Gesamtreisepreises zuerkannt.

Urteil des AG Hamburg-St. Georg vom 12.07.2013
920 C 378/12
RRa 2013, 278



Bank- und Anlegerrecht

Verjährung von Rückerstattungsansprüchen für ungerechtfertigte Bearbeitungsgebühr

Nach mittlerweile einhelliger Rechtsprechung sind Kreditinstitute nicht berechtigt, von ihren Kunden zusätzliche jährliche Bearbeitungsgebühren für laufende Kredite zu erheben. Kunden können unberechtigt erhobene Ansprüche auch rückwirkend zurückverlangen. Dabei ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB zu beachten. Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Die Landgerichte Stuttgart und Nürnberg-Fürth haben nun übereinstimmend klargestellt, dass in derartigen Fällen die Verjährungsfrist erst mit den ersten im Jahr 2011 erlassenen einschlägigen OLG-Urteilen (z.B. OLG Dresden - 8 U 562/11 und OLG Celle - 3 W 86/11) beginnt. Bis Ende 2014 können daher auch noch zu Unrecht berechnete Bearbeitungsgebühren aus früheren Jahren geltend gemacht werden.

Urteil des LG Stuttgart vom 05.02.2014
13 S 126/13
Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27.01.2014
6 S 3714/13
BB 2014, 449


Anrechnung steuerlicher Vorteile auf Schadensersatz wegen Falschberatung


Stehen einem Kapitalanleger wegen der Verletzung des Beratungsvertrags bei einer Fondsanlage Schadensersatzansprüche zu, muss er sich die aus Verlustzuweisungen erzielten Steuervorteile nicht anrechnen lassen. Dies begründet das Kammergericht Berlin damit, dass auch die Schadensersatzleistung in der Regel der Besteuerung unterliegt und davon ausgegangen werden kann, dass sich die erzielten Steuervorteile und die aus der Besteuerung der Ersatzleistung zu erwartenden Steuernachteile in etwa die Waage halten. Selbst bei einer möglichen Steuerfreiheit der Schadensersatzleistung scheidet eine Anrechnung aus, da dem Steuerpflichtigen die Steuervergünstigung nur einmal im Leben gewährt wird.

Urteil des KG Berlin vom 16.05.2013
8 U 258/11
WM 2013, 1601
jurisPR-BKR 2/2014 Anm. 4



Verbraucherrecht und Sonstiges


Keine gesonderte Vergütung für Mobilfunkrechnung per Post

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main untersagte es einem Mobilfunkunternehmen, für die Zusendung der Rechnung per Post - statt der alternativ angebotenen Abrufbarkeit der Rechnung über die Internetseite - eine gesonderte Gebühr (hier 1,50 Euro) zu berechnen. Die Erstellung einer Rechnung liegt im eigenen Interesse des Unternehmens und entspricht einer vertraglichen Nebenpflicht und kann daher nicht von der Zahlung einer gesonderten Vergütung abhängig gemacht werden.

Außerdem untersagt das Gericht dem Mobilfunkunternehmen, ein Pfand für die überlassene SIM-Karte (hier 29,65 Euro) zu verlangen. Um das Geld zurückzubekommen, sollte der Kunde die Karte innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende "in einwandfreiem Zustand" zurücksenden. Hier handelte es sich - so die Urteilsbegründung - um eine zusätzliche Einnahmequelle, die auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes zu rechtfertigen war, da die nach Vertragsbeendigung wertlose SIM-Karte ebenso vom Kunden selbst sicher vernichtet werden konnte.

Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 09.01.2014
1 U 26/13
JURIS online


Strafbarkeit der Ausnutzung des Defektes eines Geldwechselautomaten


Wer lediglich einen von ihm nicht hervorgerufenen, aber ihm bekannten Defekt eines Spiel- oder Geldwechselautomaten ausnutzt und sich Geld ohne Belastung des eigenen Guthabens auszahlen lässt, begeht keinen Computerbetrug und in der Regel auch keine Unterschlagung.

Ein Computerbetrug i.S.d. § 263a StGB setzt ein Täuschungsverhalten gegenüber einer natürlichen Person voraus. Die Verwirklichung des Straftatbestandes der Unterschlagung gemäß § 246 Abs.1 StGB ist nur dann denkbar, wenn sich der Betreiber des Automaten ausdrücklich das Eigentum am ausgegebenen Geld vorbehalten hat. Ansonsten ist das Behalten des wegen des technischen Defekts vom Automaten ausgeworfenen Geldes nicht strafbar.

Urteil des AG Karlsruhe vom 22.07.2013
15 Ds 341 Js 11203/11 jug
CR 2013, 642


Ablehnung einer Muslimin an katholischer Bekenntnisschule

Sogenannte Bekenntnisschulen genießen insofern einen besonderen Status, als sie von ihrer Ausrichtung her grundsätzlich für Kinder des jeweiligen Bekenntnisses gedacht sind. Bekenntnisfremde Kinder müssen nur ausnahmsweise aufgenommen werden, wenn keine andere Schule zur Verfügung steht.

Das Verwaltungsgericht Minden hat entschieden, dass die Ablehnung eines bekenntnisfremden Schülers auch dann gerechtfertigt ist, wenn in der Schule bereits zahlreiche Schüler von der Teilnahme am Religionsunterricht befreit sind. Eine Bekenntnisschule muss die Möglichkeit haben, durch entsprechende Aufnahmekriterien einem "Bekenntnisschwund" entgegenzuwirken. Steht schon von vornherein fest, dass ein Schüler wegen seines anderen Bekenntnisses nicht am katholischen Religionsunterricht teilnehmen wird, kann er abgelehnt werden. Da in dem entschiedenen Fall für eine abgelehnte Muslimin eine andere Grundschule mit zumutbarem Schulweg zur Verfügung stand, war ihre Abweisung rechtens.

Urteil des VG Minden vom 28.02.2014
8 K 1719/13
Pressemitteilung des VG Minden


Faktisches Haltungsverbot durch zu hohen Steuersatz für Kampfhunde


Das Verwaltungsgericht Trier hält die Erhebung einer Hundesteuer für gefährliche Hunde in Höhe von 1.500 Euro jährlich für unzulässig. Die Hundesteuer hat sich als Aufwandssteuer an der Leistungsfähigkeit desjenigen zu orientieren, der für die Haltung eines Hundes finanziellen Aufwand betreibt. Ausgehend von einer im Bundesdurchschnitt jährlichen finanziellen Belastung i.H.v. 900 bis (keine Rechtschreibvorschläge) pro Hund ist bei einer Steuerbelastung, die den anzunehmenden jährlichen Aufwand für die Hundehaltung - wie hier - deutlich übersteigt, nicht mehr davon auszugehen, dass die Gemeinde hiermit Einnahmen erzielen will. Vielmehr kommt ein solcher Steuersatz einem Haltungsverbot gleich.

Urteil des VG Trier vom 13.02.2014
2 K 637/13.TR
Pressemitteilung des VG Trier



Steuerrecht

Anschaffungsnebenkosten bei Grundstückserwerb durch Erbschaft


Fallen bei der Auseinandersetzung einer Erbschaft, zu der mehrere Mietshäuser gehören, Kosten für notarielle Beurkundung und Grundbucheintragungen an, sind diese nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs im Wege der AfA (Abschreibung für Anschaffung) abziehbar, wenn sie der Überführung der bebauten Grundstücke von der fremden - hier der Erbengemeinschaft - in die eigene Verfügungsmacht und damit der Verwirklichung der Einkunftserzielung dienen.

Urteil des BFH vom 09.07.2013
IX R 43/11
DB 2013, 2121
DStR 2013, 1984


Werbungskosten bei beruflich veranlassten Krankheiten


Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit können laut Bundesfinanzhof betrieblich oder beruflich veranlasst sein, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht. In dem entschiedenen Fall ging es um den Werbungskostenabzug einer Orchestermusikerin für Aufwendungen für Krankengymnastik und Bewegungsschulung.

Urteil des BFH vom 11.07.2013
VI R 37/12
DB 2013, 2310


Kein Abzug einer Spende an den Papst

Eine anlässlich einer Generalaudienz bei Papst Benedikt XVI. durch Übergabe eines Schecks über 50.000 Euro getätigte Spende ist trotz Ausstellung einer Spendenbescheinigung durch den "Heiligen Stuhl" in Deutschland nicht als Spende steuermindernd absetzbar. Das Finanzgericht Köln sah in diesem Fall nicht die katholische Kirche Deutschland, sondern den Vatikanstaat als Empfänger der Zuwendung an. Nach deutschem Recht ist aber eine Spende nur dann steuerlich abziehbar, wenn der Spendenempfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist, die in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem EWR-Staat gelegen ist. Diese Voraussetzungen sind bei einer Spende unmittelbar an den Papst nicht erfüllt, da der Vatikan weder der EU noch dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört.

Urteil des FG Köln vom 15.01.2014
13 K 3735/10
BB 2014, 471


Doppelte Haushaltsführung: Tochter in Zweitwohnung


Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster dann nicht mehr beruflich veranlasst, wenn die Zweitwohnung nicht nur von dem Arbeitnehmer selbst während seiner beruflich veranlassten Aufenthalte am Beschäftigungsort genutzt wird, sondern zugleich ganzjährig einem Angehörigen (hier der ein Praktikum ableistenden Tochter des Steuerpflichtigen) in Erfüllung einer - tatsächlich oder vermeintlich - bestehenden Unterhaltsverpflichtung zur (Mit-)Nutzung überlassen wird.

Urteil des FG Münster vom 15.11.2013
14 K 1196/10
EFG 2014, 257


Keine Steuerfreiheit für Entgeltzahlung bei Teilnahme an Fernsehshow


Gewinne aus Lotterien und Glücksspielen sind in der Regel steuerfrei. Dies gilt jedoch nicht für Entgelte für die Teilnahme an einer Fernsehshow. In dem vom Finanzgericht Münster entschiedenen Fall ging es um die Teilnahme an der RTL-Show "Die Farm", bei der insgesamt zwölf Kandidatinnen und Kandidaten für bis zu sieben Wochen auf einem abgelegenen und verlassenen Bauernhof auf sich selbst gestellt leben mussten. Bei regelmäßigen Ausscheidungsspielen wurde ermittelt, wer die Show vorzeitig verlassen muss. Die Kandidaten erhielten für die Dauer ihrer Teilnahme Wochenpauschalen. Dem Sieger wurde darüber hinaus ein "Projektgewinn" vertraglich zugesagt.

Das Gericht sah die vereinnahmten Wochenpauschalen als Gegenleistung für die Teilnahme an der Show, die ständige Anwesenheit im Bauernhaus sowie die Überlassung der Verwertungsrechte am Bild- und Tonmaterial an und verneinte somit die Gleichstellung mit einem Lotteriegewinn. Der Teilnehmer musste die erhaltenen Zahlungen demnach als Einkünfte versteuern.

Urteil des FG Münster vom 15.01.2014
4 K 1215/12 E
JURIS online


März 2014


Verkehrsrecht

"Vorfahrt gewähren" für Radfahrer und Kfz am Kreisverkehr

Das Oberlandesgericht Hamm musste über die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall entscheiden, bei dem beide Unfallbeteiligte die Vorfahrt zu beachten hatten. Die Fahrerin eines E-Bikes befuhr einen neben einem Kreisverkehr verlaufenden Radweg. Vor dem Queren der Einfahrtsstraße zum Kreisverkehr haben Radfahrer dort das Verkehrszeichen "Vorfahrt gewähren" zu beachten. Kraftfahrer, die in den Kreisverkehr einfahren wollen, passieren vor dem Radweg und dem Kreisverkehr ebenfalls das Zeichen "Vorfahrt gewähren" in Kombination mit dem Zeichen "Kreisverkehr".

Das Gericht schränkte die Wartepflicht für Kraftfahrzeuge dahingehend ein, dass sie aufgrund der von ihnen zu passierenden Verkehrszeichen lediglich gegenüber dem auf der eigentlichen Kreisbahn befindlichen Verkehr wartepflichtig sind und nicht auch gegenüber Radfahrern, die den neben der Kreisbahn befindlichen Radweg benutzen. Demgegenüber gilt für Radfahrer die uneingeschränkte Wartepflicht nicht nur gegenüber Fahrzeugen, die aus dem Kreisverkehr in die Zufahrtsstraße abbiegen, sondern auch gegenüber den Fahrzeugen, die über die Zufahrtsstraße in den Kreisverkehr einfahren wollen. Die bei der Kollision verletzte Radfahrerin musste daher alleine für den ihr entstandenen Schaden aufkommen.

Urteil des OLG Hamm vom 17.07.2013
9 U 200/11
JURIS online


Nutzung der vollen Breite eines Pkw-Stellplatzes

Der Inhaber eines Kfz-Stellplatzes ist rechtlich nicht verpflichtet, diesen in seiner kompletten Breite auszunutzen. Er darf daher sein Auto auch dann auf der rechten Hälfte parken, wenn dadurch dem Nutzer der danebenliegenden Parkfläche das Einsteigen erschwert wird. Das Rücksichtnahmegebot ist insbesondere dann nicht verletzt, wenn der Autofahrer seinen Wagen nur dann an der rechten Begrenzung parkt, wenn er seinerseits durch das Rechtsparken seines linken Stellplatznachbarn behindert wird.

Urteil des AG München vom 11.06.2013
415 C 3398/13
Justiz Bayern online


Unerlaubte Handynutzung kann Fahrverbot rechtfertigen

Die unerlaubte Benutzung des Mobiltelefons während einer Autofahrt wird mit einem Bußgeld von 40 Euro (ab Mai 2014 60 Euro) geahndet. Bei wiederholten Verstößen kann das Telefonieren beim Autofahren sogar ein Fahrverbot nach sich ziehen. So verurteilte das Oberlandesgericht Hamm einen Autofahrer wegen beharrlicher Pflichtverletzung zu einer erhöhten Geldbuße von 80 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat, da er innerhalb eines Jahres bereits das vierte Mal beim Telefonieren im Auto erwischt worden und in den letzten zweieinhalb Jahren dreimal wegen zu hoher Geschwindigkeit aufgefallen war.

Beschluss des OLG Hamm vom 24.10.2013
3 RBs 256/13
Pressemitteilung des OLG Hamm


Keine doppelte Umzugsgebühr bei Umschreibung eines Kfz

Wenn bei einer Umschreibung eines Kraftfahrzeugs aus einem anderen Zulassungsbezirk wegen des Halterwechsels die Ausstellung einer weiteren Zulassungsbescheinigung Teil II nötig ist, darf hierfür keine gesonderte Gebühr erhoben werden. Die Ummeldegebühr beinhaltet auch die Zulassungsbescheinigung.

Urteil des VG Berlin vom 12.11.2013
11 K 478.12
Wirtschaftswoche Heft 50/2013, Seite 115


Keine Ungleichbehandlung durch vorgeschriebene Umweltplakette

Wer ohne die erforderliche Plakette in eine Umweltzone einfährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss ein Bußgeld zahlen. Das Oberlandesgericht Hamm ließ den Einwand eines betroffenen Autofahrers, die Vorschriften zu der Umweltplakette würden angesichts der vielen Ausnahmen gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, nicht gelten.

Soweit für bestimmte Fahrzeuge das Befahren der Umweltzone ohne Plakette gestattet ist, beruhe dies - so das Gericht - im Wesentlichen auf Ausnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen und deshalb auf einem sachlichen Differenzierungsgrund beruhen. Beispielsweise hat die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Oldtimer ihre Ursache darin, dass derartige Fahrzeuge eher selten im Straßenverkehr vorkommen und eine Umrüstung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.

Beschluss des OLG Hamm vom 26.06.2013
1 RBs 85/13
Pressemitteilung des OLG Hamm


Kein Nachbesserungsrecht des Leasingnehmers bei Schäden an Leasingfahrzeug

Der Bundesgerichtshof hat eine Klausel in einem Kfz-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung, die den Leasingnehmer zum Minderwertausgleich verpflichtet, wenn er das Leasingfahrzeug nicht in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Zustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher zurückgibt, für wirksam angesehen.

Der Leasingnehmer kann sich daher nicht auf die entsprechende Anwendung der im Kaufrecht geltenden Bestimmung berufen, wonach dem Käufer einer mangelhaften Sache grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche (Rückgängigmachung des Kaufvertrags, Minderung oder Schadensersatzanspruch) zustehen, wenn er den Verkäufer nicht vorher vergeblich zur Nacherfüllung aufgefordert hat. Der Leasinggeber muss dem Kunden daher nicht die Möglichkeit geben, Nachbesserungsarbeiten an dem zurückgegeben Wagen machen zu lassen.

Urteil des BGH vom 17.07.2013
VIII ZR 334/12
MDR 2013, 1270
DAR 2013, 703


Kein Nutzungsausfall für Rennrad

Nach der Rechtsprechung kann Nutzungsausfall lediglich für Wirtschaftsgüter von allgemeiner, zentraler Bedeutung für die Lebenshaltung verlangt werden. Nur die Vorenthaltung von Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit ein Nutzer typischerweise angewiesen ist, rechtfertigt eine Nutzungsentschädigung. Die Gerichte bejahen Ansprüche auf Nutzungsentschädigung bei Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, Elektrorollstühlen und Kücheneinrichtungen, jedoch in der Regel nicht bei Fernsehern, Waschmaschinen und Kühlschränken sowie Gegenständen, die nicht zum notwendigen Lebensbedarf gehören (Swimmingpool, Pelzmantel, Reitpferd, Motorboot).

Entsprechend dieser Grundsätze verneinte das Oberlandesgericht Stuttgart den Anspruch des Käufers eines Rennrades auf Ersatz des Nutzungsausfalls, nachdem er das Rad wegen eines Mangels zurückgegeben hatte. Einem ausschließlich zu sportlichen Aktivitäten genutzten Rennrad kommt keine zentrale Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensgestaltung zu.

Beschluss des OLG Stuttgart vom 09.09.2013
13 U 102/13
MDR 2014, 76


Eltern müssen angeschnalltes Kleinkind kontrollieren

Ein Autofahrer kann auch dann zu einem Bußgeld herangezogen werden, wenn sich das in seinem Auto befindliche Kleinkind - angeblich - unbemerkt abgeschnallt hat. Ein Autofahrer muss - so das Oberlandesgericht Hamm - auch während der Fahrt stets darauf achten, dass Kleinkinder im Auto angeschnallt sind. Notfalls muss die Fahrstrecke so gewählt werden, dass er sich umschauen und jederzeit anhalten kann, um das Kind wieder zu sichern.

Beschluss des OLG Hamm vom 19.04.2013
5 RBs 153/13
ZfSch 2013, 653


Unfall beim Vorbeifahren an einem mit eingeschalteter Warnblinkanlage anhaltenden Schulbus

§ 20 Abs. 4 StVO (Straßenverkehrsordnung) verlangt ein Herabsetzen der Geschwindigkeit auf 4 bis 7 km/h (Schrittgeschwindigkeit) bereits beim Vorbeifahren an einem mit eingeschalteten Warnblinkleuchten anhaltenden Bus und nicht erst, wenn ein Fußgänger sichtbar wird. Geschützt werden sollen dadurch nicht nur Fahrgäste, die aus dem Bus aussteigen, sondern Fahrgäste, die - gleich aus welcher Richtung - über die Straße zum Bus laufen. Ein Kraftfahrer ist daher verpflichtet, bei Annäherung an einen mit eingeschalteter Warnblinkanlage in einer Haltebucht stehenden Schulbus auch die Gegenfahrbahn zu beobachten, um rechtzeitig auf einen querenden Fußgänger reagieren zu können. Er kann auch nicht darauf vertrauen, dass die Fahrgäste eine nahegelegene Fußgängerfurt benutzen.

In dem entschiedenen Fall verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz einen Autofahrer, der nachweislich mit 20 km/h an einem mit eingeschalteter Warnblinkanlage anhaltenden Schulbus vorbeifuhr und dabei einen unachtsam die Fahrbahn von links überquerenden minderjährigen Schüler erfasste und verletzte, zum Ersatz von 75 Prozent des Unfallschadens.

Urteil des OLG Koblenz vom 12.08.2013
12 U 806/11
NZV 2014, 31



Miet- und WEG-Recht

Mobilfunkantenne auf Wohnungseigentum nur mit Zustimmung aller Eigentümer

Die Errichtung einer Mobilfunksendeanlage auf dem Haus einer Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer. Der Bundesgerichtshof gab damit der Eigentümerin einer Dachgeschosswohnung Recht, die bei der Entscheidung der Eigentümergemeinschaft über die Anbringung einer Mobilfunkantenne gegen ein an die Gemeinschaft zu zahlendes Entgelt überstimmt worden war.

Den Bundesrichtern kam es - anders als den Vorinstanzen - nicht darauf an, dass die Strahlenbelastung durch die Anlage unter den gesetzlich zugelassenen Grenzwerten lag. Entscheidend war vielmehr, dass es sich um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG handelte, die der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer bedarf, sofern nicht nur eine unwesentliche Beeinträchtigung des jeweiligen Eigentümers vorliegt. Bei dieser Beurteilung ist die Einhaltung der Grenzwerte als unerheblich anzusehen, da in der Allgemeinheit die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Strahlenbelastungen nach wie vor äußerst umstritten sind und daher zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- oder Verkaufswerts der betroffenen Wohnung besteht.

Urteil des BGH vom 24.01.2014
V ZR 48/13
Pressemitteilung des BGH


Auch Vermieter zu neutralem Farbanstrich verpflichtet


Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Mieter bei Vertragsende dem Vermieter die Wohnung mit neutralem Farbanstrich zurückgeben muss (Az.: VIII ZR 416/12).

Das Amtsgericht Berlin-Mitte sieht den Vermieter in gleicher Weise verpflichtet, wenn er die Durchführung von Schönheitsreparaturen vertraglich übernommen hat. Er muss bei den Wandanstrichen daher dezente Farben bzw. neutrale Tapeten wählen, so wie er dies auch vom Mieter bei Rückgabe erwarten könnte.

Urteil des AG Berlin-Mitte vom 08.08.2013
121 C 135/13
Grundeigentum 2013, 1285


Kein nachträgliches Verbot der Waschmaschinennutzung in Wohnung

Der Vermieter ist nicht berechtigt, die mietvertraglich erteilte Erlaubnis, in der Wohnung Waschmaschine und Wäschetrockner zu betreiben, einseitig durch Erlass einer neuen Hausordnung zurückzunehmen. Das gilt jedenfalls dann, wenn kein sachlicher Grund für die Nutzungseinschränkung besteht. Soweit sich der Vermieter auf Beschwerden anderer Mieter wegen Lärmbelästigung beruft, ist dies unbeachtlich, sofern der Mieter die Waschmaschine unter Berücksichtigung der gebotenen Rücksichtnahme (z.B. Einhaltung der Ruhezeiten) benutzt. In diesem Fall müssen die Mitmieter dies als sozialadäquate Lärmbeeinträchtigung hinnehmen.

Urteil des LG Freiburg vom 10.12.2013
9 S 60/13
JURIS online


Beschädigung eines Mieterfahrzeugs durch eine Dachlawine

In einem in der Regel schneearmen Gebiet wie am Niederrhein ist der Vermieter eines in Duisburg gelegenen Mietshauses nicht verpflichtet, wegen der winterlichen Wetterverhältnisse Schneefanggitter auf dem Hausdach zum Schutz der hinter dem Haus gelegenen Mieterparkplätze anzubringen. Der Vermieter haftet somit nicht für Schäden, die durch herabfallenden Schnee oder Eiszapfen an einem Mieterfahrzeug entstanden sind, das auf dem zur Wohnung gehörenden, ans Haus angrenzenden Parkplatz abgestellt war.

Der Vermieter war auch nicht zur Aufstellung von Warnschildern oder gar zur Sperrung des Parkplatzes verpflichtet, da das winterliche Wetter und der überall, also auch auf den Hausdächern, liegende Schnee dem Mieter in gleicher Weise ersichtlich war wie dem Vermieter. Die grundsätzliche Gefahr, dass sich Dachlawinen lösen können, musste deshalb auch dem geschädigten Mieter bekannt sein. Ein Warnschild hätte insofern keinen zusätzlichen Informationswert gehabt.

Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.06.2013
I-U 10 U 18/13
MDR 2014, 32


Keine Kita in Mietwohnung

Die Mieterin einer Wohnung hat keinen Rechtsanspruch darauf, die Wohnung zur Kinderbetreuung als Tagesmutter nutzen zu dürfen. Der Vermieter kann eine solche Nutzungsänderung untersagen. Zu einer Gestattung wäre er nur dann verpflichtet, wenn von der beabsichtigten Tätigkeit keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder auf Mitmieter ausgingen als bei einer üblichen Wohnnutzung. Dies ist bei der Betreuung von bis zu fünf fremden Kleinkindern werktags von 8 bis 16 Uhr in einer im 1. Obergeschoss gelegenen Wohnung zweifelsfrei nicht der Fall.

Urteil des LG Berlin vom 24.10.2013
67 S 208/13
Grundeigentum 2013, 1588


Zulässige Beschränkungen der Nutzung der Gemeinschaftswaschküche

Ein Wohnungsmieter war zur Benutzung der in dem Mehrfamilienhaus befindlichen Waschküche berechtigt, wo die Mieter ihre eigenen Waschmaschinen aufstellen durften. Er war jedoch ganz und gar nicht mit der entsprechenden Hausordnung einverstanden, wonach jeweils nur zwei von vier Mietvertragsparteien die Waschküche an jeweils vier hintereinander folgenden Tagen benutzen durften. Nachdem ihm der Vermieter nicht entgegenkommen wollte, kündigte der Mieter das Mietverhältnis gerade einen Monat nach dessen Abschluss. Der Vermieter wollte nur eine ordentliche Kündigung akzeptieren. Das Landgericht Oldenburg erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam.

Die vertraglich vereinbarte Mitbenutzung von Gemeinschaftsräumen bedeutet nicht, dass der Mieter sie nach Gutdünken nutzen kann. Vielmehr hat jeder Mieter die im Rahmen einer Hausordnung bestehende Benutzungsregelung der Gemeinschaftsräume zu akzeptieren, soweit diese sachgerecht ist. Eine gemeinschaftliche Nutzung hat sich dabei an den örtlichen Gegebenheiten zu orientieren, wobei der Vermieter entsprechend § 315 BGB im Rahmen des billigen Ermessens einseitig Regelungen aufstellen kann, um das Gemeinschaftsleben reibungslos zu gestalten. Die zeitlich eingeschränkte Nutzung der Waschküche war im vorliegenden Fall angesichts der beengten räumlichen Verhältnisse durchaus nachvollziehbar und auch zumutbar. Der unzufriedene Mieter musste die Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist einhalten.

Urteil des LG Wuppertal vom 10.10.2013
9 S 2/13
jurisPR-MietR 2/2014, Anm. 1


Recht des Mieters auf Anbringen einer Markise auf Balkon

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass ein Mieter von seinem Vermieter die Zustimmung zur Anbringung einer Markise verlangen kann, wenn er zusichert, bei Auszug den ursprünglichen Zustand des Balkons wiederherzustellen. Der Mieter muss sich insbesondere dann nicht darauf verweisen lassen, einen oder mehrere Sonnenschirme auf dem überdachten Balkon aufzustellen, wenn damit der ohnehin kleine Raum des Balkons zu sehr verstellt wird. Im Übrigen kann auch mit mehreren Sonnenschirmen nicht derselbe Sonnenschutz wie durch eine Markise erreicht werden. Auch optische Bedenken des Vermieters ließ das Gericht nicht gelten, da das Aufstellen mehrerer Sonnenschirme auf dem Balkon das Erscheinungsbild der Wohnanlage sogar stärker beeinträchtigt als eine Markise.

Urteil des AG München vom 07.06.2013
411 C 4836/13
Justiz Bayern online


Beschränktes Ausbaurecht für Balkon in Teilungserklärung


Ist in der Teilungserklärung einer Eigentumswohnanlage eine Duldungsverpflichtung der anderen Eigentümer für den Fall eines Balkonausbaus vorgesehen, bedeutet dies nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin nicht, dass der dadurch begünstigte Wohnungseigentümer bei der Realisierung des Ausbaus freie Hand hat. Eine derartige Vereinbarung betrifft nur die Entscheidung über das "Ob". Auch hinsichtlich des "Wie" des Balkonausbaus liegt eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG vor, der alle betroffenen Miteigentümer zustimmen müssen.

Urteil des LG Berlin vom 16.07.2013
55 S 171/12 WEG
MietRB 2014, 15


Eigenmächtige "Müllentsorgung" durch Vermieter

Ein Wohnungsvermieter vermutete in einem unverschlossenen Kellerabteil eines Mieters eine "Müllhalde" und hygienische Gefahren für die Hausbewohner und ließ den Unrat kurzerhand räumen. Später stellte sich heraus, dass sich unter den Gegenständen durchaus noch Brauchbares befunden und eine Schildkröte des Mieters dort ihren Winterschlaf gehalten hatte. Das Amtsgericht Hannover verurteile den rigorosen Vermieter zur Zahlung von Schadensersatz von 260 Euro für die entsorgten Gegenstände und 300 Euro für die Schildkröte, die ebenfalls auf der Deponie gelandet war.

Urteil des AG Hannover vom 06.11.2013
502 C 7971/13
Grundeigentum 2013, 1657



Familien- und Erbrecht

Kindergeld: "Addition" von Kindern eingetragener Lebenspartner

Eheleute haben seit jeher die rechtliche Möglichkeit, bei der Geltendmachung von Kindergeld auch die Kinder zu "addieren", die aus anderen Beziehungen der einzelnen Ehegatten entstammen. Dies führt ab dem dritten Kind zu einer Erhöhung des Kindergeldes von derzeit 184 auf 190 Euro und für jedes weitere Kind auf 215 Euro.

Die Regelung gilt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch für die in den Haushalt aufgenommenen Kinder eines eingetragenen Lebenspartners. Die seit 15. Juli 2013 in § 2 Abs. 8 EStG bestimmte Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen ist in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

Urteil des BFH vom 08.08.2013
VI R 76/12
DStR 2013, 2328
FamRZ 2013, 1973


BVerwG bejaht Aufwendungsersatz für selbst beschafften Krippenplatz

Erstmals hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem ab 1. August 2013 bundesweit geltenden gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz für ein- bis dreijährige Kinder befasst. Die Bundesrichter bejahten in ihrer Entscheidung einen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz, wenn die zuständige Kommune keinen geeigneten Krippenplatz zur Verfügung stellen kann.

Dieser Rechtsanspruch ergibt sich aus dem Bundesrecht entsprechend § 36a Abs. 3 SGB VIII, wenn die leistungsberechtigten Eltern den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung rechtzeitig über den Bedarf in Kenntnis gesetzt, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorgelegen haben und die Unterbringung des Kindes in einer Betreuungseinrichtung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.

Urteil des BVerwG vom 12.09.2013
5 C 35/12
RdW Heft 21/2013, Seite III
ArbN 2013, Nr. 7, 38


Grundbucheinsicht: Pflichtteilsberechtigter muss Erbfall abwarten

Pflichtteilsberechtigte haben erst nach dem Eintritt des konkreten Erbfalls ein berechtigtes rechtliches Interesse, das ihnen hinsichtlich zum Nachlass gehörender Immobilien die Einsicht des Grundbuchs ermöglicht. Zu Lebzeiten des Erblassers besteht somit kein Anspruch auf Grundbucheinsicht.

Beschluss des OLG München vom 17.07.2013
34 Wx 282/13
FamRZ 2014, 339


Pflichtteilsentziehung wegen Versagung persönlicher Pflege

Ein Mann setzte nach einem schweren Unfall, durch den er pflegebedürftig geworden war, seine ihn seit dem Unfall pflegende Lebensgefährtin als Alleinerbin ein. Seine Kinder enterbte er; sie sollten, da sie ihm jegliche Pflege verweigerten, auch keinen Pflichtteil bekommen. Nach dem Tod des Vaters klagten die Kinder ihre Pflichtteilsansprüche mit Erfolg ein.

Der Entzug der Pflichtteile scheiterte für das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zum einen daran, dass Kinder ihren Eltern Unterhalt grundsätzlich nur als Geldleistung schulden. Daher kann die Pflichtteilsentziehung nicht auf die Versagung persönlicher Pflege im Krankheitsfall gestützt werden. Zum anderen setzt eine Pflichtteilsentziehung eine böswillige Verletzung der Unterhaltspflicht voraus. Die bloße Leistungsverweigerung reicht hierbei nicht aus. Diese muss vielmehr auf einer verwerflichen Gesinnung beruhen, die vorliegend nicht feststellbar war.

Urteil des OLG Frankfurt vom 29.10.2013
15 U 61/12
ZEV 2014, 54


Nutzungsentschädigung nach Auszug bei gemeinsamem Nutzungsrecht an Familienwohnung

Zieht ein Ehegatte im Rahmen der Trennung aus der im Eigentum eines oder beider Eheleute stehenden Immobilie aus und überlässt er die bisher gemeinsam genutzte Wohnung bzw. das Haus dem anderen, steht ihm gegen diesen ein Nutzungsentschädigungsanspruch zu, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1361b Abs. 3 BGB). Mit der Vergütung sollen der Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für den weichenden Ehegatten kompensiert werden.

Der Bundesgerichtshof wendet die Vorschrift nunmehr auf alle Fälle von Eigentum, Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnungseigentum, Dauerwohnrecht und dinglichem Wohnrecht grundsätzlich unabhängig davon an, ob diese beiden Ehegatten gemeinsam oder nur einem von ihnen allein oder gemeinsam mit einem Dritten zustehen. In dem entschiedenen Fall hatten die Eheleute vor ihrer Trennung ihr im gemeinsamen Eigentum stehendes Einfamilienhaus aus steuerlichen Gründen auf ihre Tochter überschrieben und sich ein lebenslanges Nutzungsrecht einräumen lassen. Dem nach der Trennung aus dem Haus ausgezogenen Ehemann stand somit gegenüber seiner nach der Trennung im Haus gebliebenen Ehefrau wie einem Miteigentümer eine angemessene Nutzungsentschädigung zu.

Beschluss des BGH vom 18.12.2013
XII ZB 268/13
NJW 2014, 462


Gemeinsames Sorgerecht trotz Kommunikationsproblemen zwischen den Eltern

Nach dem Kindschaftsreformgesetz stellt nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht von Eltern ehelicher Kinder den Regelfall dar. Die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge setzt allerdings zumindest eine tragfähige soziale Beziehung sowie die Fähigkeit zur Kommunikation und Konsensfindung voraus. Bloße Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern reichen jedoch für eine Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil nicht aus. Maßstab und Ziel des gemeinsamen Sorgerechts ist - so das Oberlandesgericht Hamm - insoweit allein das Kindeswohl und nicht der Ausgleich persönlicher Probleme und Defizite zwischen den Eltern.

Urteil des OLG Hamm vom 23.07.2013
2 UF 39/13
FamFR 2013, 499


Unterhalt: Beibehaltung der zu teuren Ehewohnung während des Trennungsjahres

Von dem Unterhaltspflichtigen kann zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit nicht verlangt werden, dass er vor Ablauf des Trennungsjahres die Ehewohnung aufgibt und sich eine kleinere, preisgünstigere Wohnung sucht.

Der Gesetzgeber ist bei Einführung des Trennungsjahres gerade davon ausgegangen, dass in der Anfangsphase der Trennung nicht hinreichend sicher voraussehbar ist, ob die Ehe geschieden wird oder sich die Eheleute wieder versöhnen. Somit ist es grundsätzlich als sachgerecht anzusehen, den bisherigen räumlichen Bereich der Familie zunächst weiter zu erhalten, auch wenn dadurch der zu leistende Mindestunterhalt gefährdet ist.

Beschluss des OLG Köln vom 19.07.2013
II-10 WF 65/13
FamFR 2013, 464



Arbeits- und Sozialrecht

Keine Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers wandeln sich in Abgeltungsansprüche um, wenn der Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf nicht mehr eingebracht werden konnte. Dies gilt nicht bei der Vertragsbeendigung durch Tod des Arbeitnehmers, da auch die Urlaubsabgeltung der Verwendung zu Erholungszwecken dient und dieser Zweck im Todesfall nicht mehr erreicht werden kann. Das Bundesarbeitsgericht wies mit dieser Begründung die Klage der Erben einer Arbeitnehmerin ab, die wegen lang andauernder Krankheit ihren Urlaub nicht nehmen konnte und schließlich, ohne die Arbeit wiederaufgenommen zu haben, verstorben war.

Urteil des BAG vom 12.03.2013
9 AZR 532/11
NZA 2013, 678
BB 2013, 1790


Kein Arbeitsunfall bei Halt zum Geldabheben

Ein Kraftfahrer hielt auf dem Weg zur Arbeit an einer Bankfiliale an, um Geld abzuheben. Beim Aussteigen wurde er von einem Fahrzeug erfasst und verletzt. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sich der Arbeitnehmer zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem versicherten Weg befunden, sondern diesen durch die eigenwirtschaftliche Handlung des Geldabhebens unterbrochen hatte.

Etwas anderes hätte möglicherweise dann gegolten, wenn - wie von dem Kraftfahrer behauptet - eine Dienstanweisung des Arbeitgebers bestanden hätte, wonach er für die bevorstehende Lkw-Fahrt Bargeld für Spesen, Toilettennutzung, Essensversorgung und für die Durchführung von Kleinreparaturen hätte mitführen müssen und der Halt an der Bank diesem Zweck gedient hätte. Dies konnte er im Prozess jedoch nicht beweisen.

Urteil des SG Osnabrück vom 05.12.2013
S 19 U 43/11
Pressemitteilung des SG Osnabrück


Gericht lehnt Besoldungserhöhung für Beamte im Eilverfahren ab

Ein Beamter kann nicht im Wege von einstweiligen Anordnungen die vorläufige Zahlung einer höheren Besoldung beantragen, wenn er meint, bei einer "Besoldungsrunde" nicht hinreichend berücksichtigt worden zu sein.

Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen an der erforderlichen Eilbedürftigkeit. Dieser Anordnungsgrund ist für Ansprüche auf laufende Alimentation erst dann anzunehmen, wenn die zur Verfügung stehenden Leistungen des Dienstherrn 115 Prozent des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs der Familie unterschreiten. Dies war bei den Klägern, einem Lehrer und einem Polizisten, offensichtlich nicht der Fall. Sie müssen ihre Vergütungsansprüche nunmehr auf dem üblichen Dienst- und Rechtsweg weiterverfolgen.

Beschlüsse des VG Gelsenkirchen vom 30.01.2014
1 L 1704/13 u.a
JURIS online


Strikte Altersgrenze für Richter zulässig


Die feste Pensionsgrenze für Richter und Richterinnen stellt zwar eine Altersdiskriminierung dar, die jedoch sachlich gerechtfertigt ist. Die europäische Richtlinie 2000/78/EG lässt die Einführung strikter Altersgrenzen dann zu, wenn das Gesetz zum Ziel hat, eine ausgewogene Altersstruktur zu schaffen, um die Einstellung und Beförderung von jüngeren Berufsangehörigen zu begünstigten, die Personalplanung zu optimieren und dieses Ziel mit angemessenen und erforderlichen Mitteln erreicht werden kann. Mit der Begründung wies das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die Klage einer Richterin ab, die trotz Erreichens der Altersgrenze nicht aus dem Justizdienst ausscheiden wollte.

Urteil des VG Frankfurt vom 27.01.2014
9 K 15223/13.F
Pressemitteilung des VG Frankfurt


Bewilligung eines Blindenführhundes neben Blindenlangstock

Die zuständige Krankenkasse ist verpflichtet, einem Blinden die Kosten für einen Blindenführhund neben einem bereits vorhandenen Blindenlangstock zu erstatten, wenn das Tier im konkreten Fall gegenüber dem Stock wesentliche Gebrauchsvorteile bietet. Dies nahm das Landessozialgericht Mainz im Falle einer durch Krankheit erblindeten Frau an, der nach dem Tod naher Angehöriger und einer schweren Erkrankung einer Freundin keine Hilfs- und Betreuungspersonen mehr zur Verfügung standen. In einem derartigen Fall dient der Blindenführhund nicht lediglich - wie von der Krankenkasse behauptet - dem Vorbeugen einer wegen Vereinsamung drohenden Depression, sondern durch die verbesserte Mobilität konkret auch dem Behinderungsausgleich.

Urteil des LSG Mainz vom 02.10.2013
L 5 KR 99/13
SuP 2014, 123


Kündbarkeit der Vereinbarung über die Ableistung des BFD gegenüber Minderjährigem


Minderjährige Partner eines Arbeitsvertrages, die von den gesetzlichen Vertretern ermächtigt waren, in Arbeit zu treten, sind nach § 113 Abs. 1 S. 1 BGB teilgeschäftsfähig auch in Bezug auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Entgegennahme einer Kündigung. Dies gilt auch bei einer Vereinbarung über die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). Das Dienstverhältnis kann daher auch durch Erklärung gegenüber dem Minderjährigen wirksam gekündigt werden.

Wie bei einem Arbeitsverhältnis und anders als bei einem Ausbildungsverhältnis kann der Vertrag über die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes ohne Angabe von Gründen beendet werden. Das Kündigungsrecht des Bundes als Dienstherr findet allerdings seine Grenzen im Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und im Verbot sittenwidriger Handlungen (§ 138 BGB).

Urteil des LAG Chemnitz vom 19.06.2013
2 Sa 171/12
jurisPR-ArbR 38/2013, Anm. 3
NZA-RR 2013, 556



Versicherungsrecht

Gebäudebrand durch Fehlbedienung des Herdes


Wer eine Pizza in den Ofen geschoben und dann nach Einschalten des Handy-Timers die Küche verlassen hat, handelt nicht grob fahrlässig, wenn er beim Einstellen des Herdes versehentlich das Ceranfeld mit eingeschaltet hat und der Herd dadurch in Brand gerät. Das mit diesem Fall befasste Landgericht Magdeburg berücksichtigte dabei insbesondere, dass ein Ceranfeld ohne Töpfe und Pfannen normalerweise nicht sofort einen Brand verursacht. Zudem war der Bewohner weder eingeschlafen noch hat er die Wohnung verlassen, sondern hielt sich nur in einem anderen Raum auf. Die Gebäudeversicherung wurde verurteilt, den Brandschaden von ca. 27.000 Euro zu erstatten.

Urteil des LG Magdeburg vom 20.06.2013
10 O 1779/13
Pressemitteilung des LG Magdeburg


Beweislastregelung bei Sturzunfall auf verborgener Eisfläche

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat sich im Falle eines Sturzunfalls eines Fußgängers auf einer verborgenen Eisfläche des Gehwegs mit der Frage der Beweislast auseinandergesetzt. Danach gibt es keinen Erfahrungssatz, dass ein ortskundiger Anlieger mit dem Vorhandensein von Eisflächen infolge der Unebenheit des Gehweges rechnen muss und ihm daher ein Eigenverschul-den anzulasten ist.

Ein Mitverschulden kann allerdings dann anzunehmen sein, wenn sich dem Geschädigten eine gefahrlose Alternative geboten oder kein besonderer Anlass für das Betreten des Gehweges bestanden hätte und er ohne besondere Not in Kenntnis einer möglichen Glätte den Gehweg betreten hat.

Urteil des OLG Brandenburg vom 23.07.2013
6 U 95/12
DAR 2013, 640
NJW-RR 2013, 1493


Ersatz des anteiligen Urlaubsentgelts bei unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit

Wird ein Arbeitnehmer bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall verletzt, so kann er für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit vom Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung nicht nur den entgangenen Verdienst, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts ersetzt verlangen.

Urteil des BGH vom 13.08.2013
VI ZR 389/12
VersR 2013, 1274
DAR 2013, 637


Kaskoversicherung: Gefahrerhöhung für Brandschaden durch unsachgemäße Einbauten

Ein Fahrzeughalter machte bei seiner Vollkaskoversicherung den Ersatz für einen Brandschaden an dem versicherten Fahrzeug geltend. Die Versicherung hielt dem entgegen, der Brand, bei dem der Wagen vollständig zerstört wurde, sei u.a. auf einen nicht fachgerechten Einbau des Musikverstärkers, eines Navigationsgeräts sowie von Steuergeräten für geänderte Rückleuchten zurückzuführen und verweigerte die Versicherungsleistung.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe ließ den Einwand der Versicherung nicht gelten. Zum einen konnte der unsachgemäße Einbau der Geräte nicht eindeutig als Brandursache festgestellt werden. Zum anderen kam es letztlich darauf gar nicht an. Ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers und damit eine Leistungsfreiheit der Versicherung kann stets nur dann angenommen werden, wenn dem Versicherungsnehmer der mangelhafte Einbau der Zusatzausstattung bekannt war. Diese Kenntnis konnte die Kaskoversicherung dem Geschädigten, der den Wagen gebraucht erworben hatte, nicht nachweisen. Im Ergebnis war der gesamte Schaden zu ersetzen.

Urteil des OLG Karlsruhe 17.09.2013
12 U 43/13
MDR 2013, 1276
DAR 2013, 643


Kaskoversicherung: Reifenplatzer durch Fremdkörper

Bei Fahrzeugschäden, die durch das Platzen eines Reifens des kaskoversicherten Fahrzeuges verursacht wurden, wenden die in Anspruch genommenen Versicherungen häufig ein, es handle sich um einen nach den Versicherungsbedingungen (AKB) nicht versicherten Betriebsschaden (Abnutzungsschaden) oder der Unfall sei auf einen Fahrfehler des Versicherungsnehmers zurückzuführen.

Hierauf kann sich die Versicherung nach einem Urteil des Landgerichts Karlsruhe jedoch dann nicht berufen, wenn nach der Begutachtung des Schadens feststeht, dass der Reifenschaden durch einen an der Innenseite des Reifens befindlichen und von außen nicht sichtbaren, größeren Fremdkörper, der sich in den Reifen eingefahren hatte, verursacht wurde und der Gegenstand für den Fahrer nicht sichtbar oder umfahrbar war. Ist somit ein Bedienungsfehler des Versicherungsnehmers nicht feststellbar, auch weil das in das Fahrzeug eingebaute RDKS-System einen Druckverlust nicht gemeldet hatte, da dieser offensichtlich plötzlich erfolgt war, handelt es sich um einen versicherten Unfall.

Urteil des LG Karlsruhe vom 20.08.2013
9 O 95/12
ZfSch 2013, 577
RuS 2013, 490


Zweifel an Entwendung eines Navigationsgerätes bei fehlenden Aufbruchspuren


Grundsätzlich obliegt es einem Versicherungsnehmer, der einen Diebstahl aus seinem kaskoversicherten Fahrzeug geltend macht, zumindest den "Beweis des äußeren Bildes eines Diebstahls" zu erbringen. Das Amtsgericht Karlsruhe hält diese Beweisführung auch ohne die Feststellung von Aufbruchspuren am Kraftfahrzeug für möglich, da es durchaus technische Möglichkeiten gibt, ein mit einer funkgesteuerten Zentralverriegelung versehenes Kraftfahrzeug ohne Aufbruchspuren zu öffnen.

Liegen keine Indizien (z.B. widersprüchlicher Tatsachenvortrag, zahlreiche Versicherungsfälle in der Vergangenheit) vor, die mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Diebstahls sprechen, hat die Versicherung Ersatz für den gestohlenen Gegenstand (hier Navigationsgerät) zu leisten. Beim Diebstahl eines vom Hersteller eingebauten Navigationsgeräts kann der Versicherte eine Entschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswerts eines neuen Geräts desselben Herstellers verlangen.

Urteil des AG Karlsruhe vom 21.06.2013
1 C 18/13
jurisPR-VersR 1/2014, Anm. 4



Bankrecht

BGH begrenzt Auskunftspflicht der SCHUFA

Die Wirtschaftsauskunftei SCHUFA hat gegenüber einer Person, über deren wirtschaftliche Verhältnisse sie Dritten Auskunft gibt, auf Verlangen offenzulegen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei ihr gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind.

Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch des Betroffenen besteht jedoch nicht. Die SCHUFA muss demnach keine Angaben zu dem der Kreditwürdigkeit zugrunde liegenden Scoringverfahren, insbesondere zu Vergleichsgruppen und der Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale machen. Der Bundesgerichtshof sieht das Scoringverfahren als Geschäftsgeheimnis der Auskunftei an, dessen Wahrung Vorrang vor dem datenschutzrechtlichen Transparenzgebot einzuräumen ist. Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens wird daher bereits dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind.

Urteil des BGH vom 28.01.2014
VI ZR 156/13
Pressemitteilung des BGH



Verbraucherrecht und Sonstiges

Erfolgloser Eilantrag gegen Rundfunkbeitragsbescheid

Seit 1. Januar 2013 ist der Rundfunkbeitrag grundsätzlich nicht mehr an die tatsächliche Inanspruchnahme einer Leistung gebunden, sondern ist allein für die Möglichkeit zur Inanspruchnahme zu zahlen. Der Rundfunkbeitrag in Höhe von monatlich derzeit 17,98 Euro wird als Pauschale pro Wohnung erhoben, unabhängig davon, wie viele Personen dort leben und wie viele Rundfunkgeräte vorhanden sind.

Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der geänderten Gebührenerhebung liegt noch nicht vor. Das Verwaltungsgericht Stuttgart schätzt die Erfolgsaussichten einer entsprechenden Verfassungsbeschwerde jedoch als gering ein. Mit dieser Begründung wies es den Eilantrag eines Mannes zurück, der bis zum Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung die Rundfunkgebühr nicht zahlen wollte. Angesichts des geringen Monatsbeitrages fehlte es zudem an der für eine einstweilige Verfügung erforderlichen Eilbedürftigkeit.

Beschluss des VG Stuttgart vom 16.01.2014
3 K 5159/13
Pressemitteilung des VG Stuttgart


Keine Bankgebühr für jährlichen Darlehenskontoauszug

Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank enthaltene Klausel, nach der für die Erteilung eines Jahreskontoauszugs bei Verbraucherdarlehensverträgen eine gesonderte Gebühr erhoben wird, ist nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dem sich das Landgericht Frankfurt anschloss, sind Entgeltklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es bereits gesetzlich oder aufgrund einer selbstständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die es - wie hier - vorwiegend im eigenen Interesse wahrnimmt, mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar. Demzufolge kann für solche Tätigkeiten kein Entgelt beansprucht werden.

Urteil des LG Frankfurt vom 06.03.2013
2-02 O 274/12
ZIP 2013, 1463
WM 2013, 1987


Schwerwiegende Folgen einer Schulhofschlägerei

Erleidet ein Jugendlicher durch mehrere Schläge eines vierzehnjährigen Mitschülers auf dem Weg zum Pausenhof eine schwere Gehirnerschütterung, eine Prellung, ein Hämatom am rechten Auge und eine Augenhöhlenfraktur, die aufgrund eines eingeklemmten Augenmuskels operativ behandelt werden muss, kann er von dem Schläger neben der Erstattung der Behandlungskosten ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro verlangen. Der Schadensersatzanspruch setzt nicht voraus, dass die eingetretenen schweren Folgen von dem Schädiger beabsichtigt waren. Ausreichend ist, dass er sie für möglich erachtet hat (sog. bedingter Vorsatz).

Urteil des OLG Hamm vom 08.11.2013
26 U 31/13
Pressemitteilung des OLG Hamm


Stinkbomben im Bordell

Mit einem außergewöhnlichen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Koblenz zu befassen. Ein Bordellbesucher war mit dem Gebotenen offenbar so unzufrieden, dass er in dem Etablissement mehrere Stinkbomben warf und so den Betrieb für geraume Zeit zum Erliegen brachte. Um die Identität des renitenten Besuchers festzustellen, stellte der Bordellbetreiber die von der hauseigenen Videoüberwachung gefertigten Bilder des Täters ins Internet. Nachdem der Besucher auf diesem Weg ermittelt werden konnte, gab er auf Drängen des Bevollmächtigten des Bordellbetreibers ein notarielles Schuldanerkenntnis ab, in dem er sich zum Ersatz des - angeblichen - Schadens von 12.000 Euro verpflichtete. Der Bordellbesitzer versprach in derselben Urkunde, die Fotos des Kunden im Internet zu löschen und alle über ihn gespeicherten Daten unter Verschluss zu halten. Des Weiteren sollten die gegen den Bordellbesucher gestellten Strafanträge zurückgezogen werden, sobald er seine Zahlungszusage erfüllt hatte.

Später bereute der Freier das voreilige Schuldanerkenntnis und erklärte die Anfechtung wegen rechtswidriger Drohung. Das Gericht gab ihm Recht. Der Bordellbetreiber wäre verpflichtet gewesen, die zur Identitätsklärung im Internet veröffentlichten Fotos von sich aus zu entfernen, sobald die Personalien des Täters feststanden. Daher stellte es eine rechtswidrige Drohung dar, dass die Beseitigung der Veröffentlichung - wie in der notariellen Urkunde niedergelegt - erst mit der vollständigen Schadensersatzleistung erfolgen sollte. Somit war eine Vollstreckung aus dem notariellen Schuldanerkenntnis unzulässig. Dem Bordellbesitzer bleibt es danach allerdings unbenommen, seine vermeintlichen Schadensersatzansprüche in einem Zivilprozess geltend zu machen. Hier muss er allerdings die Schadenshöhe im Einzelnen nachweisen.

Urteil des OLG Koblenz vom 15.01.2014
5 U 1243/13
JURIS online


Ex-Landrätin Pauli vor Bundesverfassungsgericht gegen BILD erfolgreich

Die frühere fränkische Landrätin und mittlerweile parteilose Landtagsabgeordnete Gabriele Pauli, die nicht unmaßgeblich am Sturz des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber beteiligt war, hatte teilweise erfolgreich gegen einen Artikel in der Bild-Zeitung geklagt, in dem sie als "durchgeknallte Frau" bezeichnet worden war. Das Oberlandesgericht München sah diese Bezeichnung zwar als beleidigend, nicht jedoch als Schmähung und damit Ehrverletzung an und versagte ihr den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro. Die Bild-Zeitung muss seit dem Urteil jedoch die beanstandete Bezeichnung unterlassen.

Das Bundesverfassungsgericht wertete die Äußerung in dem Zeitungsartikel jedoch anders und bejahte im vorliegenden Fall eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Oberlandesgericht München habe dem Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin ein zu schwaches Gewicht beigemessen. Insbesondere sei nicht berücksichtigt worden, dass sich die Bezeichnung als "durchgeknallte Frau" nicht auf ein bestimmtes Verhalten der ehemaligen Landrätin bezog, sondern vielmehr bewusst darauf gerichtet war, diese als öffentliche Person zu diskreditieren und ihr provokativ und absichtlich verletzend jeden Achtungsanspruch gerade schon als private Person abzusprechen. Ferner spiele es eine Rolle, dass es sich um einen als Verletzung bewusst gewollten Text handelte, der nicht Ausdruck einer spontanen Äußerung im Zusammenhang mit einer emotionalen Auseinandersetzung gewesen ist. Die Sache wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, die nun über die Höhe des eingeklagten Schmerzensgeldes zu befinden hat.

Urteil des BVerfG vom 11.12.2013
1 BvR 194/13
BVerfG online



Reiserecht

Ungeklärte Salmonellenvergiftung auf Kreuzfahrt


Nach einem Urteil des Amtsgerichts Rostock genügt es nicht für den Nachweis, dass die Salmonellenvergiftung eines Reisenden auf einer mangelhaften Verpflegung beruht, wenn der Reisende darlegt, Speisen und Getränke ausschließlich auf dem Kreuzfahrtschiff zu sich genommen zu haben. Es müssen auch andere mögliche Ursachen der Salmonellenerkrankung, wie z.B. Kontakt mit infizierten Menschen oder sanitären Einrichtungen, ausgeschlossen werden. Da der Kreuzfahrtteilnehmer den Nachweis nicht führen konnte, lehnte das Gericht die beantragte Reisepreisminderung für die Zeit der Erkrankung ab.

Urteil des AG Rostock vom 12.07.2013
47 C 402/12
RRa 2013, 288


Eingeschränkte Reiserücktrittsversicherung über Kreditkarte

Wer vom Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung absieht, weil seine Kreditkarte eine solche Versicherung beinhaltet, sollte die Versicherungsbedingungen genau lesen. Meist wird der Eintritt der Versicherung nämlich davon abhängig gemacht, dass die Zahlung des Reisepreises ausschließlich mit der Kreditkarte erfolgt. Das Amtsgericht München hielt diese Klausel in der Versicherungspolice für rechtens und wies die Klage eines Kreditkarteninhabers ab, weil dieser die Anzahlung des Reisepreises mittels Überweisung vorgenommen und die Versicherung daraufhin jegliche Erstattung abgelehnt hatte.

Urteil des AG München vom 14.08.2013
242 C 14853/13
jurisPR-BKR 2/2014 Anm. 6



Steuerrecht


Kein Sonderausgabenabzug von Krankheitskosten für Selbstbeteiligung

Anders als bei den laufenden Versicherungsbeiträgen für eine private Krankenversicherung kann der Steuerpflichtige im Rahmen eines im Krankenversicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalts geleistete Zahlungen nicht als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen. Diese Kosten sind Beiträgen zu Krankenversicherungen nicht gleichzustellen.

Beschluss des BFH vom 08.10.2013
X B 110/13
BFH/NV 2014, 154


Finanzamt darf Zufallserkenntnisse aus Telefonüberwachung nicht verwerten

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass aus einer im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens angeordneten Telefonüberwachung gewonnene Erkenntnisse, außer bei besonders schweren Straftaten gemäß § 100a StPO, von den Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren nicht verwendet werden dürfen.

Dies ergibt sich aus dem grundrechtlichen Schutz des Fernmeldegeheimnisses gemäß Art 10 GG. Danach soll die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht die Möglichkeit haben, sich Kenntnis vom Inhalt des über Fernmeldeanlagen abgewickelten mündlichen oder schriftlichen Informations- und Gedankenaustauschs zu verschaffen.

Beschluss des BFH vom 24.04.2013
VII B 202/12
DStR 2013, 2568
DB 2013, 2782


Kindergeld auch nach Heirat


Der Bundesfinanzhof hat ein wichtiges Urteil zum Kindergeldanspruch nach Verheiratung des Kindes erlassen. Hat das Kind - wie im entschiedenen Fall - das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, wird es für einen Beruf ausgebildet und hat es noch keine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen, besteht auch nach der Verheiratung des Kindes und unabhängig von den Einkommensverhältnissen des Ehegatten ein Anspruch auf das staatliche Kindergeld.

Urteil des BFH vom 17.10.2013
III R 22/13
DStR 2014, 188
DB 2014, 164


Februar 2014


Verkehrsrecht

Vorfahrtsregelung auf Parkplätzen

Auf Parkplätzen gilt die Vorfahrtsregel "rechts vor links" nur bei fahrbahnähnlichem Charakter der Zufahrtswege. Hierfür reicht die bloße farbliche Unterscheidung von den Parkplätzen nicht aus. Fehlt es an einer eindeutigen Fahrbahngestaltung, gilt im besonderen Maße das Gebot der Rücksichtnahme. Jeder Fahrer muss dann stets bremsbereit mit mäßiger Geschwindigkeit fahren und ständig mit rangierenden Fahrzeugen rechnen. Wäre demnach die Kollision für beide beteiligte Kraftfahrer vermeidbar gewesen, ist der Schaden hälftig zu teilen.

Urteil des LG Bremen vom 20.06.2013
7 O 485/12
jurisPR-VerkR 24/2013, Anm. 2


Mithaftung für Autobahnunfall bei Überschreiten der Richtgeschwindigkeit

Ein junger Autofahrer wechselte bei Dunkelheit nach dem Einfahren in die Autobahn von der Einfädelspur gleich auf die Überholspur, um ein auf der rechten Fahrspur langsam fahrendes Fahrzeug zu überholen. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem mit hoher Geschwindigkeit von hinten herannahenden Fahrzeug. Der im darauffolgenden Prozess über die Haftungsverteilung beauftragte Unfallsachverständige ließ keinen Zweifel daran, dass sich das überholende Fahrzeug bereits im Sichtbereich des Ausscherenden befunden hat und dieser den Unfall hätte vermeiden können, wenn er auf den rückwärtigen Verkehr geachtet und nach Erkennen des schnellen Herannahens der Scheinwerfer seinen eigenen Überholvorgang zurückgestellt hätte.

Trotz dieses grob verkehrswidrigen Verhaltens ging das Gericht von einer Mithaftung des Überholenden in Höhe von 40 Prozent aus, da dieser die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h mit 200 km/h um rund 60 Prozent ganz erheblich überschritten hatte. Die Richtgeschwindigkeit ist - so die Urteilsbegründung - "nämlich gerade dafür empfohlen worden, um Gefahren herabzusetzen, die vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit erfahrungsgemäß herrühren. Wer hingegen, zumal wie vorliegend bei Dunkelheit, die Richtgeschwindigkeit in massiver Art und Weise ignoriert, führt zugunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den gegebenen Unfallvermeidungsspielraum nahezu gegen Null zurück."

Urteil des OLG Koblenz vom 14.10.2013
12 U 313/13
JURIS online


Mangelnde Fahreignung bei Mischkonsum von Cannabis und Alkohol

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol selbst dann in der Regel eine mangelnde Fahreignung begründet, wenn die Einnahme der Substanzen nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr steht. Gerade im Falle eines solchen Mischkonsums ist - so die Begründung - ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu befürchten.

Kommt der Betroffene der Aufforderung der Straßenverkehrsbehörde, seine Fahreignung mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) nachzuweisen, nicht nach, kann daraus auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen werden, was die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge hat oder - bei einem bereits erfolgten Entzug - der Wiedererteilung entgegensteht.

Urteil des BVerwG vom 14.11.2013
3 C 32.12
BVerwG online


Gefährliches Betreten der Autobahn

Nach einem Auffahrunfall auf der Autobahn stiegen die Insassen der Fahrzeuge aus, um den Schaden zu inspizieren. Gerade als sich einer der Beifahrer zwischen beiden Fahrzeugen befand, krachte ein weiterer Wagen in die Unfallstelle. Der Mann erlitt dadurch schwerste Verletzungen und ist seitdem schwerbehindert. Das Oberlandesgericht gab ihm wegen seines unvorsichtigen Verhaltens eine Mitschuld von 20 Prozent.

Dies wurde damit begründet, dass die Fahrbahn von Autobahnen im Hinblick auf die damit verbundenen erheblichen Gefahren nur ganz ausnahmsweise, insbesondere in Notfällen zur Hilfeleistung, betreten werden darf. Bei einem eher geringfügigen (Blech-)Schaden besteht in der Regel kein Grund, das Betretungsverbot zur Besichtigung der Fahrzeuge zu missachten. Muss ein Fahrzeuginsasse aus dem Unfallfahrzeug (z.B. vor dem Abschleppen) aussteigen, hat er die Fahrbahn unverzüglich zu verlassen.

Urteil des OLG Karlsruhe vom 24.06.2013
1 U 136/12
JURIS online


Fahreignungsprüfung nach Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad


Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt die bereits bei den Instanzgerichten vorherrschende Auffassung, wonach das Fahrradfahren im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr die Anordnung rechtfertigt, von dem Radfahrer die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu verlangen und bei Nichtbeibringung das Führen von Fahrzeugen aller Art im Straßenverkehr zu untersagen.

In den Urteilsgründen wird u.a. darauf hingewiesen, dass insoweit keine Ungleichbehandlung gegenüber Fahrern von Rollern und Inlineskates vorliegt. Roller und Inlineskates sind keine Fahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Für den Verkehr mit diesen Fortbewegungsmitteln sind die Vorschriften für den Fußgängerverkehr anwendbar.

Beschluss des BVerwG vom 20.06.2013
3 B 102/12
NJW 2013, 2696
DAR 2013, 594


Autobahnunfall mit unzureichend abgesichertem Lkw

Der Fahrer eines Sattelzuges musste am rechten Fahrbahnrand der an dieser Stelle seitenstreifenlosen Autobahn wegen plötzlicher Übelkeit nothalten. Bei dem in die rechte Fahrspur hineinragenden Sattelzug schaltete er zur Absicherung lediglich die Warnlichtblinkanlage an. Ein Warndreieck stellte er nicht auf. Ein anderer Lkw-Fahrer fuhr infolge Unachtsamkeit auf das stehende Fahrzeug auf. Das Oberlandesgericht Hamm hatte über die Haftungsverteilung zu befinden.

Wie bereits die Vorinstanz ging das Gericht von einer hälftigen Schadensverteilung aus. Es stellte dabei eine deutliche Erhöhung der Betriebsgefahr des Halters des stehenden Sattelzuges fest, weil dieser deutlich in die rechte Fahrbahn der Bundesautobahn hineingeragt hat und nicht ausreichend gesichert gewesen ist. Auch bei einem berechtigten Notstopp darf sich der Fahrer nicht mit dem Einschalten der Warnblinkanlage begnügen, sondern muss entweder ein Warndreieck aufstellen oder - wenn möglich - sofort weiterfahren.

Urteil des OLG Hamm vom 29.10.2013
26 U 12/13
Pressemitteilung des OLG Hamm


Kosten eines Feuerwehreinsatzes

Ein Autofahrer war unter erheblichem Alkoholeinfluss mit seinem Wagen gegen eine Hauswand geprallt. Die kurz darauf am Unfall eintreffende Feuerwehr konnte den Schwerverletzten binnen kurzer Zeit aus dem Fahrzeugwrack befreien. Die anderen Feuerwehrleute waren mit dem Ausleuchten und Absichern der in einer Kurve gelegenen Einsatzstelle befasst. Nach der Befreiung des Unfallfahrers halfen sie dem Bergungsunternehmen, den Pkw aus der Mauer Richtung Abschleppwagen zu schieben und die eingedrückte Hauswand abzusichern. Der Unglücksfahrer sollte später die Kosten des Feuerwehreinsatzes in Höhe von 570 Euro an die Gemeinde bezahlen.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg gab der Klage der Kommune in Höhe von 510 Euro statt. Nur soweit der Einsatz der Lebensrettung des Verunglückten galt, war dieser nach dem Niedersächsischen Brandschutzgesetz und der einschlägigen Feuerwehrkostensatzung unentgeltlich. Die Lebensrettung machte allerdings lediglich einen Anteil von 60 Euro an der Rechnung aus. Die übrigen - unstreitig notwendigen - Maßnahmen musste der Unfallfahrer selbst bezahlen.

Urteil des VG Lüneburg vom 09.08.2013
6 A 78/13
RdW Heft 19/2013, Seite VI


Sturz über herausragenden Kellerlichtschacht abseits des Gehwegs


Eine Frau verließ wegen der winterlichen Straßenverhältnisse den Gehweg und tastete sich an der Fassade eines Wohnhauses entlang. Dabei stolperte sie über ein etwa drei Zentimeter aus dem Boden herausragendes Gitter eines Lichtschachts und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Sie verlangte von dem Hauseigentümer u.a. 6.000 Euro Schmerzensgeld.

Ihre Klage hatte vor dem Oberlandesgericht Hamm keinen Erfolg. Zwar musste der Hauseigentümer damit rechnen, dass Fußgänger den eigentlichen Gehweg vor seinem Haus verlassen und die gepflasterte Grundstücksfläche vor der Hauswand benutzen. Dabei haftet der Verkehrssicherungspflichtige jedoch nicht für jede noch so geringe Bodenunebenheit. Zweck der Verkehrssicherungspflicht ist es nicht, Passanten vor jeder denkbaren Gefahr zu schützen. Das würde unzumutbare Anforderungen an die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit des Verkehrssicherungspflichtigen stellen. Dieser muss nur einen Sicherheitsstandard schaffen und einhalten, der bei Berücksichtigung der jeweils gegebenen Verhältnisse und der Art und Weise des infrage kommenden Verkehrs allgemein erwartet werden kann. Im konkreten Fall ragte die Umrandung nur wenige Zentimeter aus der Pflasterung heraus und war deutlich wahrnehmbar. Der Hauseigentümer war daher nicht zur Einebnung des Hindernisses verpflichtet.

Urteil des OLG Hamm vom 30.10.2012
24 U 38/12
NJW-RR 2013, 802
NZM 2013, 703


Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei Höhe der Geldbuße

Bei der Bemessung einer Geldbuße sind neben der Schuld des Handelnden auch dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu berücksichtigen, es sein denn, es handelt sich um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit (§ 17 Abs. 3, Satz 2 OWiG). Die Rechtsprechung geht dabei von einer Geringfügigkeitsgrenze von 250 Euro aus. Ist diese (hier mit 400 Euro) deutlich überschritten, muss das Urteil Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen als Bemessungskriterium für die Höhe der Geldbuße enthalten. Bezieht der Betroffene Arbeitslosengeld, reicht ein bloßer Hinweis hierauf ohne jegliche Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen nicht aus.

Beschluss des KG Berlin vom 06.02.2013
3 Ws (B) 54/13 - 122 Ss 19/13
jurisPR-VerkR 24/2013, Anm. 5



Miet-, WEG- und Immobilienrecht

Winterdienst nur vor eigenem Grundstück

Grundstückseigentümer sind - vorbehaltlich einer ausdrücklichen anderslautenden Bestimmung - im Zweifel nur zum Winterdienst des vor ihrem Anwesen verlaufenden nächstgelegenen Gehwegs verpflichtet. Ein Grundstückseigentümer ist auch dann nicht zur Schnee- und Eisbeseitigung des auf der gegenüber liegenden Straßenseite befindlichen Gehwegs gehalten, wenn sich vor dem Grundstück des Anliegers kein gesonderter Gehweg befindet, sondern nur ein unbefestigter Randstreifen, an den sich die Fahrbahn anschließt.

Urteil des VG Berlin vom 29.08.2013
1 K 366.11
Grundeigentum 2013, 1531


Fällen eines Baumes als bauliche Veränderung

Nach § 22 Abs. 1 WEG können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der vorgenannten Weise berührt werden.

Für das Landgericht Hamburg kann das Fällen eines 10 Meter hohen Baumes in einer Eigentumswohnanlage mit Kosten in Höhe von 760 Euro eine bauliche Veränderung darstellen, die nur einstimmig beschlossen werden kann. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich der fragliche Baum so vom übrigen Baumbestand abhebt, dass dessen Entfernung eine deutlich sichtbare Lücke entstehen lässt.

Urteil des LG Hamburg vom 29.05.2013
318 S 5/13
ZMR 2013, 742


Berücksichtigung des Zurückbehaltungsrechts im Räumungsverfahren

Erhebt der Vermieter wegen erheblicher Zahlungsrückstände des Mieters Räumungsklage, kann sich der Mieter im Prozess nur dann auf Mängel der Mietsache berufen, wenn er von seinem daraus resultierenden Zurückbehaltungsrecht auch ausdrücklich Gebrauch macht. Das Gericht darf ohne ausdrückliche Geltendmachung das Zurückbehaltungsrecht des Mieters nicht von Amts wegen berücksichtigen.

Urteil des AG Berlin-Neukölln vom 11.07.2013
6 C 540/12
Grundeigentum 2013, 1072


Strenge Anforderungen eines behaupteten Mietvertrages über zwangsversteigerte Wohnimmobilie

Wird dem Eigentümer einer im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Immobilie von einem Angehörigen (hier Vater) des vormaligen Eigentümers entgegengehalten, ihm sei von diesem ein Nutzungsrecht allein gegen Übernahme der Betriebskosten und einer im Bedarfsfall zu leistenden Pflege eingeräumt worden, sind insbesondere dann strenge Anforderungen an den Beweis dieser Vereinbarung zu stellen, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheingeschäfts bestehen.

Insbesondere muss sich das mit dem Fall befasste Instanzgericht eingehend damit auseinandersetzen, ob der - hier zudem nur mündlich abgeschlossene - Mietvertrag zwischen den Angehörigen nur fingiert worden ist, um der Familie des Voreigentümers den Besitz der Immobilie ungeachtet der Zwangsversteigerung weiterzuerhalten.

Urteil des BGH vom 18.09.2013
VIII ZR 297/12
NZM 2013, 854
NJW-RR 2014, 11


Mieter muss Wohnung mit neutralem Farbanstrich zurückgeben

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Mieter von Wohnraum dem Vermieter gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird und eine Neuvermietung der Wohnung in diesem Zustand praktisch unmöglich macht. Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Wanddekoration beseitigen muss.

Urteil des BGH vom 06.11.2013
VIII ZR 416/12
WuM 2014, 23
NJW 2014, 143


Erweiterte Grundbucheinsicht nur bei besonderem Interesse


Steht einem Gläubiger ein Anspruch gegen den jeweiligen (Mit-)Eigentümer eines Grundstücks zu (hier im Zusammenhang mit einem Nießbrauchsrecht), so kann ihm das Recht zur Einsicht in das Grundbuch und Fertigung einer Kopie des Kaufvertrags aus der Grundakte zustehen. Dies entschied das Oberlandesgericht Oldenburg, das jedoch zugleich darauf hinwies, dass mit Rücksicht auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kaufvertragsparteien eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung des berechtigten Interesses an einer derartig erweiterten Grundbucheinsicht notwendig ist.

Beschluss des OLG Oldenburg vom 30.09.2013
12 W 261/13 (GB)
Vollstreckung effektiv 2014, 2


Kündigungsbeschränkung gilt auch nach Wohnungsverkauf

Ein Wohnraummietvertrag enthielt folgende Klausel, mit der die Kündigungsmöglichkeiten der Vermieterin eingeschränkt werden sollten: "Die Vermieterin wird das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Sie kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen der Vermieterin eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen ...."

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine solche Kündigungsbeschränkung auch bei einem Verkauf der Wohnung ihre Gültigkeit behält, da der Erwerber des vermieteten Wohnraums anstelle des ursprünglichen Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eingetreten ist. Das gilt auch für die Kündigungsbeschränkung.

Urteil des BGH vom 16.10.2013
VIII ZR 57/13
MDR 2013, 1391
NZM 2013, 824


Farbliche Veränderung an Fassade einer Doppelhaushälfte

Nach § 22 Abs. 1 WEG können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, beschlossen oder verlangt werden, wenn alle Wohnungseigentümer zustimmen, deren Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Eine bauliche Veränderung im Sinne dieser Vorschrift kann auch ohne bauliche Tätigkeit im engeren Sinne und ohne Eingriff in die Bausubstanz vorliegen. Einen solchen Fall nahm das Landgericht Hamburg bei der farblichen Veränderung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachunterschläge einer Doppelhaushälfte mit einem weißen Farbanstrich auf den bisher an beiden Haushälften vorhandenen Naturholzlatten an, wenn durch den starken Hell-Dunkel-Kontrast das gesamte Gebäude erheblich optisch verändert wird. Der beeinträchtigte Miteigentümer des Doppelhauses kann somit die Beseitigung des eigenmächtig vorgenommenen Anstrichs verlangen.

Urteil des LG Hamburg vom 10.04.2013
318 S 81/12
jurisPR-MietR 25/2013, Anm. 2



Familien- und Erbrecht


Kein rückwirkender Betreuungsunterhalt unter nicht verheirateten Eltern

Nach § 1613 BGB kann - abgesehen von Sonderbedarf - Unterhalt für die Vergangenheit nur von dem Zeitpunkt an verlangt werden, in dem der Verpflichtete in Verzug gekommen ist. Der Verzug tritt erst ein, wenn vom Unterhaltsberechtigten ein bezifferter Betrag angemahnt oder aber der Unterhaltsschuldner zumindest zur Vorlage von Belegen, die für die Unterhaltsberechnung erforderlich sind, aufgefordert wird.

Der Bundesgerichtshof wendet diese Grundsätze nunmehr auch auf Unterhaltsansprüche unter unverheirateten Paaren an. Dies wird damit begründet, dass sowohl der Gesetzgeber in den jüngsten Gesetzesänderungen als auch die Rechtsprechung zunehmend eine Gleichstellung der Betreuungsunterhaltsansprüche unverheirateter Mütter mit denen geschiedener Mütter anstreben. Der Vater eines nicht ehelichen Kindes schuldet daher der Kindesmutter nicht bereits ab der Anerkennung der Vaterschaft für das gemeinsame nicht eheliche Kind Betreuungsunterhalt, sondern erst, wenn er zur Zahlung oder zumindest zur Auskunft über seine Einkünfte ausdrücklich aufgefordert wurde.

Urteil des BGH vom 02.10.2013
XII ZB 249/12
NJW 2013, 3578
FamRZ 2013, 1958


Keine Eintragung akademischer Grade in Personenstandsregister

Der Bundesgerichtshof hatte über die unter Juristen lange umstrittene Frage zu befinden, ob auch die nach dem am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen reformierten Personenstandsgesetz übliche Praxis, akademische Grade in Personenstandsregister einzutragen, aufrecht erhalten werden kann. Die Entscheidung der Bundesrichter setzt der Diskussion mit einem klaren "nein" ein Ende. Danach ist die Eintragung akademischer Grade in Personenstandsregister, wie dem Geburtenregister, nach der Gesetzesänderung unzulässig.

Beschluss des BGH vom 04.09.2013
XII ZB 526/12
EBE/BGH 2013, 346


Auskunftsansprüche minderjähriger Miterben gegenüber Elternteil

Wird ein minderjähriges Kind Erbe seines verstorbenen Elternteils (hier Mutter), ist der andere Elternteil, der das aus dem Nachlass stammende Erbe des Kindes verwaltet, verpflichtet, auf Verlangen ein vollständiges Verzeichnis zu erstellen und die Richtigkeit seiner Angaben zu versichern. Der Anspruch besteht in der Regel auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes und ist auch - wie hier nach über 25 Jahren - nicht verjährt, wenn das Kind erst in jüngerer Zeit durch Nachfragen beim Nachlassgericht und Einschalten eines Anwalts Kenntnis vom Testament der Mutter und eventuellen Herausgabeansprüchen erlangt hat.

Beschluss des OLG Koblenz vom 26.11.2013
11 UF 451/13
JURIS online


Kein Versorgungsausgleich von Sachleistungen der betrieblichen Altersversorgung

Anlässlich einer Ehescheidung ist grundsätzlich auch der Versorgungsausgleich, das heißt der Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften, vorzunehmen. Hierzu gehören auch Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung. Aber nur, soweit es sich um Geldleistungen handelt.

Nicht dazu zählen Sachleistungen der betrieblichen Altersversorgung (hier: Energiepreisvergünstigungen durch Energieversorgungsunternehmen als letzter Arbeitgeber).

Urteil des BGH vom 04.09.2013
XII ZB 296/13
MDR 2013, 1280
FamRZ 2013, 1795


Berücksichtigung einer Abfindung beim Zugewinnausgleich

Der anlässlich einer Ehescheidung durchzuführende Zugewinnausgleich von Eheleuten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ist durch Gegenüberstellung der jeweiligen End- und Anfangsvermögen durchzuführen. Stichtag ist der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags.

Einen Monat vor der Ehescheidung erhielt ein Ehemann für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine bereits vor der Zustellung des Scheidungsantrags rechtsverbindlich zugesagte Abfindung in Höhe von rund 40.000 Euro. In der Folge war er ein dreiviertel Jahr arbeitslos. Die Ehefrau verlangte im Wege des Zugewinnausgleichs die Hälfte der Abfindungszahlung. Dem hielt der Ehemann entgegen, die Abfindung sei ein Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewesen und diene dem Lebensunterhalt.

Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht Karlsruhe nur teilweise. Soweit eine aus der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses erhaltene Abfindung nicht zum Ausgleich des weggefallenen Arbeitsentgeltes benötigt wird, ist sie als Vermögensbestandteil anzusehen und als Zugewinn auszugleichen. Das Gericht berücksichtigte bei der Berechnung der Anteile somit nur die Monate der Arbeitslosigkeit. Danach verblieb von der Abfindung noch ein Rest von rund 16.500 Euro, von dem der Ehefrau die Hälfte als Ausgleichszahlung zustand.

Beschluss des OLG Karlsruhe vom 24.10.2013
2 UF 213/12
Wirtschaftswoche Heft 48/2013, Seite 105


Betreuung durch Tagesmutter bei Kapazitätsproblemen in Kitas


Eltern steht ab dem 1. August 2013 gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII eine frühkindliche Förderung (U3) zu. In vielen Kommunen stehen Plätze in Kindertagesstätten (Kitas) noch nicht zur Verfügung. Entgegen der erwarteten Klagewelle haben bislang nur wenige Eltern ihren entsprechenden Rechtsanspruch gerichtlich geltend gemacht.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen schränkt den einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nunmehr dahingehend ein, dass wenn für ein Kind unter drei Jahren ein freier, bedarfsgerechter und wohnortnaher Betreuungsplatz nicht in einer von den Eltern gewünschten Kindertagesstätte zur Verfügung steht, der Rechtsanspruch auf U3-Betreuung auch mit dem Angebot des Jugendhilfeträgers zur Betreuung des Kindes bei einer Tagesmutter erfüllt ist. Ein Anspruch der Eltern auf Kapazitätserweiterung bei den Kita-Plätzen besteht darüber hinaus nicht.

Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14.08.2013
12 B 793/13
BWGZ 2013, 852
JAmt 2013, 464


Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf künftigen Pflichtteilsanspruch

Einer von vier Brüdern verzichtete durch einen notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag seinen Geschwistern gegenüber für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs. Hierfür erhielt er von seinen Brüdern eine Abfindung von jeweils 150.000 Euro. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, die Zahlung der Abfindungen sei als Schenkung der Mutter an diesen zu besteuern, und setzte dementsprechend Schenkungssteuer fest.

Der Bundesfinanzhof folgte dieser Rechtsauffassung nicht. Schließen künftige gesetzliche Erben einen Erbvertrag, wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige Zuwendung des Zahlenden (hier der Brüder) dar und unterliegt ggf. insoweit der Schenkungssteuer. Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, ist es nicht möglich, eine fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindungszahlung zu besteuern. Die Steuerklasse richtet sich allerdings in einem derartigen Fall nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser (hier: Mutter).

Urteil des BFH vom 16.05.2013
II R 21/11
DB 2013, 1889
DStR 2013, 1783


Beteiligung der Pflegeeltern im Sorgerechtsverfahren

Das Familiengericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, die Pflegeperson im Interesse des Kindes als Beteiligte hinzuziehen, wenn das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege lebt. Dies ist in § 161 Abs. 1 Satz 1 FamFG geregelt. Das Oberlandesgericht Bremen schränkt diese Kannvorschrift nun dahingehend ein, dass eine Beteiligung der Pflegeeltern in einem Sorgerechtsverfahren stets angeordnet werden muss, wenn dies dem Kindeswohl dienen kann. Mit dieser Entscheidung werden die Rechte der Pflegeeltern und damit auch die Rechte des Kindes gestärkt.

Die Kindeswohldienlichkeit muss gerade dann angenommen werden, wenn das Pflegekind die Pflegefamilie als seine Familie ansieht und zwischen dem Kind und den Pflegeeltern ein so intensiver Kontakt und ein Vertrauensverhältnis besteht, wie es normalerweise zwischen den Eltern und ihren leiblichen Kindern der Fall ist. Dagegen kommt es auf eine bloße eigene Betroffenheit der Pflegeperson durch die zu treffende Entscheidung nicht an.

Beschluss des OLG Bremen vom 23.07.2013
4 WF 98/13
jurisPR-FamR 25/2013, Anm. 1
MDR 2013, 1104



Arbeits- und Sozialrecht


Jobcenter muss Nachhilfe zahlen

Das Sozialgericht Braunschweig hat entschieden, dass ein Kind, das zusammen mit seinen Eltern Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch bezieht, auch die Kosten für einen dauerhaften Nachhilfeunterricht verlangen kann, sofern - wie hier - die Klassenlehrerin wegen Sprech- und Schreibschwächen für die Fächer Deutsch und Englisch Nachhilfeunterricht empfiehlt.

Urteil des SG Braunschweig vom 08.08.2013
S 17 AS 4125/12
JURIS online


Vereinbarung von "Tarifentgelt"

Ist in einem Arbeitsvertrag bei der Vergütung von einem festen Euro-Betrag als "Tarifentgelt" die Rede, darf der durchschnittliche Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der in der Klausel festgehaltene Euro-Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch ist, sondern sich entsprechend den jeweiligen Tariferhöhungen entwickeln soll.

Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlt und sich das vereinbarte Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird.

Urteil des BAG vom 13.02.2013
5 AZR 2/12
DB 2013, 2030
NZA 2013, 1024


Lohnfortzahlung für jähzornigen Arbeitnehmer


Ein Lagerarbeiter war über eine Rüge eines Vorgesetzten derart wütend, dass er mehrmals mit der Faust so stark auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild schlug, dass er sich einen Handbruch zuzog. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, der Mitarbeiter sei an seiner Verletzung selbst schuld und verweigerte die Entgeltfortzahlung.

Das Hessische Landesarbeitsgericht war demgegenüber nachsichtiger. Die Lohnfortzahlung kann nur bei einem besonders leichtfertigen, grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhalten gegen sich selbst versagt werden. Ein solches Verschulden des Arbeitnehmers lag hier nicht vor, da er sich seine Verletzung nicht bewusst zufügen wollte. Das Gericht hielt ihm zudem zugute, dass er sich offensichtlich in einem heftigen Wut- und Erregungszustand befand, was zwar nicht zu billigen, aber menschlich gleichwohl nachvollziehbar war. Der jähzornige Arbeitnehmer konnte während der Krankschreibung seinen Lohn geltend machen.

Urteil des Hessischen LAG vom 23.07.2013
4 Sa 617/13
BB 2013, 2996


Unzulässige Größenbeschränkung für Einstellung von Pilotinnen

Eine Regelung, wonach die Einstellung von Pilotinnen und Piloten generell abgelehnt wird, wenn sie nicht eine Körpergröße von 165 bis 198 cm aufweisen, stellt nach Auffassung des Arbeitsgerichts Köln für Bewerberinnen eine unzulässige mittelbare Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar, da diese Regelung deutlich mehr Frauen als Männer von der Pilotenausbildung ausschließt. Das Gericht lehnte jedoch den von einer abgelehnten Bewerberin zudem geforderten Schadensersatz ab, da die verklagte Lufthansa gemäß dem geltenden Tarifvertrag und damit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte.

Urteil des ArbG Köln vom 28.11.2013
15 Ca 3879/13
BB 2013, 3124


Kein einstweiliger Rechtsschutz auf Fortzahlung der Grundsicherung bei früheren Falschangaben

Hat ein Arbeitsuchender unwahre Angaben über sein Einkommen im Vorjahr gemacht und legt er weiterhin nicht offen, welche - angeblich nun weggefallene - Einnahmen ihm in der Vergangenheit zur Verfügung standen, kommt eine beantragte gerichtliche einstweilige Anordnung auf vorläufige Weiterzahlung der Unterstützungsleistungen nicht in Betracht. Die Glaubhaftmachung des Hilfebedarfs für die Zukunft unterliegt verschärften Anforderungen, wenn offensichtlich unwahre Angaben in der Vergangenheit nicht ausgeräumt werden.

Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 05.08.2013
L 2 AS 547/13 B ER
Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen



Versicherungsrecht

Skifahrer trifft Mithaftung bei Nichttragen eines Schutzhelms

Fast 80 Prozent der Skifahrer tragen nach Schätzung des Deutschen Skiverbandes inzwischen einen Helm. Das Tragen eines Helms rettete nach Aussage der behandelnden Ärzte dem kürzlich verunglückten Ex-Weltmeister Michael Schuhmacher wohl das Leben.

Bereits im Jahr 2012 erließ das Oberlandesgericht München ein Urteil, wonach ein Skifahrer, der unverschuldet ohne Helm in einen Unfall auf der Piste verwickelt und verletzt wurde, keinen vollen Schadenersatz verlangen kann, wenn er mit Schutzhelm keine oder geringere Verletzungen erlitten hätte. Dies wurde damit begründet, dass auf Skipisten das Tragen von Helmen bei der Mehrzahl der Skifahrer seit Jahren üblich und wegen der immer höheren Geschwindigkeiten auch sinnvoll ist. Es besteht zwar keine Verpflichtung, aber zumindest eine Obliegenheit für Skifahrer, einen Helm zu tragen. In dem konkreten Fall ging das Gericht von einer Mithaftung des Verletzten von 50 Prozent aus.

Urteil des OLG München vom 22.03.2012
8 U 3652/11
DAR 2012, 335


Mietwagenkosten: Mittelwert aus Schwacke-Liste und Fraunhofer-Tabelle

Wie bereits eine Reihe anderer Instanzgerichte hält es das Oberlandesgericht Celle bei einem Streit über die angemessene Höhe der unfallbedingten Mietwagenkosten für gerechtfertigt, den arithmetischen Mittelwert aus Schwacke-Liste und der - meist niedrigere Werte ausweisenden - Fraunhofer-Tabelle zugrunde zu legen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ermittlung der auf den konkreten Fall bezogenen Marktsituation bedarf es daher im Regelfall nicht.

Urteil des OLG Celle vom 09.10.2013
14 U 51/13
MDR 2013, 1340


Kaskoversicherung: Zeitpunkt der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs

Handelt es sich laut Sachverständigengutachten um einen wirtschaftlichen Totalschaden, bei dem die Reparaturkosten des beschädigten Kfz den Wiederbeschaffungswert übersteigen, kann der Geschädigte von seiner Kaskoversicherung die Umsatzsteuer auf den vom Gutachter geschätzten Wiederbeschaffungswert nur dann verlangen, wenn diese durch die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs tatsächlich angefallen ist.

Das Amtsgericht Aachen weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Ersatzbeschaffung nicht vor dem Unfall liegen darf. Hat der Unfallgeschädigte das Fahrzeug bereits vor dem Unfall erworben, aber erst danach zugelassen, hat er keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer.

Urteil des AG Aachen vom 23.05.2013
104 C 7/13
DAR 2013, 584


Kein unbeschränktes "Abschöpfen" von Gesundheitsdaten im Versicherungsfall

In § 213 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) ist geregelt, dass die Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch den Versicherer nur zulässig ist, soweit die Kenntnis der Daten für die Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht erforderlich ist und die betroffene Person eine Einwilligung erteilt hat. Versicherungen neigen dazu, diese Vorschrift allzu weit auszudehnen und fordern von dem anspruchsberechtigten Versicherten oft umfassende Auskünfte und Erklärungen über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht. Mit diesen überzogenen Anforderungen beabsichtigen Versicherungen nicht selten, sich ihrer Leistungspflicht zu entziehen. Eine Versicherungsnehmerin einer Berufsunfähigkeitsversicherung ging bis vor das Bundesverfassungsgericht, um eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung zur Zulässigkeit der Datenerhebung zu erwirken.

Die Verfassungsrichter schränkten die Befugnisse der Versicherungen insoweit auch merklich ein. Demnach bedarf es hierbei eines Ausgleichs "insbesondere hinsichtlich der Frage, wie die für die Beurteilung der Leistungspflicht erforderlichen Informationen eingegrenzt werden können. Das Versicherungsunternehmen muss einerseits den Eintritt des Versicherungsfalls prüfen können, dabei muss anderseits aber die Übermittlung von persönlichen Daten auf das hierfür Erforderliche begrenzt bleiben." Erforderlichkeit liegt dann vor, wenn die Datenerhebung hinsichtlich der Beurteilung des zu versichernden Risikos oder der Leistungspflicht als "geeignet", "erforderlich" und "angemessen" anzusehen ist. Bei der Beurteilung kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Beschränkung lässt sich letztlich auf den Nenner bringen, dass der Versicherer seine Datenerhebung nach dem Grundsatz "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" richten muss.

Beschluss des BVerfG vom 17.07.2013
1 BvR 3167/08
WM 2013, 1772
NJW 2013, 3086


Thromboserisiko nach Skiunfall

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass ein Orthopäde, der eine 64-jährige Patientin wegen einer bei einem Skiunfall erlittenen Knieverletzung behandelt, nicht auf eine Thromboseprophylaxe hinweisen muss, wenn es für eine weitere Abklärung eines Thromboserisikos keine anamnestischen oder klinischen Anhaltspunkte gegeben hat. In dem entschiedenen Fall war die Patientin wenige Tage nach der Behandlung an einer durch den Skiunfall ausgelösten Lungenembolie verstorben.

Urteil des OLG Hamm vom 18.10.2013
26 U 119/12
JURIS online



Reiserecht

Kreuzfahrt: Fehlende Sicht auf Küstenabschnitt

Die Abweichung von der geplanten Route von Kreuzfahrtschiffen ist häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Das Amtsgericht München bremst insoweit allzu hohe Erwartungen der Reiseteilnehmer. Auch wenn die skizzierte Reiseroute ersichtlich an einer sehenswerten Insel vorbeiführt, der entsprechende Reisetag jedoch als "Seetag" bezeichnet wurde, kann nicht erwartet werden, dass das Kreuzfahrtschiff in Sichtweite des Küstenabschnitts fährt, um den Passagieren einen besonders spektakulären Anblick zu bieten. In einer solchen Routenabweichung ist allenfalls ein geringfügiger Reisemangel zu sehen, der nicht zur Minderung des Reisepreises berechtigt.

Urteil des AG München vom 11.04.2013
222 C 31886/12
Justiz Bayern online


Unzulässige AGB eines Reiseveranstalters hinsichtlich "vorläufiger Flugzeiten"

Der Bundesgerichtshof hat zwei Klauseln in allgemeinen Reisebedingungen, welche die Festlegung von Flugzeiten und die Verbindlichkeit von Informationen des Reisebüros über Flugzeiten betreffen, für unwirksam erachtet. Die in den allgemeinen Reisebedingungen eines Reiseveranstalters enthaltenen Klauseln "die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen" und "Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich" benachteiligen Reisende in unangemessener Weise und dürfen nicht mehr verwendet werden.

Zur Begründung heißt es: "Die erste Klausel modifiziert das Hauptleistungsversprechen des Reisevertrags nicht nur dann, wenn feste Flugzeiten vereinbart wurden, sondern auch dann, wenn im Vertrag nur vorläufige Flugzeiten genannt sind. Nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung sind "voraussichtliche" Flugzeiten zwar nicht unter allen Umständen exakt einzuhalten. Der Reisende darf aber berechtigterweise erwarten, dass die Reisezeiten nicht ohne sachlichen Grund geändert werden. Andernfalls ergäbe auch die gesetzlich vorgeschriebene Information des Reisenden über diese Zeiten keinen Sinn und es würde der hiermit angestrebte Verbraucherschutz verfehlt. Demgegenüber ermöglicht die beanstandete Klausel dem Reiseveranstalter, die Flugzeiten beliebig und unabhängig davon zu ändern, ob hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Dies ist dem Reisenden, der berechtigterweise Sicherheit in der zeitlichen Planung der Reise erwartet … nicht zuzumuten." Die zweite Klausel ermöglicht dem Reiseveranstalter in unzulässiger Weise, sich einer vertraglichen Bindung, die durch eine Information eines für ihn tätigen Reisebüros eintritt, zu entziehen.

Urteil des BGH vom 10.12.2013
X ZR 24/13
Pressemitteilung des BGH



Verbraucherrecht und Sonstiges

Abbruch einer eBay-Versteigerung trotz bereits vorliegenden Gebots

Ist einem Anbieter auf einer Verkaufs- und Auktionsplattform bei der Eingabe des Mindestpreises ein Fehler unterlaufen und sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers (hier eBay) für diesen Fall das Recht des Anbieters vor, die Auktion abzubrechen, ist das nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm auch dann noch möglich, wenn ein Auktionsteilnehmer bereits ein Gebot abgegeben hat.

Durch den Abbruch der Auktion ist kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. In dem entschiedenen Fall wurde vom Verkäufer versehentlich ein Pkw Audi A4 ohne Angabe eines Mindestpreises auf eBay eingestellt. Als er den Irrtum bemerkte, lag bereits ein Gebot eines eBay-Nutzers über 7,10 Euro vor. Nach dem Urteil muss der Verkäufer den Wagen nicht zu diesem Preis abgeben.

Urteil des OLG Hamm vom 04.11.2013
2 U 94/13
BB 2013, 3074


Flugverspätung wegen verzögerter Landeerlaubnis

Ein Flugreisender kann keine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) wegen erheblicher Verspätung eines Zubringerfluges und nachfolgender Versäumung eines Interkontinentalfluges verlangen, wenn der Zubringerflug pünktlich gestartet war, dann jedoch verspätet landete, weil zunächst keine Landeerlaubnis erteilt wurde. In einem solchen Fall geht die Verspätung auf "außergewöhnliche Umstände" zurück, für die die Fluggesellschaft nicht einstehen muss.

Urteil des BGH vom 13.11.2013
X ZR 115/12
Pressemitteilung des BGH


Kein Waffenschein für "Bandido"-Mitglied

Mitglieder eines Rockerklubs wie den "Bandidos" sind auch dann als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen, wenn sie selbst oder die Ortsgruppe, der sie angehören, bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind.

Mitglieder derartiger Rockergruppierungen bewegen sich erfahrungsgemäß in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der organisierten Kriminalität wie Aktivitäten im Rotlichtmilieu, Rauschgifthandel, Bedrohung oder Körperverletzung begangen werden. Für die Richter des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs widerspräche es dem präventiven Zweck des Waffenrechts, wenn die Behörde unter diesen Umständen verpflichtet wäre, von einer waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auszugehen, nur weil es noch nicht zu Straftaten oder Verurteilungen gekommen ist. Die Versagung eines Waffenscheins für ein "Bandido"-Mitglied erfolgte somit zu Recht.

Urteil des BayVHG vom 10.10.2013
21 BV 13.429, 21 B 12.964
Justiz Bayern online


Befreiung von Teilnahme an Klassenfahrt aus religiösen Gründen

Ein Vater, der mit seiner Familie Mitglied der Freien Christengemeinde ist, weigerte sich, seine drei Kinder an einer Klassenfahrt teilnehmen zu lassen. Er sah darin einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte christlich geprägte Erziehung der Kinder, da diese in dieser Zeit nicht an den regelmäßigen gemeinsamen Gebeten und Bibellesungen teilnehmen konnten. Das Angebot der Schule, die Kinder abends von dem 35 km entfernten Schullandheim abzuholen und am nächsten Morgen wiederzubringen, lehnte der Vater ab.

Der Fall landete schließlich beim Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, das feststellte, dass eine Befreiung von schulischen Pflichtveranstaltungen wegen befürchteter Beeinträchtigungen religiöser Erziehungsvorstellungen die Ausnahme zu bleiben hat. Zwar sind der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag auf der einen und das religiöse Erziehungsrecht bzw. die Glaubensfreiheit auf der anderen Seite als gleichrangig anzusehen. Andererseits ist es jedoch eine vorrangige Aufgabe der Schule, allen Schülerinnen und Schülern ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsmöglichkeiten zu gewährleisten und einen Grundstein für ihre selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu legen. Dieser staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag würde praktisch ins Leere laufen, müsste die Schule bei der Unterrichtsgestaltung stets auf die in allen Schulen vielfältig auftretenden religiösen Belange Rücksicht nehmen. Dass der Vater das Angebot der Schule, die Kinder jeden Tag mehrere Stunden abholen zu können, grundlos verweigerte, gab letztlich den Ausschlag, dass die Interessensabwägung zu dem Ergebnis führte, die Befreiung von der Klassenfahrt abzulehnen.

Urteil des OVG Bremen vom 19.11.2013
1 A 275/10
JURIS online


Zulassung zum Universitätsstudium ohne Abitur nur bei fachbezogenem Studiengang

Wer den Abschluss einer beruflichen Ausbildung mit einem qualifizierten Ergebnis (Gesamtnotendurchschnitt aus Berufsausbildungs- und Berufsschulabschlusszeugnis mindestens 2,5) und eine nachfolgende, mindestens zweijährige Berufsausübung nachweisen kann, dem steht ein Anspruch auf Zulassung zum Universitätsstudium auch ohne Abitur zu.

Allerdings muss die berufliche Ausbildung einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem begehrten Studiengang aufweisen. Einen derartigen Zusammenhang verneinte das Verwaltungsgericht Trier im Fall eines gelernten Tischlers, der nunmehr ein Studium der Erziehungswissenschaften beginnen wollte. Das Gericht ließ sich auch nicht durch die während der Erziehungszeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten des Handwerkers beim Umgang mit Kindern umstimmen.

Urteil des VG Trier vom 30.10.2013
5 K 692/13.TR
Pressemitteilung des VG Trier



Bank- und Anlegerrecht

Volle Verzinsung des gesamten Bausparguthabens

Obwohl bei einem Bausparvertrag die vereinbarte Bausparsumme von rund 15.000 Euro mit dem Erreichen der Grenze von ca. 7.500 Euro bereits zuteilungsreif war, zahlte der Bausparer weiter bis zum Erreichen der Bausparsumme ein, sodass sich zusammen mit den aufgelaufenen Zinsen schließlich ein Guthaben von über 19.000 Euro ergab. Die Bausparkasse wollte in der Folge nur die vereinbarte Bausparsumme mit den zugesicherten 4 Prozent verzinsen. Für den überschießenden Betrag sollten nur die banküblichen, erheblich niedrigeren Zinsen bezahlt werden. Die Bausparkasse berief sich auf die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bausparverträge enthaltene Regelung, wonach "Bausparguthaben mit 4 Prozent jährlich verzinst werden".

Das Amtsgericht Karlsruhe legte die Vertragsklausel hingegen dahingehend aus, dass das Bausparguthaben das gesamte auf dem Bausparkonto befindliche Guthaben ohne Begrenzung auf die vereinbarte Bausparsumme darstellt. Somit ist auf das gesamte Guthaben der vereinbarte Zinssatz zu zahlen.

Urteil des AG Karlsruhe vom 08.02.2013
12 C 222/12
NJW-RR 2013, 1001


Nur eine Schadensersatzklage gegen Anlageberater zulässig

Klagt ein Kapitalanleger wegen eines Beratungsfehlers auf Schadensersatz, sollte er sämtliche Aspekte vorbringen, aus denen sich sein Anspruch herleiten lässt. Denn ist seine Klage wegen eines Beratungsfehlers bei Beteiligung an einem Fonds einmal abgewiesen worden, ist er nicht berechtigt, erneut eine Schadensersatzklage wegen eines anderen Fehlers des Anlageberaters zu erheben. Der Klage auf Ersatz desselben Schadens wegen eines anderen Rechtsverstoßes in demselben Beratungsgespräch steht die Rechtskraft des bereits ergangenen Urteils entgegen.

Urteil des BGH vom 22.10.2013
XI ZR 42/12
WM 2013, 2216
ZIP 2013, 2281



Steuerrecht

Abzugsfähigkeit von Anwaltskosten für Unterhaltsprozess


Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind gemäß § 33 Abs. 2, Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Die Vorschrift wurde am 26. Juni 2013 eingeführt und gilt erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2013. Eine Rückwirkung auf frühere Zeiträume ist - so das Finanzgericht Köln - ausgeschlossen. Der steuerlichen Berücksichtigung steht nicht entgegen, wenn der (Unterhalts-)Prozess mit einem Vergleich beendet wird.

Urteil des FG Köln vom 26.06.2013
7 K 2700/12
EFG 2013, 1665


Zeitlich begrenzter Verpflegungsmehraufwand auch für Leiharbeitnehmer

Auch Leiharbeitnehmern steht Verpflegungsmehraufwand nur in den Grenzen der Dreimonatsfrist nach § 4 Abs. 5 EstG zu. Insoweit gilt für Leiharbeitnehmer nichts anderes als für andere auswärts tätige Arbeitnehmer.

Der Bundesfinanzhof hält die Anwendung der Dreimonatsfrist auch bei Leiharbeitnehmern für sachgerecht, weil sich der Arbeitnehmer nach einer Übergangszeit typischerweise auf die Verpflegungssituation vor Ort einstellen, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit den "Mehr"-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden kann, sodass es nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt der Steuerpflichtige von seinem Einsatzort erfährt, sondern nur, dass er tatsächlich längerfristig an derselben ihm bekannten Tätigkeitsstätte eingesetzt wird.

Urteil des BFH vom 15.05.2013
VI R 41/12
DB 2013, 1640
DStR 2013, 1533


Immobilienverkauf: Keine Steuerminderung wegen Vorfälligkeitsentschädigung

Der Verkäufer einer vermieteten Immobilie verpflichtete sich in dem notariellen Kaufvertrag - wie allgemein üblich - zur lastenfreien Übereignung des Grundstücks. Demzufolge löste er vorzeitig den laufenden Immobilienkredit ab, wodurch eine Vorfälligkeitsentschädigung anfiel. Diese Kosten wollte er als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

Das Finanzgericht Düsseldorf spielte dabei nicht mit und versagte die Steuerentlastung mit dem Argument, die Kredittilgung sei Bedingung für den Verkauf, nicht jedoch für die Vermietung gewesen.

Urteil des FG Düsseldorf vom 11.09.2013
7 K 545/13 E
BB 2013, 2453


Kein Versorgungsfreibetrag in Freistellungsphase

Einkünfte, die in der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit nach dem sog. Blockmodell erzielt werden, sind nicht als Versorgungsbezüge anzusehen. Sie sind in der Regel nicht mit dem nach dem Ende der Freistellungsphase erzielten Altersruhegeld vergleichbar, sondern stellen eine Entlohnung für die aktive Tätigkeit des Teilzeitbeschäftigten dar. Der Arbeitnehmer kann daher insoweit keinen Versorgungsfreibetrag in Anspruch nehmen.

Urteil des BFH vom 21.03.2013
VI R 5/12
DB 2013, 1458
DStRE 2013, 981


Keine steuerbegünstigte Schenkung einer Ferienwohnung zwischen Ehegatten

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG unterliegt die unentgeltliche Zuwendung eines sogenannten Familienheims zwischen Eheleuten nicht der Schenkungssteuer. Der Bundesfinanzhof legt diese Vorschrift eng aus und weist dabei auf die Intention des Gesetzgebers hin, mit der Steuerfreiheit den gemeinsamen familiären Lebensraum der Eheleute schützen zu wollen.

Danach ist eine zwar zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie (hier Ferienwohnung), in der sich jedoch nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, kein steuerbegünstigtes Familienwohnheim. Zweit- oder Ferienwohnungen sind daher nicht als begünstigt anzusehen.

Urteil des BFH vom 18.07.2013
II R 35/11
NZM 2014, 46